Wie Google Innovation im Unternehmen verankert

Ein Rezept für Innovation

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Innovation gilt als das Rückgrat vieler Unternehmen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Ihr liegt ein einfaches Rezept zugrunde und gleichzeitig ist sie so schwierig zu etablieren. Dabei entsteht Innovation fast beiläufig.

Das Google Rezept für wirkungsvolle Innovation

Ein Rezept für wirkungsvolle Innovation.

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Als IKEA das Lampensystem Trådfri entwarf, nutzten sie die Erkenntnisse aus einer dreijährigen Studie, wie Menschen in ihren Häusern leben. IKEA erkannte, dass die Bewohner ihren Esstisch sowohl als Arbeitsplatz als auch als Ort für gemütliche Mahlzeiten nutzen. Diese unterschiedliche Nutzung stellt jeweils eine andere Anforderung an die benötigte Beleuchtung. Daraus resultierend, entwickelte IKEA eine Beleuchtungslösung, mit der die Temperatur des Lichts über eine intuitive Fernbedienung geändert werden kann. Dies mag nach einem simplistischen Beispiel anmuten, aber erst durch das Verständnis der Herausforderungen, mit denen Benutzer konfrontiert waren, ließen sich die Signale aus dem Rauschen filtern und letztlich eine erfolgreiche Produktlinie entwerfen.

Ein weiteres und sehr eindrückliches Beispiel für Innovationsgeist kommt von Ford: In den Anfängen wurde jedes Auto an einem Ort gebaut. Fabrikarbeiter kamen mit den notwendigen Teilen zum jeweiligen Auto. Nach unserem heutigen Verständnis enorm ineffizient und langsam.

Ein Mitarbeiter von Ford besuchte eines Tages einen Schlachthof und entdeckte, dass dort mit einer Demontagelinie gearbeitet wurde. Die Tiere wurden entlang einer Schiene bewegt und die Arbeiter schnitten ihre spezifischen Teile heraus. Aus diesem Anblick heraus entstand die Idee, Autos auf dieselbe Art und Weise zu bauen: Das Auto fährt und die Arbeiter bleiben mit ihren Teilen stehen. Daraus resultierend wurde eine Testfabrik errichtet und kaum zehn Jahre später war die Hälfte aller Autos der Welt von Ford. Hier führte neu erlerntes Wissen in Kombination mit den täglichen Herausforderungen zu einem einzigartigen Weg.

Innovation kann nicht erzwungen werden

An den Beispielen kann man gut erkennen: Innovation entsteht fast beiläufig in der Überlappung der täglichen Herausforderungen mit dem Wissen der Beschäftigten.

Entstehung von Innovation in Unternehmen

Innovation entsteht in der Überlappung zwischen täglichen Herausforderungen und dem Wissen.

Innovation kann nicht erzwungen werden – sie geschieht, wenn die Bedingungen stimmen. Als Unternehmen können Sie aktiv dazu beitragen, die Ausgangslage für Innovation zu verbessern, indem Sie die Größe beider Kreise erhöhen.

Das Google-Rezept für Innovation & Geschwindigkeit

Googles Ansatz für Innovation und Geschwindigkeit basiert im Wesentlichen auf zwei Säulen: Dem „Googley Mindset” und der „Tech Foundation”. In der öffentlichen Wahrnehmung erscheint Technologie als der Treiber für innovative Konzepte und neue Services aller Art. Genannt seien nur radikale neue Technologien wie bspw. MapReduce, Container, Kubernetes oder auch TensorFlow. Im Kern entstanden all diese Ideen jedoch aus einer Kultur intensiver Kollaboration – für die es intern eine eigene Wortkreation gibt – die Googleyness. Darunter fallen eine Reihe von fundamentalen Ansätzen respektive ein Grundverständnis:

  • Das schnelle und stete Testen neuer Ideen mit minimalem Ressourceneinsatz,
  • ein kreatives Denken als Basis von 10X,
  • eine grenzübergreifende Kollaboration sowie
  • die psychologische Sicherheit.

Design Sprints als Framework

Konkret bedeutet dies, dass Google bei der internen Entwicklung sehr stark auf Design Sprints setzt, welche ein Konzept bzw. Framework darstellen, das bei Google Ventures entwickelt wurde. Die Methode ist heute unter dem Namen Prototyping bekannt und wird normalerweise in „schlanken Startups“ zur Identifizierung des “Produkt-Market-Fit” angewandt.

Besser bekannt ist dieser Ansatz wahrscheinlich unter dem Narrativ: „Fail fast / learn fast” oder auch: „Starten und iterieren, scheitern / schnell lernen / Fehler feiern”. Google setzt diesen Ansatz intern unter der Bezeichnung „Eat your own Dogfood” ein, indem alle Produkte und Services Monate im Voraus den eigenen Mitarbeitern zum Testen und vor allem zum Feedbackgeben bereitgestellt werden.

Kreatives Denkens mit Design Thinking

Im Bereich des kreativen Denkens setzt Google voll auf Design Thinking und ebenfalls ein eigens entwickeltes Framework: Ein Schlüssel zum kreativen Denkprozess ist das sogenannte divergente Denken oder 10x-Denken – was bedeutet, unser Autopilot-Gehirn zu stören. Denn Probleme können niemals durch die gleiche Denkweise gelöst werden, durch die sie entstanden sind. Daher ist der Google Ansatz nicht, Dinge um 10 Prozent zu verbessern – sondern es durch den Einsatz radikaler neuer Technologien zu ermöglichen, Dinge 10 Mal so stark zu verbessern.

Kollaboration als Eckpfeiler der Innovationskultur

Kollaboration ist einer der wichtigsten Eckpfeiler einer gelungenen Innovationskultur. Dazu zählt auch die Anerkennung der Leistung anderer. Bei Google existiert ein offizielles System zur “Peer-to-Peer-Recognition” – jeder kann jedem einen Bonus geben. So kann bspw. auf der gleichen Hierarchieebene die Extrameile, die Unterstützung oder auch die Zuarbeit zu einem Projekt auf offiziell anerkannte Weise gewürdigt werden. Dies gilt als extrem motivierend.

Innovation erlauben und fördern

Während der Leistungsbeurteilung können Kollegen und Mitarbeiter für ein „Peer review” eingebunden werden. Kollegen können so Leistungen hervorheben und Beförderungen unterstützen. Google belohnt so Integratoren. Ein anderer Aspekt einer gelungenen Kollaboration ist „Act like owners”: Neue Produkte und Services haben überall eingebaute Feedback-Mechanismen. Änderungsvorschläge bspw. zu Fehlern in öffentlichen Dokumentationen, können direkt per Schaltfläche an die zugrunde liegende Quelle gesendet werden. Ein direkter Feedbackkanal fördert Weiterentwicklungen und befähigt den (Produkt)-Eigentümer.

Darüber hinaus ist das Verständnis: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ für effektive Google-Teams entscheidend. Googler helfen Googlern. Sei es in 20 Prozent Projekten, bei Fragen in Projekten oder bei der Entwicklung komplexer Anwendungen. Eine Konsequenz daraus ist, dass Teams sich auf Innovationen auf ihrer Abstraktionsebene konzentrieren können. App-Teams konzentrieren sich auf Apps. Infrastruktur-Teams konzentrieren sich auf Infra. etc. Jede Abteilung kann sich auf den Wirkungskreis und Zuständigkeit der anderen Abteilungen verlassen.

Wenn Ihr Projekt scheitert, sind Sie immer noch Teil des Unternehmens

Die leistungsstärksten Teams sind die, die „psychologische Sicherheit” gerade in Zeiten von Unsicherheiten und Veränderungen aktiv leben. Dies bedingt vor allem, dass sich die Teams auf Fakten konzentrieren. Wenn Fehler passieren, weisen sie ausdrücklich darauf hin, dass niemandem in Person die Schuld zugewiesen wird. „Blameless Postmortems” werden nicht selten von demjenigen geschrieben, der Fehler gemacht hat.

Der Fokus liegt somit nicht auf der Person, sondern darauf, warum der Prozess den Fehler zugelassen hat. Damit geht einher: Projekte dürfen scheitern. Die Organisation kann dadurch lernen und Vertrauen aufbauen. Der Projektleiter oder auch die Teilnehmer sind aber nicht „das Projekt”. Ein gescheitertes Projekt heißt nicht, dass der Projektleiter gescheitert ist.

Die beiden wichtigsten Aspekte der psychologischen Sicherheit sind jedoch eine langfristige Perspektive zu haben und eine gemeinsame Mission zu verfolgen. Es ist entscheidend, dass sich die Menschen zugehörig fühlen. Ohne diese Sicherheit ist es zu einfach, sich auf die Seite der Risikoaversion zu verirren und sich zu vorsichtig und langsam zu bewegen.

Innovation bedingt die richtige Kultur

Innovation bedingt die richtigen Fähigkeiten, aber vor allem auch die richtige Denkweise und der Wille, schnell zu iterieren und neue Dinge auszuprobieren. Echte Innovation kann nur dann entstehen, wenn Sie sich voll und ganz über die Herausforderungen, denen Sie gegenüberstehen, im Klaren sind. Wenn Sie neue Werkzeuge und Fähigkeiten erlernen sowie neue Sichtweisen suchen und akzeptieren. Vor allem aber müssen Sie eine Umgebung schaffen, in der sich eine Fehlerkultur etablieren kann und eine unternehmensweite Kollaboration wertgeschätzt wird.

Über den Autor

Dr. Stefan Ebener

Dr. Stefan Ebener leitet für Google Cloud ein internationales Expertenteam. Der Softwareingenieur und Betriebswirt war zuvor u.a. Pre-Sales Consultant bei Pillar Data Systems, NetApp und HP. Zudem ist er freiberuflicher Dozent für Wirtschaftsinformatik, Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft für marktorientierte Unternehmensführung, gehört dem Institut für IT-Management & Digitalisierung an der Hochschule für Ökonomie & Management an, ist Startup-Mentor, Autor und Keynote Speaker.

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