Manch ein Bankmanager könnte sich freuen: Greta Thunbergs Stern sinkt. Zumindest medial. Doch Schadenfreude ist unangebracht. Denn die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel bleiben aktuell und Kreditinstitute geraten dabei verstärkt ins Kreuzfeuer.
Die Analyse des Medienechos für die letzten Monate zeigt: Der Hype um Greta Thunberg flacht ab. Die Schwedin ist zum Symbol, für mache auch zur Lichtfigur im Kampf gegen Klimawandel und Erderwärmung geworden. Doch es wird immer schwieriger, sie weiterhin in die Presse zu bringen. Sie war in unzählig vielen Ländern, hat – gefühlt – mittlerweile mit jedem hochrangigen Menschen gesprochen und war bei jeder Institution als Rednerin zu Gast. Im Kern bleibt es jedoch dabei, dass sie immer wieder die gleiche Geschichte erzählt – und damit für Redaktionen und Medien immer uninteressanter wird.
Banken stehen als Finanzgeber im Fokus der NGOs
Nun könnte so mancher Bankmanager aufatmen und sich freuen, dass das Thema wieder in den Hintergrund gerät. Doch NGOs haben einen enorm wirksamen Weg gefunden, Umweltsünder und Menschenschinder zu disziplinieren: Sie greifen Banken an, um die Finanzierung von Schmuddelfirmen zu unterminieren.
Deshalb gibt es keine Entwarnung in Sachen Nachhaltigkeit. Greta ist auf einer gesellschaftlichen Welle gesurft, und dieser gesellschaftliche Trend hält weiter an. Wir erleben eine Schizophrenie der Gesellschaft: Einerseits wird fleißig eine bessere Welt eingefordert. Weniger Klimaerwärmung, kleinere Autos, weniger Fleisch, besser behütete Kinder, Gender allerorten – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. In der Realität verhalten sich die Menschen in ihrem konkreten Tun anders: Nie wurden so viele SUVs gekauft wie heute. Der Fleischverbrauch ist ungebrochen hoch. Bio geht nur, wenn es nicht teurer ist als gewöhnliches Obst und Gemüse. Und Gender finden die meisten Menschen spätestens dann anstrengend, wenn andere Hautfarben, Homosexuelle, Sinti und Roma die gleichen Rechte haben sollen.
Kreditinstitute werden Opfer der Delegation von Verantwortung
Eine Mehrzeit spürt zwar, dass für eine „bessere Welt“ Veränderungen nötig sind – oder zumindest, um die Welt so zu erhalten, wie wir sie heute haben. Aber das soll doch bitte gehen, ohne sich selbst einzuschränken oder verändern zu müssen. Aber wer soll es dann richten, wenn ich es selbst nicht will? Kirche, Politik und staatlichen Institutionen werden derartige Leistungen nicht mehr zugetraut. Also müssen es die Unternehmen richten. Die Menschen delegieren die Verantwortung an die Firmen. Wenn ich Obst im Supermarkt kaufe, muss es ohne Giftspritze aufgewachsen sein. Fleisch in der Theke muss von glücklichen Tieren kommen, die ohne Leid gestorben sind. Das Auto muss abgasarm fahren, auch wenn es diesmal noch ein bisschen größer ist als zuvor. Banken finanzieren keine Umweltsauereien mehr. Und die Industrie verweigert sich bei ökologisch fragwürdigen Projekten.
Wenn Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Bewegung unlängst auf Siemens eingedroschen haben, weil der Konzern Technik für eine Bahnlinie zum Abtransport australischer Kohle liefert, folgt das genau dem Denkmuster der meisten Menschen. Hier lohnt ein Blick auf die Kommunikation der Thunberg-Bewegung: Andere müssen etwas tun. Andere sind schuld. Das ist ganz bequem und eine ideale Voraussetzung, um keine Sympathisanten zu verschrecken. Man möge sich die Akzeptanz vorstellen, wenn Greta Thunberg von ihren Fans fordert, keine Smartphones mehr zu nutzen, weil das Internet weltweit ein riesiger Stromfresser – und damit großer Umweltsünder – ist.
Nachhaltigkeit wird zum Minenfeld für Kreditinstitute
Man mag diese Schizophrenie mit Kopfschütteln sehen. Es ändert aber nichts an der Ausgangssituation für Kreditinstitute: Das Risiko, in eine Kommunikationskrise zu geraten, ist gestiegen. Weil die gesellschaftlichen Erwartungshaltungen wachsen – und damit das Risiko, genau diesen Erwartungen nicht mehr gerecht werden zu können. Das erfordert eine größere Sensibilität für diese gesellschaftlichen Erwartungen in den Unternehmen.
Die BaFin hat diese Sensibilisierung bereits institutionalisiert und fordert das Monitoring von Nachhaltigkeitsrisiken. Das mag man für überzogen halten. Im Kern ist die Erkenntnis simpel: Greta Thunberg wird unwichtiger. Das Problem bleibt.