Angesichts anhaltender Niedrigzinsen und kontinuierlich steigender Kosten drehen derzeit viele Filialbanken an der Gebührenschraube und suchen nach zusätzlichen Ertragsquellen. Aktuell testet eine deutsche Großbank in mehreren Filialen sogar eine Servicegebühr zur Schalternutzung.
Die über Jahre hinweg von den Instituten gepflegte Gratiskultur stößt immer mehr an ihre Grenzen. Durch die anhaltend niedrigen Zinsen ergeben sich aus den mit einem Girokonto verbundenen Sichteinlagen kaum noch nennenswerte Erträge.
Insbesondere Filialbanken tun sich schwer, das teure Vertriebsnetz aufrecht zu erhalten. Selbst die in den letzten Jahren erfolgten Schließungen und Zusammenlegungen reichen nicht aus. Hinzu kommen die durch die Digitalisierung veränderten Kundengewohnheiten, die neue Investitionen in digitale Kanäle erfordern. Filialen stehen daher bei vielen Banken und Sparkassen auf dem Prüfstand.
Drehen an der Gebührenschraube
Vor diesem Hintergrund haben einige Banken und Sparkassen in letzter Zeit mehr oder weniger trickreich an der Gebührenschraube gedreht, insbesondere rund ums Girokonto. In vielen Fällen wurde dabei versucht, den äußeren Anschein eines kostenlosen Girokontos aufrecht zu erhalten, den Kunden jedoch für alles möglich extra zu Kasse zu bitten.
So wurden für zahlreiche Einzeldienstleistungen versteckte Gebühren eingeführt oder erhöht. Beleghafte Überweisungen, das Ausfüllen von Überweisungen durch Bankmitarbeiter am Schalter, das Zählen von Bargeld, sogar Aufträge über das Call Center werden mit Preisen bedacht. Der Phantasie scheinen kaum Grenzen gesetzt zu sein.
Kostenpflichtiger Filialbesuch als Ausweg aus der Kostenfalle?
Einen neuen Weg versucht jetzt anscheinend eine deutsche Großbank. Sie will zukünftig eine neue Gebühr für die Filial- oder Schalternutzung verlangen. Das Ganze habe ich eher zufällig bei einem Besuch in einer Filiale der Bank in Berlin erfahren. Wie mir ein Mitarbeiter hinter vorgehaltener Hand erklärte, wird die neue Gebühr derzeit anscheinend in einigen Filialen verteilt auf das Bundesgebiet getestet.
Kunden sollen demnach zukünftig für die Nutzung des Schalters einer Filiale fünf Euro bezahlen, Nichtkunden sogar 10 Euro. Für Vielnutzer unter ihren Kunden will die Bank wohl eine monatliche Pauschalgebühr in Höhe von 25 Euro anbieten.
Bezahlt werden soll die neue Gebühr durch Abbuchung vom Konto. Nichtkunden müssen sie sofort, entweder bar oder per EC Karte begleichen. Die Filialen werden dafür extra mit entsprechenden EC-Kartenlesern ausgestattet, wie sie im Einzelhandel bereits seit langem üblich sind.
Im Falle einer Beratung mit Abschluss erfolgt eine Rückerstattung durch die Bank.
Auf meine Anfrage erklärte die Presseabteilung der Bank dazu schriftlich:
„Unsere Kunden schätzen die räumliche Nähe unserer Filialen und die Qualität und den Service, den wir in und mit diesen erbringen.
Unsere Marktforschung hat ergeben, dass Kunden durchaus bereit sind, für qualitativ hochwertige Leistungen auch einen angemessenen Preis zu bezahlen.
An dieser Philosophie des Qualitätsservice werden wir auch in Zukunft festhalten.
Generell testen wir in unseren Filialen immer wieder neue Dienstleistungs- und Beratungskonzepte, die teilweise auch mit entsprechenden Gebühren versehen sind.“
Vorbild USA
Vorbild für derartige Versuche sind möglicherweise entsprechende Aktivitäten amerikanischer Banken. So hat die Savings Bank of Rockville, eine kleine Sparkasse in Connecticut, USA, bereits 1999 in einer Zeitungsanzeige verkündet, dass Kunden, die den Schalter nutzen wollten, zukünftig fünf Dollar dafür zu entrichten hätten. Begründet wurde der Schritt damals mit der Notwendigkeit, den angestrebten professionellen, fürsorglichen und erstklassigen Service weiterhin bieten zu wollen, aufgrund der hohen damit verbundenen Kosten jedoch diese neue Gebühr verlangen zu müssen. In der Folge kündigten einige, allerdings wenige, Kunden daraufhin ihr Konto.
Vor kurzem haben verschiedene größere US Banken ebenfalls begonnen, zusätzliche Gebühren bei Benutzung einer Filiale von ihren Kunden zu verlangen. Allerdings mussten sie feststellen, dass es extrem schwierig ist, Geld für etwas zu verlangen, was vorher kostenfrei für die Kunden war. So hat die Bank of America ihren Versuch bereits nach kurzer Zeit wieder abgebrochen.
Mutiger Schritt oder weg ins Abseits?
Angesichts der eingangs geschilderten Rahmenbedingungen werden sich die klassischen Filialinstitute auf absehbare Zeit intensiv mit der Frage nach der Zukunft ihres Filialnetzes auseinandersetzen müssen und nach Wegen suchen, diesen teuren Vertriebskanal profitabler zu gestalten.
Der eingeschlagene Weg einer Filialnutzungsgebühr erscheint auf den ersten Blick mutig. Spannend wird sein, zu beobachten, wie Kunden und Wettbewerber reagieren werden, wenn der Testphase eine flächendeckende Einführung folgen sollte.
Grundsätzlich sind zwei Szenarien denkbar: Entweder folgen andere Banken und Sparkassen zügig diesem Schritt oder sie nutzen ihn, um auf das eigene kostenfreie Serviceangebot hinzuweisen. Vor allem die Direktbanken könnten in diesem Zusammenhang auf ihren Preisvorteil durch Verzicht auf teure Filialen hinweisen.
Ob es allerdings bei den Kunden zu einer Abstimmung mit den Füßen kommen wird, erscheint angesichts der Trägheit bei Bankwechseln fraglich.
Was meinen Sie: Sind Preise für die Nutzung von Bankfilialen ein Weg zum Erhalt der Filialen oder treiben sie den anderen Banken Kunden zu?
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