Bis 2025 soll die EU-Wirtschafts- und Währungsunion vollendet werden. Für einzelne Finanzplätz ist es wichtig, welche Einflussmöglichkeiten auf das Handeln der Europäischen Zentralbank bestehen. Denn zu den Themen Inflation und Geldschwemme gibt es durchaus unterschiedliche Perspektiven.
Dieses Ziel einer Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion liegt (noch) in weiter Ferne. Doch es zeichnet sich schon jetzt ab, dass Flexibilität und Autonomie der Euroländer schwinden. Schon ein Blick in die EZB-Statistiken reicht für diese Einschätzung. Sie beschreiben das Geld- und Wirtschaftsleben einer geschlossenen Eurozone. Ein Herunterbrechen auf die einzelnen Länder bleibt uninteressant, weil sie für die Lenkung des Euros unwichtig ist. Entsprechend verhalten sich die EZB-Führungspersonen in ihren Beratungen und in ihrem öffentlichen Auftreten. Nur die Eurozone gilt.
Augenscheinlich unbeeinflussbar hat die EZB für die derzeitigen 19 Euroländer die Währungs- und Bankenunion schon zügig verwirklicht. Die Übernahme der Bankenaufsicht bildete 2014 den Abschluss. Die restlichen EU-Länder haben sich verpflichtet, den Euro bis 2025 als Währung zu übernehmen und die EZB für sich anzuerkennen. Das bedeutet, sie werden wie die heutigen Euroländer dann die finanzielle Lenkung eigener wichtiger Staatshoheiten an die EZB abgeben. Ihr Einfluss wird immer geringer werden, denn in den EZB-Führungsgremien gilt das genossenschaftliche Prinzip: Eigene Interessen einzelner Länder müssten bei Umsetzung des Zieles bis 2025 gegen 26 andere Länder vertreten werden.
Nur noch ein Geldkreislauf für 19 Länder
Alle Euroländer haben praktisch ihre Hoheit für den eigenen Geldkreislauf an die EZB abgegeben. Das betrifft die Umlaufwährung und die Bargeldrefinanzierung sowie die Sicherung des Buchgelds, die Geldschöpfung gemäß Anforderung der eigenen Volkswirtschaft, die Erhaltung der Preisstabilität im eigenen Land und auch die Begrenzung der Staatsschulden. Die EZB umgeht diese Zuständigkeit, indem sie die von Eurobanken in der Eurozone vergebenen öffentlichen Kredite refinanziert. Ohne Einflussmöglichkeit müssen die Euroländer zulassen, dass ihre Banken die Verschuldung aller Euroländer treiben.
Ihrem vorrangigen Auftrag, die Preisstabilität zu gewährleisten, kommt die EZB nicht nach. Denn diesen legt die EZB so aus, dass dafür eine Jahresinflation von bis unter 2 Prozent erreicht werden soll. Zum einen verschwindet bei 2-Prozent-Jahresinflation ein Geldvermögen einschließlich Zinseszinseffekt in einer Generation. Zum anderen erfasst der zugrunde liegende Verbraucherpreisindex nicht den gesamten Vermögensbereich. Die durch die EZB-Geldschwemme getriebene Inflation bei Wertpapieren und Immobilien wird ausgeklammert, weil zu deren Erhebung kein Auftrag vorliegen soll. Eine Begründung für die Einschränkung des vorrangigen EZB-Zieles ist nicht bekannt.
Niedrigzinsen helfen nicht gegen Inflation
Verbraucher- und Vermögenspreise zusammengenommen bewirken, dass die Eurostaatbewohner unter einer permanent hohen Inflationsrate leiden. Dagegen helfen die Nullzinsen also nicht. Folgen sind eine starke finanzielle Repression der Bürgerinnen und Bürger und, unabhängig davon, eine Verschärfung des sozialen Ungleichgewichts zwischen ihnen. Die EZB-Geldschwemme treibt die Erträge aus Immobilien- und Aktieninvestments.
Das geldpolitische EZB-Diktat treibt die Euroländer in steigende Verschuldung. Zum einen wird sie seit Basel II dadurch begünstigt, dass Banken für die Staatsfinanzierung kein Eigenkapital benötigen. Eine Beendigung dieses Zustands ist nicht abzusehen. Zum anderen ist die EZB jederzeit bereit, die Staatskredite der Eurobanken an Euroländer zu beleihen. Die Bindung der Banken an die EZB wird mit zunehmender Staatsfinanzierung immer enger, die Abhängigkeit der Euroländer von ihr auch. Die EZB-Geldpolitik und die EZB-eigene Kontrolle der Finanzinstitute umfasst alle Euroländer. Allein dafür zuständig, lenkt die EZB damit zentral die monetären Ströme und Entscheidungen aller Euroländer. Das ist die effizienteste Form, schnell einen Staat zu bilden. Es gibt ihn also schon, den Eurostaat.
Hamburgs Chancen als Finanzplatz in der EU
Was kann die Aufgabe eines einzelnen Finanzplatzes wie Hamburg im Eurostaat sein? Auf den ersten Blick gar keine. Denn der Metropolfinanzplatz mit seinen gut 5 Millionen Menschen stellt mit 1,6 Prozent aller heutigen Eurostaatsmenschen nur ein kleines Gewicht dar. Es kommt nicht infrage, den Eurostaat abzulehnen. Die EZB-Bankenaufsicht hat die Abberufung der Leiter der Finanzinstitute und ihrer Kontrollräte in der Hand. Aber Gegenhalten, Eigenständigkeit sichern? Das geht. Dafür sollte eine geschichtliche Erfahrung genutzt werden: Zentrallenkende Staatssysteme im Aufbau lassen für einen Zeitraum noch unternehmerische Freiräume zu, bevor auch diese geschlossen werden.
Hilfreich ist die erfolgte Aufnahme Hamburgs im Global Financial Centers Index der Z/YEN Group, London, der weltweit führenden Bewertungsagentur für Finanzplätze. Auf Ratings hat die EZB ihr Lenkungssystem aufgebaut, deren Bewertungen akzeptiert sie. Nunmehr wird die Metropolregion Hamburg nicht mehr übergangen werden können. Wirksam wäre für die von Z/YEN gerateten drei deutschen Plätze, schnell einen gemeinsamen Delegierten von und bei der EZB akkreditieren zu lassen. So könnte er deren Interessen im Innenraum des Eurostaats anmelden – solange dafür der Freiraum noch besteht.
Der Beitrag erschien ursprünglich als Teil des Jahrbuchs 2017/18 des Ver4einas Finanzplatz Hamburg, dessen Mitglied der Bank Blog ist. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen oder als Hardcopy bestellen.