Am 27. Juni 1967 erblickte in Enfield Town nördlich von London der erste Geldautomat das breite Licht der Öffentlichkeit. 50 Jahre später sind GAAs besonders in Deutschland eine der beliebtesten Bezugsmöglichkeiten von Bargeld. Ein Blick in die Geschichte, Gegenwart und Zukunft.
Seine offizielle Bezeichnung lautet Geldausgabeautomat. Im Bankerdeutsch heißt er GAA und umgangssprachlich wurde daraus schlicht und einfach der Geldautomat. In Österreich und der Schweiz nennt man die Geräte Bancomat bzw. Bankomat. Im Englischen heißen sie übrigens „Automated Teller Machines“ oder kurz „ATM“.
Es gibt sie integriert in Filialen, innen oder außen (im Mauerwerk), als freistehende oder sogar als mobile Geräte.
Manche bezeichnen den Geldautomat als letzte bedeutende Innovation, die im Bankgeschäft stattgefunden hat. Immerhin findet man sie an nahezu jedem Fleck der Erde, wie durch Klick auf das folgende Bild leicht festgestellt werden kann.
Ursprünglich ausschließlich für den Bezug von Bargeld außerhalb der Öffnungszeiten von Bankfilialen gedacht, bieten moderne Bankautomaten heute eine Vielzahl an Bankdienstleistungen rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche an.
1967 ging der erste Geldautomat in Betrieb
Die Geschichte des Geldautomaten begann eigentlich bereits im Jahr 1939, als der erste funktionierende Geldautomat von dem aus der Türkei stammenden Armenier George Luther Simjian gebaut und von der City Bank of New York (heutige Citibank) probeweise in Betrieb genommen wurde. Aufgrund mangelnder Nachfrage wurde das Gerät allerdings ein halbes Jahr später wieder abgebaut.
Wirklich los mit der flächendeckenden Installation von Geldautomaten ging es vor genau 50 Jahren in Europa. Die Barclays Bank nahm am 27. Juni 1967 in Enfield Town nördlich von London den ersten GAA in Betrieb. Die folgenden historischen Bilder zeigen das Ereignis:
Bei dem vor 50 Jahren aufgestellten Gerät gab es weder eine Computeranbindung, noch eine Karte mit Magnetstreifen oder Chip. Der Kunde steckte einen Scheck in den Automat, den dieser prüfte, einbehielt und entwertete. Der Gegenwert in Bargeld – maximal zehn britische Pfund – wurde ausgezahlt. Zur Speicherung der Informationen auf dem Scheck wurde dieser mit dem schwach radioaktiven Kohlenstoff-Isotop 14C markiert. Zusätzlich mussten die Kunden einen vierstelligen persönlichen Zahlencode eingeben.
Knapp ein Jahr später war es die Kreissparkasse Tübingen, die das erste Gerät in Deutschland aufstellte. Lediglich 1.000 Kunden konnten das Gerät –rund um die Uhr – nutzen, indem sie für sich von der Sparkasse spezielle Lochkarten für je einen 100-D-Mark-Schein ausstellen ließen. Zudem war noch ein eigener Tresorschlüssel notwendig. Maximal konnten so 400 D-Mark verfügt werden.
1969 folgen die USA: Sechs Wochen, nachdem mit Neil Armstrong der erste Mensch die Oberfläche des Mondes betreten hatte, konnten Kunden der Chemical Bank am Rockville Center in Ney York Bargeld an einem Automaten beziehen. Die Bank warb damals mit der Meldung „Am 2. September wird unsere Bank um 9:00 Uhr öffnen und niemals mehr schließen“.
Hier die damalige Zeitungsanzeige mit der Ankündigung des großen Ereignisses:
58.000 Geldautomaten in Deutschland
Nach einer aktuellen Studie beträgt die Zahl der Geräte weltweit über 3,5 Millionen. Bis 2020 wird mit einem Anstieg auf über vier Millionen gerechnet. Hierzulande gibt es rund 58.000 Geldausgabeautomaten in SB-Zonen, integriert in die Außenmauern von Bankfilialen oder an filialunabhängigen Standorten wie Supermärkten, Flughäfen, Bahnhöfen oder Tankstellen. Und trotz Digitalisierung, Mobile Banking und Mobile Payment steigt die Zahl nach einer zwischenzeitlichen Phase der Stagnation weiter an.
Kein Wunder, die Deutschen nutzen Geldautomaten besonders häufig. 60 Prozent heben dort mehrmals im Monat Geld ab, die Hälfte davon sogar jede Woche. Nur sechs Prozent der Deutschen haben noch nie einen Geldausgabeautomaten genutzt. Insgesamt wurde 2015 laut Bundesbank 2,2 Milliarden Mal Geld abgehoben, sämtliche Geldautomaten zusammengenommen gaben 367 Milliarden Euro aus. Eingezahlt wurden 104 Milliarden Euro.
Der Geldautomat war zu seiner Geburtsstunde in den 60er Jahren ein Vorbote der Digitalisierung von Bankdienstleistungen. Mit ihm begann die Veränderung von Bankfilialen und Kundenverhalten – heute sprechen wir oft vom „self-directed customer“. Die Geldautomaten sind auch jetzt noch, mittlerweile meist mit Aus- und Einzahlfunktion ausgestattet, ein integraler Bestandteil moderner Filialen. Nicht in einem dunklen abgetrennten Vorraum sondern baulich und optisch integriert in helle und transparente SB-Zonen mit Blick zu den Filialmitarbeitern. Denn Mensch und Maschine ergänzen sich im Zeitalter von Multikanal und Digital.“
Peter Buschbeck, Privatkundenvorstand HypoVereinsbank
Wie steht es um die Zukunft des Geldautomaten?
Doch wie steht es um die Zukunft des Geldautomaten? Wird der GAA in fünfzig Jahren sein Hundertjähriges feiern können? Da bin ich skeptisch, aber Totgesagte leben ja bekanntlich länger.
Denn es gibt auch neue alternative Angebote zum Bargeldbezug:
- Kunden können seit einiger Zeit Bargeld an der Kasse von Supermärkten, Tankstellen und anderen Einzelhandels-Points-of-Sale beziehen.
- Einige Banken und Sparkassen kommen mit Bargeld direkt zum Kunden oder schicken das Geld per Kurier oder Post.
- P2P-Payments ermöglichen es, den Kunden selbst zum GAA zu machen.
Doch diese Neuerungen werden bislang nicht sehr häufig genutzt. Nach einer Erhebung der Deutschen Bundesbank liegt das wohl vor allem daran, dass sie den meisten Verbrauchern unbekannt sind.
Kunden scheinen – darauf deuten Befragungen hin – nicht auf Geldautomaten verzichten zu wollen, erwarten aber zusätzliche Funktionen. Die Hersteller haben dies erkannt und entwickeln die Technologie kontinuierlich weiter. Einzahlungen, Abschluss von Sparkonten, Aufladen von Prepaid-Handys sind nur einige neue Nutzungsmöglichkeiten. Ziel ist es, den GAA zu einer (nahezu) vollständigen SB-Filiale weiterzuentwickeln.
Fest steht wohl: Solange es Bargeld gibt, solange wird es auch Geldautomaten geben. Wie lange das sein wird, kann aber niemand mit Sicherheit vorhersagen.
In diesem Sinne: Happy Birthday – uns so lieb gewordener – Geldautomat!