Was bedeutet die Corona-Krise für die größte deutsche Sparkasse? Ihr Vorstandssprecher Dr. Harald Vogelsang erläutert in einem exklusiven Interview, welche Maßnahmen ergriffen wurden und welche negativen, aber auch positiven Folgen er erwartet.
Die aktuelle Krise, ausgelöst durch den Coronavirus Sars-CoV-2 stellt Banken und Sparkassen vor vielfältige Herausforderungen. Hamburg ist in Relation zur Bevölkerungszahl besonders heftig betroffen, vermutlich eine Folge der Skiferien, die viele Hamburger in Tirol verbracht haben, wo – wie inzwischen bekannt ist – besonders leichtfertig mit den ersten Infektionen umgegangen wurde. Vor allem der Skiort Ischgl hat inzwischen eine traurige Berühmtheit als Corona-Virenschleuder erlangt.
Dr. Harald Vogelsang zur Corona-Krise
Dr. Harald Vogelsang ist seit 2007 Sprecher des Vorstands der Hamburger Sparkasse. In einem ausführlichen (diesmal aus gegebenem Anlass telefonischem) Gespräch stellte er sich den Fragen des Bank Blogs zu den aktuellen Herausforderungen und möglichen Folgen der Corona-Krise.
Zeitliche Freiräume durch Corona sind Illusion
Der Bank Blog: Zunächst einmal: Wie geht es Ihnen ganz persönlich?
Harald Vogelsang: Danke, mir und meiner Familie geht es gut.
Der Bank Blog: Arbeiten Sie auch im Home Office?
Harald Vogelsang: Aufgrund einer freiwilligen Quarantäne nach meinem Skiurlaub in Tirol habe ich zwei Wochen aus dem Home Office gearbeitet. Ich bin damit, wie alle Mitarbeiter der Haspa, den Empfehlungen des Robert Koch Instituts und der Gesundheitsämter gefolgt und zuhause geblieben. Bekannte haben uns beim Einkaufen unterstützt, so dass wir alle konsequent von der Außenwelt abgeriegelt waren. Jetzt gehe ich wieder ins Büro, worauf ich mich gefreut habe, weil einem zuhause nach 14 Tagen doch die Decke begonnen hat, auf den Kopf zu fallen.
Der Bank Blog: Hat alles zuhause geklappt? Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert?
Harald Vogelsang: Das ging alles erstaunlich gut. Arbeitsmäßig fehlte es an nichts. Die täglichen Meetings wurden per Telefon oder Videokonferenz geführt. Allerdings konnte ich nicht zu den Mitarbeitern hinaus und war für sie auch nicht sichtbar. Das war in dieser schwierigen Zeit ein echtes Manko.
Der Bank Blog: Wenn die operativen Maßnahmen laufen, haben ausfallende Termine ja auch einen positiven Nebeneffekt: Man hat unvorhergesehen Zeit. Wie nutzen Sie diese?
Harald Vogelsang: Der Tag beginnt sehr früh damit, die neuesten Nachrichten über vielfältige Kanäle zu analysieren und um 8:15 im Krisenstab die notwendigen Schritte und Maßnahmen entsprechend zu besprechen, zu planen und anzupassen. Das mündet direkt in weitere Videokonferenzen, auch mit dem DSGV. Es folgen virtuelle Aufsichtsratssitzungen innerhalb und außerhalb der Sparkassenorganisation, da derzeit die Jahresabschlüsse für 2019 anstehen. Dazu kommen alle sonstigen Gespräche, die ja unverändert zu führen sind, nur eben jetzt per Telefon oder Videochat.
„Daneben“ ist Krisenmanagement zu leisten, in einem Ausmaß, wie ich es in meinem Berufsleben noch nicht erlebt habe. Ehrlich gesagt, habe ich in meinem Arbeitsalltag noch keine Lücke entdecken können. Es ist mehr zu tun als jemals zuvor.
Corona ist eine Extremsituation für alle Beteiligten
Der Bank Blog: Was bedeutet Corona aktuell für die Hamburger Sparkasse, ihre Mitarbeiter und ihre Kunden?
Harald Vogelsang: Für unsere Kunden ist Corona schrecklich. Vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen fürchten um ihre Gesundheit. Die Privatkunden können nicht mehr auf die Straße gehen und auch ihre Bank nicht mehr wie gewohnt besuchen. Die Firmenkunden machen sich Sorgen um ihre Geschäfte, einige auch um ihre Existenz. Das ist alles sehr einschneidend.
Für unsere Mitarbeiter ist die Situation extrem schwierig. Auf der einen Seite erbringen sie eine unverzichtbare Infrastrukturleistung, auf der anderen Seite haben sie verständlicherweise Sorge um ihre eigene Gesundheit und die ihrer Angehörigen.
An einigen Stellen nimmt jetzt der Druck noch zu, weil die riesengroßen Hilfsprogramme zu einem erheblichen Teil von den Banken und Sparkassen weitergereicht werden. Das bedeutet speziell im Firmenkundenbereich einen erheblichen Aufwand.
Für uns als Hamburger Sparkasse bricht das Geschäft weg. Derzeit haben die Menschen andere Sorgen, als einen Bausparvertrag oder eine Versicherung abzuschließen. Gleichzeitig steigt die Arbeitsbelastung in einzelnen Bereichen enorm an.
Wir tun alles, um unsere Kunden und Mitarbeiter bestmöglich zu schützen und ich bewundere unsere Mitarbeiter, die tagtäglich in der vordersten Reihe in den Filialen einen guten Job machen.
Der Bank Blog: Was sehen Sie als größte Herausforderung für die Haspa durch die Corona-Krise?
Harald Vogelsang: Die Lage ändert sich rasant von Tag zu Tag, manchmal von Meeting zu Meeting, manchmal sogar während eines Meetings von einem Augenblick zum anderen. Die größte Herausforderung ist es, den Spagat hinzubekommen: Wie gehen wir damit um, die Aufgaben, die wir leisten müssen, dürfen und wollen, zu bewältigen, während an vielen Stellen das Geschäft wegbricht und wir auch unser Institut schützen müssen, damit es unversehrt und gut durch die Krise hindurch kommt.
Die Einlagen bleiben sicher, daran besteht kein Zweifel, aber wir wollen auch unsere Verpflichtung als Kreditgeber erfüllen, um unsere Kunden so gut wie möglich durch diese schwierigen Zeiten zu begleiten.
Wir haben uns früh in einen Krisenmodus versetzt
Der Bank Blog: Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bisher ergriffen?
Harald Vogelsang: Wir haben bereits vor über vier Wochen – als eines der ersten Institute in Europa – einen Krisenpräventionsstab einberufen. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht, was genau auf uns zukommt, hatten aber das Gefühl, dass dies anders und unangenehmer werden könnte und wir uns besser früh darauf vorbereiten sollten.
Wir haben daher bereits zu diesem frühen Zeitpunkt dafür gesorgt, dass Mitarbeiter „vereinzelt“ wurden, dass einige Mitarbeiter von den etablierten Notfallstandorten aus arbeiten und dass auch von zuhause aus gearbeitet werden konnte. Ziel dieser Maßnahmen war es, mögliche Ansteckungen innerhalb des Instituts so gut es geht, zu verhindern. Wir haben unsere diversen Notfallkonzepte sehr früh aktiviert und entsprechend den Gegebenheiten angepasst. Dabei konnten wir schnell lernen, dass die Corona-Krise ganz andere Eigenheiten hat, als bislang geprobte Szenarien, wie Stromausfall oder Giftgaswolken.
Inzwischen gibt es einen großen Krisenstab, der täglich morgens als erstes tagt und in dem die verschiedensten Einzelprojekte, wie z.B. Bargeldversorgung, Kredit-Task-Force, Mitarbeiterschutz, Filialbetrieb usw., vernetzt sind, um die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs sicherzustellen.
Darüber hinaus stehen wir in regelmäßigem Kontakt mit den Aufsichtsbehörden, in unserem Fall ist das ja direkt die EZB, um die wirtschaftliche Situation der Haspa zu beleuchten und dazu entsprechende Meldungen abzugeben. Im Blickpunkt stehen dabei z.B. Limitauslastungen und Neukreditvolumen.
Der Bank Blog: Wie viele Ihrer Mitarbeiter arbeiten derzeit vom Home Office aus?
Harald Vogelsang: Das sind mehrere Hundert und damit ca. ein Drittel, wobei wir einige Mitarbeiter auch nach Hause geschickt haben, weil die Arbeit derzeit nicht in dem Umfang vorhanden ist, wie sonst. Das wird täglich vor Ort individuell von den einzelnen Einheiten gesteuert.
Wenn wir z.B. in einer Filiale feststellen, dass am Nachmittag kaum noch Kunden kommen, dann gehen die Mitarbeiter nach Hause und es verbleibt nur noch eine Minimalbesetzung vor Ort, um den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Die Zusammenarbeit in der Krise funktioniert gut
Der Bank Blog: Was können Sie uns über die aktuell auftretenden Herausforderungen sagen?
Harald Vogelsang: Es funktioniert zwar nicht alles so reibungslos, wie am gewohnten Arbeitsplatz, aber doch erstaunlich gut. Wir haben viele Mitarbeiter mit entsprechenden Tokens ausgestattet, um sicher vom Home Office aus arbeiten zu können und auch die Möglichkeiten von Videokonferenzen angepasst und ausgebaut. In den täglichen Meetings merkt man kaum Einschränkungen, im Gegenteil. Ich habe sogar den Eindruck, dass viele Meetings schneller, zielgerichteter und effizienter sind und auch die Umsetzung besser klappt, weil sich alle der besonderen Situation bewusst sind.
Mir erscheint ohnehin der positive Aspekt der Krise zu sein, dass ein großer Ruck durch die Gesellschaft gegangen ist, was wir ja auch bei der Zusammenarbeit auf der politischen Bühne erleben. Der Umgang ist extrem konstruktiv. Alle verzichten auf unnötige Streitereien und streben nach schnellen pragmatischen Lösungen. Genauso geht es uns in der Haspa auch. Das finde ich sehr erfreulich.
Auch in der Krise wollen wir ein zuverlässiger Nachbar sein
Der Bank Blog: Corona bietet ja Banken und Sparkasse auch Chancen. Was tut die Haspa, um Ihren Kunden zu zeigen „wir sind für Sie da“?
Harald Vogelsang: Wir haben uns – anders als fast alle anderen Institute – dazu entschlossen, unser Filialnetz weitgehend offen zu halten. Dahinter steht eine große Leistung unserer Mitarbeiter. Bis auf drei Spezialstandorte sind alle unsere Filialen geöffnet geblieben, wenngleich teilweise mit veränderten Öffnungszeiten.
Unsere kleinen Filialen sind an zwei Tagen in der Woche, unsere mittleren an drei und unsere großen – ein Drittel unseres Netzes – an fünf Tagen geöffnet. Zwar sind die Öffnungszeiten eingeschränkt, aber im Laufe der Woche kann so jeder seine Filiale besuchen, auch, um z.B. an die Schließfächer zu gelangen.
Wir wollen in dieser schwierigen Phase für unsere Kunden da sein und deren Wege nicht noch unnötig verlängern. Es wäre nicht gut, wenn zum Beispiel ältere Menschen, für den Besuch einer Haspa-Filiale, zusätzliche Bus- oder U-Bahnfahrten auf sich nehmen müssten. Wir möchten in diesen schwierigen Zeiten dazu beitragen, den Menschen Sicherheit zu vermitteln.
Der Bank Blog: Spüren Sie einen Rückgang der Filialbesuche?
Harald Vogelsang: Ja, den spüren wir sehr deutlich. Vor allem jüngere erledigen jetzt mehr digital und verzichten auf den Besuch ihrer Filiale.
Der Bank Blog: Erwarten Sie, dass es im Zuge von Corona zu „stillschweigenden Filialschließungen“ kommt und einige Standorte einfach geschlossen bleiben?
Harald Vogelsang: Das kann ich für unsere Wettbewerber nicht ausschließen. Für uns bleibt es bei unserer Strategie der Nachbarschaftsfiliale. Wir haben ja bereits vor einiger Zeit bekannt gegeben, dass wir die Zahl der derzeit 120 Filialen auf 100 reduzieren wollen. Dabei bleibt es. Von den zukünftig 100 Standorten sind aktuell bereits 90 entsprechend unserem neuem Filialkonzept umgebaut worden.
Gerade in dieser Krise wird Nachbarschaftshilfe groß geschrieben. Die Menschen rücken zusammen und erkennen, dass Nachbarn wertvoll sind und in der Not helfen können. Überall wird Hilfe angeboten und neue Nachbarschaftsgruppen bilden sich zur gegenseitigen Unterstützung. Mit unserem Konzept liegen wir genau richtig. Wir wären ja total verrückt, wenn wir uns genau in einem solchen Augenblick zurückziehen würden.
Corona wird in Teilen als Beschleuniger der Digitalisierung wirken
Der Bank Blog: Spüren Sie Anstiege bei Online-Banking, Anrufen im Call Center, der Videoberatung oder kontaktlosem Bezahlen und Mobile Payment?
Harald Vogelsang: Ja, das sehen wir. Ganz zu Beginn haben wir auch einen Anstieg bei den Bargeldabhebungen registriert, wenngleich nicht im selben Umfang wie bei der Finanzkrise. Das hat sich wieder normalisiert.
Online-Banking nimmt zu und wir versuchen, das auch weiter zu fördern. Gleiches gilt für das kontaktlose Bezahlen. Die deutsche Kreditwirtschaft will in den nächsten Tagen weitere Erleichterungen für das kontaktlose Bezahlen einführen, da die Menschen derzeit wenig Lust verspüren, ihre PIN auf einer Tastatur einzugeben.
Wir stellen allerdings fest, dass die Zahlungen insgesamt abnehmen, was vermutlich mit den geschlossenen Geschäften und Restaurants und dem damit verbunden Konsumrückgang zusammenhängt.
Der Bank Blog: Einige sehen in Corona einen Beschleuniger der Digitalisierung. Werden diese Veränderungen nachhaltig wirken?
Harald Vogelsang: In Teilen sicherlich, einiges wird sich auch wieder auf den Stand vor Corona zurückentwickeln. Andererseits werden viele auch im Nachgang der Krise mehr Online Banking nutzen, weil es sehr komfortabel und sicher ist.
Wir werden das unterstützen und arbeiten dazu ganz aktuell auch an vereinfachten Zugangsverfahren, um Online Banking noch attraktiver zu machen.
Den größten Effekt sehe ich im veränderten Arbeitsverhalten. Derzeit läuft ja der größte Test für Home-Office-Anwendungen, der so nie vorherzusehen war. Wir erkennen, wie einfach das ist, wie viele Wege gespart werden können und wie die Umwelt damit entlastet werden kann, ohne, dass die Leistung darunter leidet. Selbst unser viel gescholtenes Internet erweist sich als erstaunlich stabil. Auf der anderen Seite merken wir aber, dass uns soziale Kontakte fehlen und wir nicht vollständig auf diese verzichten wollen. Ich bin überzeugt, dass wir daraus viele wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Arbeit und Zusammenarbeit ziehen werden.
2020 wird bei Banken erhebliche Bremsspuren hinterlassen
Der Bank Blog: Niemand vermag derzeit zu sagen, wann der Spuk vorüber sein wird. Auf welchen Zeitraum stellt sich die Haspa ein?
Harald Vogelsang: Die Politik hat hier keine einfache Aufgabe bei der Abwägung, ab wann die Eindämmung des Virus zu einer übermäßigen sozialen und psychologischen Gefährdung der Menschen führen kann.
Wir stellen uns darauf ein, dass die intensiven Kontaktbeschränkungen bis über Ostern hinaus anhalten werden. Allerdings gehen wir auch davon aus, dass die Einschränkungen in dieser Intensität insgesamt nicht mehr als acht bis zehn Wochen durchzuhalten sein werden und spätestens Ende Mai Lockerungen einsetzen.
Die Herausforderung für uns wird dann darin bestehen, die Haspa Schritt für Schritt wieder in den Normalbetrieb hochzufahren.
Der Bank Blog: Welche Folgen erwarten sie im Nachgang durch Corona für die Haspa?
Harald Vogelsang: Für Banken wird 2020 kein einfaches Jahr. Wie bei der überwiegenden Zahl der anderen Unternehmen, wird auch unsere GuV sehr stark belastet sein. Es wird eine ganze Reihe von Betätigungsfeldern und Arbeitsplätzen geben, die bis in den Sommer hinein nicht voll ausgelastet sein werden. Es steht zu hoffen, dass sich dies in der zweiten Jahreshälfte wieder normalisieren wird.
Der Bank Blog: Können Sie dazu ein Beispiel nennen?
Harald Vogelsang: Wenn so wenige Menschen wie aktuell in die Filialen kommen, dann brauchen wir dort weniger als die Hälfte des derzeitigen Personals. Auf der anderen Seite haben wir z.B. im Kreditbereich alle Hände voll zu tun.
Auch in einigen zentralen Funktionen wie z.B. Marktforschung oder Schulung & Training sind derzeit alle Arbeiten eingestellt, weil wir ja auch intern „social distancing“ praktizieren.
Der Bank Blog: Bei aller Sorge, wie optimistisch oder pessimistisch sind Sie für die Zeit nach der Krise?
Harald Vogelsang: Ich bin grundsätzlich Optimist. Auch in diesem Fall wird nicht alles so schlimm werden, wie der eine oder andere Horror-Prognostiker sich das ausmalt. Aber wir werden wohl nicht bereits 2021 wieder auf dem Niveau von Januar 2020 sein. Dafür dürften die ökonomischen Bremsspuren doch zu groß sein.
Andererseits hatten wir vor Corona einen konjunkturellen Sondereffekt durch das extrem billige Geld, die günstigen Rahmenbedingungen und die quasi Vollbeschäftigung. Auch wenn sich die Konjunktur jetzt abkühlt, bin ich davon überzeugt, dass wir aus diesem Tief wieder herauskommen werden und uns hinterher auf einem gegenüber Januar niedrigeren, aber dennoch auskömmlichen Niveau wiederfinden werden.
Ein Vergleich mit der Finanzkrise führt in die Irre
Der Bank Blog: Wie beurteilen Sie den Vergleich mit der Finanzkrise?
Harald Vogelsang: Der Vergleich ist zwar auf den ersten Blick naheliegend, hinkt aber. Die Auslöser sind unterschiedlich. Die – zu recht so genannte – Finanzkrise wurde ja durch Finanzinstitute – zunächst in den USA, später weltweit – ins Rollen gebracht. Sie hat sich dann auf die übrige Wirtschaft und die Privathaushalte übertragen. Die Arbeitsfähigkeit war aber in vollem Umfang erhalten. Sobald Arbeit da war, durfte und konnte jeder arbeiten.
Im Zuge von Corona sind die Menschen jedoch in ihrer Bewegung eingeschränkt. Es fehlen die Arbeitskapazitäten, was die Unternehmen einschränkt, was wiederum Auswirkungen auf die Banken und die Finanzwirtschaft insgesamt hat. Im Vergleich zur Finanzkrise ist dies eine umgekehrte Kette.
Damit ist Corona mit der Finanzkrise letztlich überhaupt nicht vergleichbar. Auch die Rezepte und Maßnahmen sind andere. Während man die Finanzkrise vor allem mit Geld und neuen Regeln bekämpfen konnte, benötigen wir heute zunächst gesundheitliche Maßnahmen. Wir brauchen Ärzte, Pfleger, Beatmungsgeräte, Schutzanzüge und Masken. Geld ist zwar auch relevant, kommt aber erst im zweiten Schritt.
Die derzeitigen Maßnahmen und Aktivitäten von Politik und Notenbanken rund um den Erdball sehe ich in diesem Zusammenhang übrigens sehr positiv.
Der Bank Blog: Angesichts der weltweit eingebrochenen Börsen: Wird die ohnehin schwierige Aktienkultur in Deutschland unter Corona weiter leider?
Harald Vogelsang: Ich hoffe nicht. Vielleicht überdenkt die Politik ja jetzt nochmal ihre steuerlichen Pläne, was zu wünschen wäre.
Unsere Kunden haben sehr besonnen reagiert. Zwar hat physisches Gold in solchen Zeiten eine Sonderkonjunktur, andererseits nutzen Kunden die aktuelle Situation auch zum Kauf und andere nehmen sie sogar zum Anlass, ein Depot neu einzurichten, was für mich ein positives Zeichen für den vorhandenen Optimismus ist.
In unserer Vermögensverwaltung waren wir übrigens – nicht wegen Corona, sondern aufgrund unserer allgemeinen Einschätzung – vorsichtiger positioniert als manch anderer, was in den Gesprächen mit den Kunden hilft.
Der Bank Blog: Vielen Dank für das Gespräch und bleiben Sie gesund!