Der heilige Gral der Effizienz

Die Ritter der Tafelrunde und der Shareholder Value

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Ausländische Investoren haben Schloss Camelot gekauft. Nun wollen Sie den Shareholder Value steigern und dazu die Effizienz erhöhen. 15 Prozent weniger Fixkosten lautet das Ziel. König Artus berät sich mit seinen Rittern der Tafelrunde, was zu tun sei.

König Artus und die Ritter der Tafelrunde

König Artus und die Ritter der Tafelrunde

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„So! Mir reicht es.“

König Artus knallte sein legendäres Schwert Excalibur unsanft auf den Tisch der Tafelrunde.

Gerade hatte ihn eine Botschaft aus Japan erreicht. Dort waren die Investoren zuhause, die Camelot gekauft und mit der legendären Burg auch gleich die gesamte Mannschaft zu einem günstigen Paketpreis erworben hatten. Nun hieß es für Artus und seine Ritter den Gürtel enger schnallen.

„Sie wollen Camelot an einen billigeren Standort verlegen!“, presste der sagenumwobene König durch die schmalen Lippen. „Alles soll billiger werden. Und effizienter! Die Suche nach dem heiligen Gral, effizienter? Wie kann man an ein so hehres Ziel ein Preisschild kleben?“

„Was, oh du mein König, ist ein Preisschild?“, wagte Garwain als einziger zu fragen.

Artus überging die sträfliche Unwissenheit seines Ritters und lamentierte weiter.

„Was kommt wohl als nächstes? Sollen wir mit unseren edlen Rössern vielleicht gar ein Sale-and-Lease-Back-Geschäft machen?“

„Was, oh du mein König…“, setzt Garwain wieder zur Frage an, verstummte jedoch sofort angesichts der steinernen Miene seines Herrn.

„Nein!“, flüsterte Garwain beschämt. „Das wäre bestimmt nicht angemessen!“

Die restliche Tafelrunde spendete zustimmenden Beifall.

Fixkosten um 15 Prozent runter!

„Andererseits“ gab nun Lancelot zu bedenken, „ist so ein klein wenig Pendeln für uns, die Ritter der Tafelrunde, doch kein Problem. Und ich könnte ja hier im Dorf bleiben und über Eure edle Königin Guinevere wachen!“

„Nix do!“, pfauchte Artus in einem merkwürdig nach bayrischem Dialekt klingenden Gefühlsausbruch, denn Lancelots begehrliche Blicke in Richtung Guinevere waren ihm schon unangenehm aufgefallen.

„Unsere neuen Eigentümer haben mir unmissverständlich klar gemacht, dass wir die Fixkosten um 15 Prozent senken müssen. 15 Prozent, haben sie mir gesagt, gehen immer.“ Der König ließ sich in seinen thronartigen Stuhl fallen und blickte traurig von einem Ritter zum anderen.

Nun meldete sich Parzifal zu Wort: „Ich wäre sofort bereit, bei den Dienstreisen zu sparen. Es muss ja nicht immer eine Viersterne-Schenke sein, in welche wir einkehren.“

„Gute Idee!“, pflichteten lautstark hauptsächlich jene Ritter bei, die wenig unterwegs waren.

Traurig schüttelte Artus sein nun schon ziemlich grau gewordenes Haupt. „Wie ihr alle sehr gut wisst, sind die Personalkosten der größte Kostenblock. So leid es mir tut, ich werde einige von euch durch Miet-Samurais ersetzen müssen!“ Wie zufällig verharrte der harte Blick des Königs für einige Sekunden auf Lanzelot. „Denn Sachkosten sind keine Personalkosten!“

„Ahhh!“, raunten die Ritter, dankbar ob der Belehrung. Und dann, nach einer Sekunde der Erkenntnis: „Ohhh!“

Tristan, der sich bisher erstaunlich ruhig verhalten hatte, hielt es nun nicht mehr auf seinem Stuhl.

Die Suche nach dem Heiligen Gral

„Wir sind die Ritter der Tafelrunde, verdammt noch mal. Unsere Suche nach dem Heiligen Gral ist eine höchstlöbliche Angelegenheit. Da kann man doch nicht knausern und das Feld den Pfennigfuchsern überlassen! Das ist ja so, als wenn dereinst Banker die Servicequalität für ihre Kunden zu Gunsten von kurzfristigen Einsparungen opfern würden. Als wenn wir unser hehres Ziel gegen kleinmütige Effekthaschereien tauschen würden.“

„Was, oh du mein Tristan, ist eine Servicequalität?“, meldete sich wieder Garwain zu Worte. Heute war nicht sein bester Tag.

Ja, die Ritter der Tafelrunde waren in einem gehörigen Dilemma. Sollten sie weiter ihrer Bestimmung folgen und damit – keiner wagte es laut auszusprechen – auch ihre Jahresboni riskieren? Oder gute Miene zu bösem Spiel machen und den Heiligen Gral dann auch mal Gral sein lassen?

Sie sollen Shareholder-Value bekommen!

Spät am Abend saß Artus auf seinem Lieblingsplatz mit unverbaubarem Panoramablick auf Camelot und sinnierte über den Sinn des Lebens. Er erinnerte sich an die glücklichen Zeiten, als er seine Burg mit Hilfe eines damals besonders günstigen Schweizer Franken Kredites aufbaute und keinen Gedanken an Währungsrisiken oder die Zukunft verschwendete. Damals hatten er und seine Tafelrunde eine ganz klare Bestimmung: für die Mitmenschen ein Vorbild sein, Gutes tun, und die Armen und Schwachen beschützen.

Artus hatte einen Entschluss gefasst. Entschlossen stand er auf und blickte voll neu gewonnener Zuversicht auf seine Burg und sein Reich.

„Sie wollen Shareholder-Value? Sie sollen Shareholder-Value bekommen! Dann sparen wir eben und finden den Heiligen Gral erst in ferner Zukunft.“, brummte der König und stapfte schweren Schrittes davon.

„Was, oh du mein König ist ein Shareholder-Value?“, klang es mit zittriger Stimme aus einem der Büsche, vor dem Artus gerade gesessen hatte. Doch der war schon außer Hörweite.

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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