Online-Plattformen, die Kredite zwischen Finanzinstituten und Kunden vermitteln, gewinnen immer mehr Marktanteile. Banken, die mit ihnen kooperieren, sind klar im Vorteil. Mit der Zusammenarbeit gehen jedoch strukturelle und prozessuale Herausforderungen einher.
Banken können sich heute nicht mehr darauf verlassen, dass Kunden bei Bedarf automatisch auf ihr Kreditangebot zurückgreifen. Die Anzahl der Konkurrenten ist groß und deren Leistungen über das Internet leicht zugänglich. Für die unabhängige Vermittlung von Krediten haben sich neue und teils große Player wie Kreditvermittlungsplattformen (KVPs) bereits am Markt etabliert. So erreichte die Hypoport SE mit ihren Tochterunternehmen in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 einen Anteil von über 25 Prozent an allen in Deutschland abgeschlossenen Baufinanzierungen.
Neugeschäft zunehmend durch KVPs
Den Finanzinstituten fällt es immer schwerer, ihr Kreditportfolio über ihre bisher genutzten Vertriebskanäle direkt zu platzieren. Kunden und freie Vermittler setzen verstärkt auf KVPs, um Konditionen zu vergleichen und den besten Anbieter zu ermitteln – die Corona-Krise befeuert diesen Trend zusätzlich. Um am Markt weiterhin Bestand zu haben, ist für die Banken eine Zusammenarbeit mit KVPs daher umso wichtiger geworden.
Jedoch stoßen die Institute in der (digitalen) Umsetzung häufig an ihre Grenzen. Denn obwohl die Anzahl der über KVPs vermittelten Finanzierungen seit einigen Jahren stetig steigt, kann der Kreditvermittlungsprozess vieler Plattformen als „unausgereift“ beschrieben werden. Die Konsequenzen des optimierungsbedürftigen Ablaufs bekommen in erster Linie die Banken zu spüren: Sie werden mit teils unqualifizierten Anfragen überhäuft und müssen ewig lange Kommunikationswege einschlagen.
Zwei wesentliche Kernprobleme in der Zusammenarbeit
Im Hinblick auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Banken und Plattformen ergeben sich zwei wesentliche Herausforderungen:
- Mangelnde Qualitätssicherung – Zeit ist Geld
- Informationsstau mit Folgen
1. Mangelnde Qualitätssicherung – Zeit ist Geld
Häufig läuft der Vermittlungsprozess wie folgt ab: Der Kunde benötigt eine schnelle Entscheidung über ein Finanzierungsgeschäft und wendet sich an einen Vermittler. Dieser nimmt die Finanzierungsanfrage auf und gibt alle erforderlichen Daten über die jeweiligen KVPs ein. Erhält der Vermittler im System nun beispielsweise 15 Angebote (von Kreditinstituten, die durch den Datenabgleich grundsätzlich für die Finanzierung in Frage kommen), kann er bei diesen 15 Banken die Kreditanfrage zur qualifizierten Prüfung einreichen – nicht selten geschieht das auch doppelt über mehrere KVPs, die der Vermittler nutzt.
Das Problem: Das System einiger KVPs fragt nicht fortlaufend und in der Regel erst sehr spät beim Vermittler an, wie der Status der einzelnen Anfrage ist – erledigt, zurückgezogen oder aktiv. Unaufgefordert geben die Vermittler diesen Status nur selten an. Das kann dazu führen, dass eine der 15 Banken den Zuschlag erhält, die anderen 14 Institute jedoch nicht informiert werden und die Anfrage weiter prüfen. Das bindet erhebliche personelle Ressourcen.
2. Informationsstau mit Folgen
Ebenfalls herausfordernd ist die Informationsqualität der über die Plattformen übermittelten Anfragen. Denn die Standardabfragen der KVPs sind häufig nicht individuell auf die Banken ausgelegt. Weiche Kriterien, die bei einigen Banken auf Grund der Abweichung von deren Standardgeschäft zu Absagen führen können, werden vorab nicht berücksichtigt. Darunter fallen unter anderem zu hohe Eigenleistungen, Grundbucheinträge wie Nutzungs- und Wohnrechte sowie die Anzahl der Eigentümer einer Immobilie beim Kauf einer Eigentumswohnung.
Dadurch gelangen Banken in das Raster „potenzieller Kreditgeber“, welche die Finanzierungsanfrage aufgrund genau dieser Kriterien im fortlaufenden Prozess ablehnen werden. Auf der anderen Seite mangelt es den KVPs wiederrum an Zusatzinformationen seitens der Institute. Diese wären jedoch hilfreich, um Finanzierungstendenzen von Beginn an einzusehen und unpassende Optionen direkt auszuschließen.
Dieser Informationsstau hat darüber hinaus weitreichende Folgen für die Kommunikationsqualität zwischen KVP, Finanzinstitut, freiem Vermittler und Kreditnehmer. Denn hat der Vermittler (bzw. der Kunde) eine An- oder Rückfrage an die Bank, muss er diese in der Regel über einen Betreuer der Plattform anfragen, der sich dann wiederum an die Bank wendet. Der Betreuer erhält im besten Fall eine Antwort – die oftmals mit einer beträchtlichen Wartezeit verbunden ist – und leitet diese an den Vermittler weiter. Läuft dieser Prozess mit Fehlern oder Missverständnissen ab, wartet der Endkunde noch länger auf den Abschluss der Finanzierung.
Optimierungspotenzial erkennen
Um den bankinternen Kreditprozess auf die Zusammenarbeit mit KVPs auszurichten, gibt es für die Institute gleich mehrere Lösungsansätze:
- Digitale Schnittstellen
- Prozessoptimierung
- Produktgestaltung
Digitale Schnittstellen
Für die Anlieferung der Daten sind einheitliche Schnittstellen vorteilhaft. Damit erfolgt bereits bei der Antragseinreichung automatisiert eine erste fachliche und strukturelle Prüfung der Daten. Manuelle Folgeschritte werden so reduziert oder sind bestenfalls gar nicht mehr nötig. Wird zudem ein Kommunikations-Modul implementiert, welches den Austausch zwischen Kreditinstitut und KVP steuert und nachhält, steigert dies die Transparenz für alle Beteiligten zusätzlich.
Prozessoptimierung
Die bestehenden Kreditprozesse sind in der Regel auf das klassische Filialgeschäft ausgelegt und häufig durch manuelle Arbeitsschritte geprägt. Um die Komplexität dieses funktionierenden Ablaufs nicht zu erhöhen, sollten Banken in Erwägung ziehen, einen zweiten, auf die Vermittlung von Dritten ausgerichteten, Kreditprozess zu etablieren. Durch die digitale Anlieferung der Vorgänge eines externen Partners können so weitere Optimierungspotentiale gehoben werden.
Produktgestaltung
Über das Produktmanagement könnten Banken künftig standardisierte Angebote entwickeln, welche auf die Zusammenarbeit mit KVPs zugeschnitten sind. Diese erleichtern nicht nur dem Vermittler oder Online-Kunden die Auswahl, sondern verringern gleichzeitig den Bearbeitungsaufwand für die Banken, die die Anfragen nach dem Standardprodukt leichter prüfen können. Einfach ist diese Umstellung jedoch nicht. Es stellen sich dabei unter anderem die Fragen: Wie definiere ich in dieser Hinsicht ein Baufinanzierungsangebot? Ist es sinnvoller ein neues Produkt zu entwickeln, das genau auf die KVP zugeschnitten ist?
Von KVPs profitieren
Die herkömmliche Finanzierungsberatung wird für die Mehrheit der Banken auf lange Sicht ein nicht unerheblicher Kostenfaktor bleiben. Wer KVPs als weiteren Vertriebskanal nutzt und seinen Kreditvergabeprozess eng mit den Online-Plattformen verzahnt, kann von deren Marktdurchdringung profitieren. Mit einer optimierten Produktpalette sowie der Digitalisierung der Prozesse und schlanken Kommunikationswegen können sich Finanzinstitute langfristig gut auf die geänderten Marktbedingungen einstellen. Eine Unterstützung durch externe Dienstleister kann hier von Vorteil sein.
Alexander Straßberger ist Koautor des Beitrags. Er ist Managing Consultant und Account Manager für die Sparkassenfinanzgruppe bei der FORT.SCHRITT GmbH. Sein Fokus liegt auf Kredit- und Vertriebsprozessen. Der gelernte Bankbetriebswirt ist seit zwölf Jahren als Berater in der Banken-IT und bei Kreditinstituten tätig.