Einer aktuellen Studie zufolge haben es viele Banken versäumt, sich mit einem klaren Profil sowie einer dazu passenden Organisation in einem deutlich veränderten Markt zu positionieren. Eine strategische Neuausrichtung sei dringend geboten.
Der Druck auf deutsche Finanzinstitute, die eigene Organisation zukunftsfest aufzustellen, um im Vergleich zu Konkurrenten aus Europa, Amerika und Asien nicht noch weiter ins Hintertreffen zu geraten, ist groß. In einer gemeinsamen Studie haben Sopra Steria und das F.A.Z.-Institut untersucht, wo die Institute mit ihren Aktivitäten zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit stehen.
In nahezu allen Finanzhäusern Deutschlands treibe derzeit vor allem die Digitalisierung der Prozesse und Arbeitsabläufe die Neuorganisation.
Hoher Veränderungsdruck in der Finanzbranche
Mit 35 Prozent sei der Anteil der Unternehmen, die einen „sehr großen Veränderungsdruck“ spüren, in der Finanzbranche fast dreimal so hoch wie in der Industrie (12 Prozent). 75 Prozent der Finanzdienstleister durchlaufen gerade eine Neuorganisation oder haben diese bereits abgeschlossen. Weitere 18 Prozent planen aktuell den organisatorischen Umbau. 62 Prozent der Befragten geben veränderte Erwartungen der Kunden als Grund für organisatorische Veränderungen. Für 50 Prozent steht der Kostendruck im Fokus.
Fehlende Strategie gefährdet Marktposition
Doch die Reformen drohen ins Leere zu laufen. Der Grund: Deutschen Finanzdienstleistern geht es bisher vor allem darum, die Kosten zu senken, indem sie Stellen abbauen und Filialen zusammenstreichen. Das sei ein Rückzugsgefecht, aber keine Strategie.
Während sich die Institute vor der Finanzkrise 2008 sehr stark auf den Vertrieb konzentriert hätten, sei es danach überwiegend die Regulatorik gewesen. Sie hätten dabei versäumt, sich mit einem klaren Profil sowie einer dazu passenden Organisation an einem deutlich veränderten Markt zu positionieren. In der Folge haben viele Institute den Anschluss an die Digitalisierung verloren und sind von FinTechs und branchenfremden Wettbewerbern rechts überholt worden, zum Beispiel im Zahlungsverkehr oder aktuell im Online-Brokerage.
Kultureller Wandel sichert Erfolg
Damit Veränderungen zum Erfolg werden, sei vor allem ein kultureller Wandel innerhalb der Organisationen wichtig. 93 Prozent der Befragten sehen transparente Entscheidungen und 75 Prozent eine offene Unternehmenskultur als Erfolgsvoraussetzung an.
Ziel von Reformen dürfe es nicht allein sein, Mitarbeiter vor die Tür zu setzen, Prozesse zu automatisieren oder die bestehende marode Infrastruktur am Laufen zu halten. Es gehe vielmehr neues Denken. Dazu benötigen Finanzinstitute aber neben Betriebswirten auch kreative Köpfe wie Ingenieure oder Philosophen.
Bevor die Institute die nächsten Reformen starten, sollten sie sich zuerst überlegen, was ihre Kunden von ihnen erwarten und was sie ihnen künftig bieten wollen. Es reiche dabei nicht, auf austauschbare digitale Produkte zu setzen. Jedes Institut sollte vor einer Neuorganisation zunächst sein Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen und klären, welchen Platz es in den digitalen Ökosystemen einnehmen möchte.
Die Corona-Pandemie habe auf diesem Weg wie ein Beschleuniger gewirkt. Die Mitarbeiter hätten im Homeoffice mehr Freiheiten gewonnen und die Teams hätten diese oft auch genutzt, um etablierte Strukturen zu hinterfragen. Das gelte es zu bewahren und in die Post-Corona-Zeit mitzunehmen. Die Arbeit müsse neu organisiert werden, mit interdisziplinären Teams und einer gleichzeitigen Öffnung hin zu neuen Partnern und neuen Ideen.
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