Innovative Werbeideen und echtes Guerilla Marketing findet man nur noch selten und im Banking noch seltener. Vor kurzem habe ich eine gelungene Idee in der Schweiz entdeckt. Lässt sie sich auf Banken und Sparkassen übertragen? Mit etwas Mut durchaus.
Unter Guerilla Marketing versteht man ungewöhnliche Aktionen, die mit geringem Mitteleinsatz eine besonders große Wirkung versprechen. Immer wieder berichte ich hier über solche bemerkenswerte Aktionen, wie z.B. in diesen Beiträgen:
- Coca Cola macht Bankkunden glücklich: Erfolgreiches Guerilla-Marketing am GAA
- Eine Bank sagt Dankeschön zu ihren Kunden: Guerilla Marketing zu Weihnachten
- Der kleine Mann im GAA: Guerilla Marketing am Geldausgabeautomaten
Guerilla Marketing aus Heidis Heimat
Im schweizerischen Kanton Graubünden liegen nicht nur Heidis Heimat und die Quelle des Rheins. Es ist die größte Ferienregion der Schweiz mit einer imposanten Bergwelt und weltbekannten Ferienorten wie St. Moritz, Davos, Klosters, Arosa, oder Flims-Laax. Darüber hinaus bietet es eine Vielzahl ursprünglicher Bergdörfer und Täler. Doch selbst solche, mit Naturschönheiten reichlich gesegneten, Regionen stehen im Wettbewerb des nationalen und internationalen Tourismus und müssen sich etwas Kreatives einfallen lassen, um Besucher anzulocken.
Innovative Direktansprache im Bahnhof
Graubünden Ferien (die verkaufsorientierte, touristische Marketingorganisation Graubündens) hat sich daher überlegt, einen der hektischsten Orte der Schweiz mit einem ihrer ruhigsten Orte zusammen zu bringen. Über eine elektronische Plakatsäule im Zürcher Hauptbahnhof sollten gestresste Städter direkt ins bündnerische Vrin „entführt“ werden.
Das besondere an der Aktion: Es handelt sich um eine Live-Interaktion. Die potentiellen Kunden wurden per Video-Chat direkt von der Alm aus angesprochen und erhielten unmittelbar ein kostenloses Bahntickt für den spontanen Ausflug in die Graubündner Bergwelt. Doch sehen Sie selbst:
Bemerkenswerter Erfolg der Marketingaktion
Die Gesamtkosten waren überschaubar und der Großteil ging in die Konzeption und Realisierung (Technik und Videoproduktion) des Projekts. Die Aktion selbst dauerte nur einen Tag von morgens 7:30 Uhr bis Nachmittags 16:00 Uhr.
Vor allem die Technik war eine echte Herausforderung. Die direkte Ticketausgabe per Knopfdruck durch eine mobile App wurde extra für die Kampagne entwickelt. Für die Videokonferenz musste zudem eine konstante Internetverbindung ins doch eher abgelegene Dorf Vrin geschaltet werden.
Täglich gibt es am Zürcher Hauptbahnhof fast 3.000 Zugfahrten, davon über 2.600 Personenzüge mit rund 414.000 Ein- und Aussteigern. Angesichts dessen erscheint die Zahl von 30 Menschen, die die Einladung angenommen haben, gering. Doch das spielte nur eine untergeordnete Rolle. Letztlich ging es um Markenbildung und hier zählt die Reichweite. Und die war enorm. Die Kampagne hat sich weit über die Schweiz hinaus viral verbreitet. Kumuliert wurden über soziale Netzwerke, Print und TV etwa 80 Millionen Menschen weltweit erreicht.
Eine Blaupause für Banken und Sparkassen?
Zugegeben, Schweizer Berge sind um einiges schöner als die schönsten Bank- oder Sparkassenfilialen, umso mehr an Tagen, an denen die Sonne den Gipfelstürmern ihr warmes Lächeln schenkt.
Dennoch könnte auch eine Bank oder Sparkasse solche Aktionen durchführen und darüber Menschen z.B. zu einem Beratungsgespräch in eine Filiale oder zu einer Informations-Veranstaltung einladen.
Selbst einzelne Zielgruppen ließen sich gezielt ansprechen: jüngere oder ältere Menschen, Frauen oder Männer, Anzugträger oder leger gekleidete. Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Klar würde man damit nicht nur Kunden sondern auch Nichtkunden ansprechen. Aber das sollte eigentlich ein Vorteil sein, oder?