Der Markt für Quantentechnologien boomt. Einer Studie zufolge erreichen die Investitionen neue Rekordstände. Dabei entsteht ein Wettlauf um die internationale Technologieführerschaft – denn in wenigen Jahren schon könnte sich das Engagement der Unternehmen auszahlen.
Quantentechnologie ist ein wichtiger Zukunftstrend, der eine hohe Bedeutung auch für die Finanzbranche hat. Die Investitionen in Quantentechnologien steigen im Vergleich zum Vorjahr deutlich – trotz der Corona-Pandemie. Das ist Ergebnis einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey. Demnach seien bis Anfang September diesen Jahres weltweit 2,1 Milliarden US-Dollar an Investitionen angekündigt worden. Das ist bereits drei Mal so hoch wie die Gesamtinvestitionssumme von 2020 von rund 700 Millionen US-Dollar. Über 65 Prozent der Investitionen erhielten Hardware-Entwickler.
Markt für Quanten-Technologien lockt Investoren an
Der Markt für Quantentechnologien befinde sich erst in der Entstehung, heißt es in der Studie. Er würde aber bereits jetzt Unternehmen, Investoren und potentielle Anwender faszinieren. Besonders Firmen aus China und den USA beanspruchen die Marktführerschaft auf diesem Gebiet. Man sehe immer mehr Akteure, die von der vorwettbewerblichen Erkundung des Quanten-Computing zur wettbewerbsorientierten Forschung übergehen. All diese Entwicklungen würden von der Investorenlandschaft genau beobachtet. Nach allem, was die Experten derzeit beobachten, werde es zu weiteren Rekord-Deals kommen.
Mittlerweile forschen und arbeiten weltweit 217 Unternehmen auf dem Gebiet der Quantentechnologien. Darunter befänden sich über 100 Komponentenzulieferer, die größtenteils nicht spezifisch für Quantencomputer-Hardware seien. Der Großteil der originären QT-Unternehmen (99) entwickle Software-Anwendungen. 45 Firmen hätten sich auf den Bau von Quantencomputern spezialisiert. Dieses Segment ziehe am meisten Risikokapital an.
Drei Bereiche für den Quantensprung
Innerhalb der Quantentechnologien lassen sich drei Bereiche unterschieden:
- Quanten-Computing (QC),
- Quantenkommunikation (QComms) und
- Quantum Sensing (QS).
Während es bei Quanten-Computing um Hard- und Software geht, verspricht Quantenkommunikation eine sicherere Übertragung von Quanteninformationen. Bei Quantum Sensing handelt es sich um eine neue Generation von Sensoren. Diese können Messungen von Schwerkraft, Zeit, oder Elektromagnetismus durchführen und sensibler messen als klassische Sensoren.
Technologische Herausforderungen bestünden laut der Untersuchung bei der Hardware-Entwicklung und Transparenz über den wirtschaftlichen Nutzen. Die Prognosen der Studienautoren deuten für den QC-Markt auf ein Marktpotenzial bis 2040 von neun bis 93 Milliarden Euro hin.
So verteilten sich die Investitionen in Quantentechnologien
Laut der Studie wurden im gesamten Quanten-Computing-Markt bislang 2.1 Milliarden US-Dollar in Startups investiert. Investitionen großer Technologieunternehmen in eigene Programme seien in dieser Betrachtung nicht berücksichtigt worden, überträfen die Gründungsfinanzierungen jedoch deutlich.
Deutlich kleiner seien die beiden anderen Märkte: Quantenkommunikation beheimate aktuell 111 Unternehmen weltweit und 0.6 Milliarden US-Dollar an Risikokapital. Mit 58 Unternehmen und 0.3 Milliarden US-Dollar ist der QS-Markt am kleinsten.
Privatinvestitionen machen länder- und Kontinent-übergreifend die Mehrheit der Investitionsarten aus. Von 2001 bis 2021 stellten Risikokapitalgeber 50 Prozent der globalen Investitionen. Rund 12 Prozent der Investitionen kämen direkt von Unternehmen selbst. Die öffentliche Hand trage mit bislang gut 7 Prozent einen vergleichsweise kleinen Beitrag.
USA dominieren Markt für Quantentechnologie
Im Ländervergleich der Studie liegen die USA auf mehreren Ebenen vorn: Sie verfügen demnach über die größte Anzahl an QC-Start-ups (59), etablierten Unternehmen (9), staatlichen Förderprogrammen (18) und akademischen Forschungsgruppen (63). Zudem würden zehn der zwölf größten Hardware-Unternehmen aus den USA stammen. Deutschland liege mit sieben Startups, zwei etablierten Unternehmen und vier akademischen Forschungsgruppen auf dem sechsten Platz hinter den Kanada, Großbritannien, Japan und Frankreich.
Auch bei den Investitionen nehmen die USA eine Spitzenposition ein: Vier der zehn größten Risikokapitalrunden gingen seit 2017 an Unternehmen aus den USA. Darunter ist auch die bislang größte Investitionsrunde: 650 Millionen US-Dollar gingen in diesem Jahr an den Hardware-Produzenten IonQ.
Europäische Union und China vorne bei öffentlichen Investitionen
Sowohl Deutschland als auch die Europäische Union haben angekündigt, weitere Gelder bereitstellen zu wollen. Die EU liege bei den öffentlichen Investitionen mit 7,2 Milliarden US-Dollar auf dem zweiten Platz, wie die Studienautoren schreiben. Innerhalb der EU investiere Deutschland mit 42 Prozent den größten Anteil in die Entwicklung von Quantentechnologien.
Mehr als die Europäer investiert demnach nur der chinesische Staat mit einem proklamierten Betrag von 15 Milliarden US-Dollar. Eine Analyse des chinesischen Marktes sei aufgrund der allgemeinen Datenverfügbarkeit jedoch schwierig. Vor allem Chinas kommerzielle Aktivitäten bleiben für Marktanalysten intransparent.
Die Aktivitäten des Reichs der Mitte ließen sich derzeit neben den öffentlichen Investitionen am besten anhand ihrer Patentanmeldungen ablesen: Mit über 6.000 Patenten im Jahre 2018 hat China doppelt so viele Patente angemeldet wie die USA.
Schätzungen zu Marktentwicklungen seien bei aller Unsicherheit jedoch möglich, wie es in der Untersuchung heißt. Demnach konnte man bisher keine kommerziellen Produkte hervorbringen – Umsätze generierten die Markteilnehmer hauptsächlich durch Komponentenanbieter, Beratungsleistungen und gemeinsame Forschungsprojekte. Am ausgereiftesten sei das Komponentensegment, das jedoch kaum Raum für spezialisierte Akteure biete.
Das Hardware-Geschäft wiederum werde von großen Technologieunternehmen dominiert, die sich auf supraleitende Qubits konzentrieren. Der Markt für Systemsoftware sei in Full-Stack- und dedizierte Softwareanbieter aufgeteilt. Potenzial gebe es im Bereich der Anwendungssoftware. Hier sei der Markt noch lange nicht gesättigt, da sich Akteure bislang auf wenige Schlüsselindustrien konzentrierten.
Mehrere Branchen arbeiteten aber bereits an wettbewerbsfähigen Anwendungen. Einen großen Disruptionseffekt dürfte die Chemie- und Pharmaindustrie spüren, so die Studienautoren: Eine Simulation molekularer Prozesse, die auf Quantentechnologien basiert, könne den Einsatz von Tests im Labor ersetzen. In der Automobilindustrie könnten Quantentechnologien zu Durchbrüchen bei der Entwicklung von Batterien und neuen Kraftstoffen führen.
Eher inkrementelle Effekte erwartet die Finanzindustrie. Allerdings sei das Wertschöpfungspotenzial dort mit über zehn Billionen US-Dollar so groß wie in keiner anderen Branche. Auch in den Bereichen Pharma, Chemie und nachhaltige Energien könnte man sich schon in wenigen Jahren freuen: Im Bestfall profitieren sie bereits 2025 finanziell von den Quanten-Technologien. Ab 2030 schätzen die befragten Technologieexperten den ökonomischen Nutzen als „hoch“ ein. Mit drei bis 15 Billionen US-Dollar sei das Wertschöpfungspotenzial für diese drei Branchen enorm.
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