Irrtümer beim Change infolge von Fusionen

Frühe Klärung von Personalfragen als Momentum im Change

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Viele Finanzinstitute sehen eine Fusion als Erfolgsweg in die Zukunft. Dabei ist wirtschaftliche Sachlichkeit ein Mythos. Fusionen sind in erster Linie kulturelle Konstrukte. Die Synergien sind meist geringer als gedacht, besonders wenn Kulturaspekte vernachlässigt werden.

Kritische Aspekte von Fusionen bei Banken und Sparkassen

Kritische Aspekte von Fusionen bei Banken und Sparkassen.

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„Change Management“ ist wissenschaftlich gut untersucht und bietet eine ganze Reihe von etablierten Hilfsmitteln zur Anwendung. Die immer wieder beobachteten Irrtümer und Fehler in der kulturellen Umsetzung von Fusionen zeigen jedoch, dass hier noch viel Luft nach oben ist.

Kultur ist, was erlebbar wird. Der frühen Klärung von Personalfragen in der Fusion kommt eine besondere Bedeutung zu, damit sich kulturelle Veränderungen im künftig gemeinsamen Unternehmen gut entfalten können.

Mergers and Acquisitions

Der Satz des Change-Management-Pioniers Kurt Lewin wird in der Methodenausbildung angehender Psychologen gern zitiert. Die von ihm beschriebenen Veränderungskräfte und -phasen sind eingänglich und leicht zu verstehen: „Auftauen – Verändern – Stabilisieren“.

In der Praxis sieht es meist anders aus – vielleicht aufgrund unterschwelliger Motive der Entscheider und Betroffenen, vielleicht aber auch wegen unterschiedlicher Handlungsgeschwindigkeiten. Denn während die Verschmelzung für die Entscheider bereits seit Monaten in „Sack und Tüten“ ist, beginnt die Veränderung für die Belegschaft und die Linienführungskräfte erst sehr viel später.

Als dritte mögliche Unterschiedsoption scheint auch die Gesellschaftsform relevant. Während in der Aktiengesellschaft die wirtschaftliche Übernahme mit Beherrschungs- und Gewinnabführungsregelungen vergleichsweise rational wirken, ähneln Fusionen von Genossenschaftsbanken und Sparkassen eher der sprichwörtlichen „Liebesheirat“ mit dem Mantra „…bis das der Tod uns scheidet …“. Auch hier finden sich Ausnahmen in der AG, z. B. die gelb-grüne Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank, jedoch nicht bei den Regionalinstituten.

Drei exemplarische Fusionsmythen

Musterbeispiele, wie man es nicht machen sollte, gibt es wahrlich genug, drei Fusionsmythen wollen wir hier exemplarisch nennen:

  • „Unsere Fusion erfolgt auf Augenhöhe“;
  • „Bei den künftigen Produktionsabläufen wählen wir die jeweils beste Variante der damaligen Althäuser aus“;
  • „Es bleibt alles beim Alten“.

„Unsere Fusion erfolgt auf Augenhöhe“

Vergessen Sie´s, das glaubt ihnen niemand in der Belegschaft! Mit der Verschmelzung lösen Sie eine unwiderrufliche Change-Maßnahme aus. Die Menschen in Ihrem Unternehmen durchlaufen dabei sämtliche Change-Phasen – der eine schneller, der andere langsamer. Es ist naiv zu glauben, die Mitarbeiter würden die Veränderung als unwesentliche Kleinigkeit empfinden. Am Ende des Change-Prozesses finden sie schließlich ihre neuen Rollen in Teams und im gemeinsamen Unternehmen.

In einigen Fällen wird es Gefühle von Verlust und Unterlegenheit geben. Versuchen Sie daher nicht, die Veränderungen herunterzuspielen, sondern begleiten Sie sie ehrlich, aufrichtig, organisiert und methodengeleitet.

„Bei den künftigen Produktionsabläufen wählen wir die jeweils beste Variante der damaligen Althäuser aus“

Machen wir uns nichts vor, die wirtschaftlichen Vorteile aus einer Verschmelzung, die sogenannten Synergien, ergeben sich aus dem Abbau von Redundanzen. Es braucht häufig nur noch eine Buchhaltung statt zwei, nur eine Innenrevision statt zwei, usw. In Produktions- und Vertriebseinheiten ergeben sich die Synergien häufig durch die Angleichung von Standards, und dass sind nun mal meist die Abläufe des übernehmenden Unternehmens.

„Es bleibt alles beim Alten“

Das vorübergehende Leugnen von kritischen Ereignissen ist ein Teil der Schockkurve im Change- Prozess und ist im Prinzip nicht zu beanstanden. Dies betrifft jedoch den Betroffenen selbst und nicht, wie im zitierten Beispiel die Führungskraft, die aus falschem Schutzmotiv, die anstehenden Veränderungen versucht herunterspielen. Im Change bleibt nämlich nichts beim Alten, und wenn doch, dann fühlt es sich zumindest nicht so an. Widerstehen wir also dem Impuls, unsere Mitarbeitenden in gutgemeinter, aber falscher Sicherheit zu wiegen und die Wahrheiten zu schönen. Das holt uns schneller ein als wir denken.

Personalfragen als Erstes klären!

Das zentrale Momentum für den zügigen und dauerhaften Erfolg der Fusion ist die frühe Klärung von Personalfragen: Welche Stellen gibt es künftig, wie erfolgt die Auswahl und Besetzung und vielleicht am wichtigsten: Welche Konzepte gibt es für diejenigen, „die es nicht werden“? Das Vertrauen der Belegschaft in die Aufrichtigkeit der Handelnden zeigt sich meist erst im persönlichen Konflikt.

Ziel des Change in Fusionen ist, dass die Menschen im Unternehmen die Change-Phasen schnell und mit positivem Ausgang durchlaufen. Hierfür sind neben einer guten, methodengeleiteten Begleitung der Mitarbeitenden und Führungskräfte klare und transparente Regelungen nützlich. In den allermeisten Fällen gehören ein fairer Interessenausgleich und Sozialplan dazu, der den Mitarbeitenden Ängste nimmt, in dem er zentrale Fragen klärt für den Fall, dass etwas irgendwann „nicht mehr klar“ ist.

Besonderes Augenmerk ist geboten für den Umgang mit den betroffenen HR-Abteilungen der jeweiligen Althäuser. Die dort beteiligten Mitarbeitenden verfügen häufig über einen frühen Wissensvorsprung und sind nicht selten in die Konzeptionen, bspw. auch die Verhandlungen mit den Betriebsräten eingebunden. Ungeachtet dessen muss aber auch bei diesen Personen von Ängsten und Unsicherheiten in der Fusion ausgegangen werden, denn auch für sie verändert sich vieles.

Erfolgsweg für Fusionen

Niemand muss selbst auf jede heiße Herdplatte fassen, es gibt gute Möglichkeiten der Begleitung von Fusionsprozessen. Häufig fehlt aber die Zeit, manchmal auch die Erfahrung und Übersicht, ganz selten leider aber auch die Einsicht.

Die Klärung wesentlicher Personalfragen bereits vor der juristischen und technischen Fusion ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer künftigen gemeinsamen Kultur.

Über den Autor

Thomas Römer

Thomas Römer ist Geschäftsführer und selbstständiger Managementberater der Personal- und Managementberatung Römer Consulting, die auf Veränderungsprojekte spezialisiert ist. Zuvor war der Diplomkaufmann viele Jahre Personalleiter der Berliner Volksbank.

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