IT-Nearshoring im Banking erfolgreich gestalten

Gestaltung und Umsetzung von IT-Auslagerungen

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Nearshoring kann dazu beitragen, in der digitalen Transformation kosteneffizient IT-Ziele zu erreichen und Fachkräftemangel zu überbrücken. Doch wie gelingt IT-Nearshoring erfolgreich? Wichtig sind die richtige Gestaltung und Auswahl des Partners.

Nearshoring als Bestandteil der IT-Strategie in Banken und Sparkassen

Mit Nearshoring als Bestandteil der IT-Strategie kosteneffizient IT-Ziele erreichen und den Fachkräftemangel überwinden.

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Viele Banken stehen aktuell vor großen Herausforderungen. Um sich gegenüber den Wettbewerbern im Markt zu behaupten, ihre Stammkunden zu halten und neue Kundengruppen zu erschließen, müssen sie ihre IT-Systemlandschaft modernisieren, neue digitale Kundenangebote schaffen und leistungsfähige, aber auch robuste IT-Systeme etablieren.

Gleichzeitig sehen sich viele Banken einem enormen Kostendruck ausgesetzt und haben große Probleme, die erforderlichen IT-Spezialisten zu gewinnen, die für die Erreichung der definierten IT-Ziele erforderlich sind.

Nearshoring kann ein geeigneter Weg sein, um diese Herausforderungen zu meistern. Durch das gegenüber Deutschland geringere Gehaltsniveau in Ländern wie z.B. Tschechien, Polen oder auch Portugal ergeben sich meist deutliche Kostenvorteile, wenn IT-Prozesse an einen Nearshore-Partner ausgelagert werden, oder der Nearshore-Partner die fehlenden IT-Fachkräfte zur Ergänzung der IT-Teams in den Banken liefert. Neben dem Kostenaspekt gibt es jedoch eine ganze Reihe weiterer Kriterien die beachtet werden müssen, um eine Nearshoring-Partnerschaft erfolgreich zu gestalten.

Welche Vorteile bietet IT-Nearshoring?

Unter Nearshoring versteht man die Auslagerung von IT-Dienstleistungen in nahegelegene europäische Länder. Nearshoring kann in verschiedenen Szenarien Vorteile bieten, die im Folgenden beschrieben werden:

Kostenersparnis

Wie in der Einleitung schon erwähnt, kann IT-Nearshoring zu erheblichen Kostenersparnissen führen, da in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau IT-Dienstleistungen meist kostengünstiger erbracht werden können.

Ausgleich Fachkräftemangel

Insbesondere im Bankensektor ist es häufig schwer, gut ausgebildete IT-Spezialisten zu finden. IT-Nearshoring bietet Zugang zu qualifizierten IT-Fachkräften und kann so dabei helfen, den Fachkräftemangel zu überwinden.

Flexible Kapazitätsanpassung

Über das Nearshoring können sie ihre IT-Kapazitäten zeitnah dem aktuellen Bedarf entsprechend anpassen. Sofern ein hoher Arbeits-/Projektaufwand anfällt, können sie die Kapazität des Nearshore-Teams erhöhen und bei geringerem Arbeitsaufwand entsprechend reduzieren. Die Anpassung des eigenen IT-Teams durch Neueinstellungen und Stellenreduzierungen ist dagegen schwieriger umzusetzen und häufig ein langwieriger Prozess.

Innovation und Technologietransfer

Nearshoring-Unternehmen sind häufig auf bestimmte IT-Themen spezialisiert und verfügen durch die Zusammenarbeit mit mehreren Kunden über einen guten Marktüberblick und weitreichende Erfahrungen. Dies kann den Technologietransfer in die eigene Organisation fördern und zu Innovationen führen.

Nearshoring versus Offshoring

Vergleicht man das Nearshoring mit dem Offshoring, also der Auslagerung von IT-Dienstleistungen in Länder außerhalb der EU, ergeben sich folgende Vorteile:

Geographische und kulturelle Nähe

Gemeinsame oder ähnliche kulturelle Hintergründe können Missverständnisse reduzieren und die Zusammenarbeit harmonischer gestalten. Die Zusammenarbeit mit dem Nearshore-Partner in der gleichen oder ähnlichen Zeitzone erleichtert die Koordination gemeinsamer Arbeitszeiten und ermöglicht die Echtzeit-Kommunikation, was wiederum die Produktivität erhöht und die Reaktionszeiten verkürzt. Reise- und Kommunikationskosten fallen im Vergleich zu Fernost- oder Offshore-Standorten deutlich geringer aus.

Ähnliche gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen

Da die Nearshoring-Standorte innerhalb der Europäischen Union liegen, unterliegen sie in den wesentlichen Punkten auch den gleichen rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Dies führt zu einer erhöhten Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr und erleichtert die vertragliche Ausgestaltung der Kooperation mit dem externen IT-Partner.

Datenschutz

Da die Neashore-Standorte innerhalb der EU liegen unterliegen sie den gleichen Datenschutzbestimmungen (DSGVO). Datenschutz ist gerade in der EU ein sensibles Thema und die damit verbundenen Risiken werden durch die gleiche Rechtsgrundlage mitigiert.

Welche Ziele sollen durch Nearshoring umgesetzt werden?

Bevor sie in sich mit der Auswahl eines potentiellen Nearshore-Partners beschäftigen, sollten sie definieren, welche Ziele sie mit dem Nearshoring erreichen möchten. Die folgenden Fragen helfen ihnen bei der Zieldefinition:

  • Soll Nearshoring nur temporär für ein bestimmtes Thema oder IT-Projekt eingesetzt werden?
  • Sollen IT-Prozesse langfristig ausgelagert werden und Nearshoring somit Bestandteil ihrer IT-Strategie werden?
  • Welche IT-Prozesse sollen ganz oder teilweise ausgelagert werden (z.B. Softwareentwicklung, Application Support, Systembetrieb)?
  • Welche konkreten Ziele aus ihrer IT Strategie bzw. welche Milestones aus ihrer IT-Roadmap sollen durch Nearshoring unterstützt und umgesetzt werden?
  • Welche Technologien, Anwendungen, Programmiersprachen muss der Nearshoring-Partner beherrschen (z.B. Cloud, KI, Mircosoft, Java, …)?
  • Sofern das eigene IT-Team um bestimmte IT-Spezialistenrollen ergänzt werden soll: Welche Spezialistenrollen werden benötigt (z.B. FullStack Developer, Data Engineer, Solution Architect, Scrum Master …)?
  • Welche Kosteneinsparungen möchten sie mit Nearshoring langfristig erzielen?

Die genaue Zieldefinition wird ihnen wird ihnen auch dabei helfen, ein Umsetzungskonzept und/oder eine Entscheidungsvorlage für den CTO/CEO zu erstellen, denn zunächst benötigen sie ja das grundsätzliche Einverständnis, sich mit dem Thema Nearshoring näher zu beschäftigen.

Die Zieldefinition ist darüber hinaus auch eine Voraussetzung für die Auswahl eines passenden Nearshore-Partners.

Kriterien für die Auswahl eines passenden Nearshoring-Partners

Da eine Nearshoring-Partnerschaft in den weitaus meisten Fällen langfristig angelegt ist, kommt der Auswahl des Nearshoring-Partners eine besondere Bedeutung zu. Der Nearshoring-Partner muss zu ihnen passen und das sowohl in Bezug auf die Erfüllung technischer Leistungskriterien, als auch in Bezug auf die Unternehmenskultur und die zwischenmenschliche Interaktion und Kommunikation.

Zunächst sollten sie ein technisches Anforderungsprofil definieren und dabei folgende Auswahlkriterien zugrunde legen:

Unternehmensgröße und –entwicklung

Verschaffen Sie sich einen umfassenden Überblick über die potentiellen Nearshore-Partner und die Entwicklung der Unternehmen in Bezug auf die Anzahl der Mitarbeiter und die wirtschaftliche Situation.

Das Nearshore-Unternehmen sollte wirtschaftlich stabil und nicht zu klein sein, um flexibel auf ihre Ressourcenanforderungen reagieren und ein skalierbares Nearshore-Team garantieren zu können.

Branchenkenntnisse

Es ist ein enormer Vorteil, wenn der Nearshore-Partner über Fachkenntnisse in der Bankenbranche und des damit verbundenen regulatorischen Umfelds verfügt. Im Bankensektor gelten strengere Vorschriften für Entwicklung, Betrieb und Dokumentation von IT-Systemen und insbesondere auch in Bezug auf die Informationssicherheit. Idealerweise ist der Nearshore-Partner mit diesem Regelwerk vertraut.

Technology Stack

Der Nearshore-Partner sollte die von Ihnen eingesetzten und in der IT-Strategie definierten Technologien beherrschen und über ausreichend viele Experten in diesen Technologien verfügen. In diesem Zusammenhang ist es auch interessant zu erfahren, ob der Nearshore-Partner Technologiepartnerschaften mit führenden Tech-Providern, wie z.B. Microsoft, Google, Databricks etc. unterhält.

Supportzeiten & SLAs

Wenn sie den Anwendungssupport auf den Nearshore-Partner auslagern möchten, oder sofern sie von ihm SaaS-, PaaS oder IaaS-Services in Anspruch nehmen wollen, sollten sie vorab klären, welche Supportzeiten angeboten werden und ob diese ihren Anforderungen gerecht werden. Betriebszeiten, Reaktionszeiten und Störungsbeseitigungszeiten müssen dann später über entsprechende Service Level Agreements detailliert geregelt werden.

BCM & IT Security

Der Nearshore-Partner sollte über ein angemessenes Business Continuity Management (BCM) und Security Information and Event Management (SIEM) verfügen. Dies ist Insbesondere bei der Auslagerung kritischer Geschäftsprozesse (wesentliche Auslagerung) von größter Bedeutung und sollte daher vorab intensiv analysiert werden.

Mitarbeiterqualifikation

Prüfen Sie ebenfalls, ob der Nearshore-Provider regelmäßig in die Fortbildung seiner Mitarbeiter investiert, wie hoch die Mitarbeiterfluktuation im Unternehmen ist und wie neue Talente rekrutiert werden. Einige Nearshore-Anbieter kooperieren mit Universitäten, bieten Betriebspraktika für Studenten an und beteiligen sich an IT-Wettbewerben. So erhalten sie Zugang zu einem großen Talentpool und stellen dauerhaft eine hohe Qualifikation ihrer Mitarbeiter sicher.

Sprachkenntnisse

Sofern für Sie eine schriftliche/mündliche Kommunikation in Deutsch ein MUSS-Kriterium darstellt, wird dies den Kreis der potentiellen Nearshore-Partner deutlich einschränken. Üblich ist eine Kommunikation in Englisch und hier sollten sie vorab prüfen, ob eine reibungslose Kommunikation in englischer Sprache mit ihrem zukünftigen Nearshoring-Team möglich ist. Einige Nearshoring-Anbieter verfügen über deutsche Ansprechpartner, die als übergeordnete Koordinatoren oder Account Manager fungieren. Dies ist ein großer Vorteil, gerade wenn es um übergeordnete Problemstellungen, die Regelung vertraglicher Inhalte, den Start neuer Projekte oder Eskalationen geht.

Zertifizierungen

Der Nearshore-Partner sollte zum Qualitätsnachweis über die marktüblichen Zertifizierungen für IT Service Provider verfügen. Dazu gehören mindestens die ISO 9001 im Bereich Qualitätsmanagement, die ISO 27001 im Bereich Informationssicherheit und die ISO 20000 im Bereich IT Service Management.

Referenzkunden und –projekte

Idealerweise kann der von Ihnen ausgewählte Nearshore-Partner Referenzkunden aus dem Bankensektor benennen und auch entsprechende Referenzprojekte vorweisen. Darüber hinaus wäre es sehr gut, wenn der Nearshore-Partner ihnen auch Ansprechpartner bei den Referenzkunden vermitteln kann. Sie sollten dann auf jeden Fall auch die Möglichkeit nutzen, ein direktes Feedback zum Nearshore-Partner von einem anderen Kunden einzuholen.

Alle oben genannten Informationen sollten sie über entsprechende Fragebögen erheben, die sie den potentiellen Nearshore-Partnern zusenden. Alle Fragen müssen schriftlich beantwortet und anschließend systematisch ausgewertet werden. Als Ergebnis erhalten sie eine Shortlist der in Frage kommenden Nearshore-Partner.

Der persönliche Eindruck zählt

Nachdem sie unterschiedliche Nearshoring-Unternehmen in Bezug auf die Erfüllung des technischen Anforderungsprofils geprüft und eine Shortlist erstellt haben, geht es nun um die Auswahl des für ihre Bank am besten geeigneten Nearshore-Partners. Aber welcher der verbliebenen Kandidaten auf der Shortlist passt am besten zu ihnen?

Um das herauszufinden, sollten sie sich einen persönlichen Eindruck von ihrem favorisierten Nearshoring-Unternehmen verschaffen. Besuchen Sie das Unternehmen, besichtigen sie die Büros, Technikräume und ggfs. Rechenzentren und prüfen Sie, ob in einer professionellen Arbeitsumgebung gearbeitet wird.

Sprechen sie auch mit dem Management und finden sie heraus, welchen Stellenwert die zukünftige Kooperation mit ihrer Bank für den Nearshore-Partner hat, welche Aspekte aus Sicht des Nearshore-Partners wichtig für eine reibungslose Zusammenarbeit sind und ob sie „auf einer Welle funken“.

Wie im privaten Leben kann eine dauerhafte Partnerschaft nur funktionieren, wenn man Vertrauen zueinander hat und gemeinsame Werte und Ansichten teilt. Um herauszufinden, ob dies gewährleistet ist, ist ein persönlicher Besuch vor Ort oft sehr erkenntnisreich.

Umsetzung des Nearshoring-Projektes

Sie haben nun ihren zukünftigen Nearshore-Partner ausgesucht, diesen einer ausführlichen Due Dilligence unterzogen und einen Kooperationsvertrag abgeschlossen.

Um dem Nearshore-Partner den Einstieg in die Zusammenarbeit zu erleichtern, sollten Sie alle betroffenen Bereiche innerhalb der Bank über die Kooperation informieren und dabei auch die Vorteile des Nearshoring-Modells für ihre Bank hervorheben. Führen sie insbesondere intensive Gespräche mit den IT-Mitarbeitern und machen sie ihnen klar, dass der Nearshore-Partner keine Konkurrenz zur hausinternen IT-Abteilung darstellt, sondern den IT-Mitarbeitern neue Perspektiven eröffnet und das Arbeiten in einem länderübergreifenden Team ermöglicht. Ein positives Mindset und Offenheit gegenüber dem Nearshore-Partner sind eine Voraussetzung für den gemeinsamen Erfolg!

Um die Zusammenarbeit und Kommunikation mit dem Nearshore-Partner effizient zu gestalten, sollten sie eine verantwortliche Person benennen, die für die übergreifende Koordination aller Themen und Projekte mit dem Nearshore-Partner verantwortlich ist und auch hausintern als zentraler Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Nearshoring fungiert. Analog sollte auch auf Seiten des Nearshore-Partners eine zentrale Kontaktperson benannt werden.

Um das Teambuilding zwischen hausinternem IT-Team und Nearshore-IT-Team zu fördern, empfiehlt es sich zu Beginn der Kooperation, oder dem Start des Pilotprojektes, für einen Zeitraum von ca. 1 Woche vor Ort in ihrer Bank zusammenzuarbeiten. Auch im weiteren Verlauf der Kooperation führen gegenseitige Besuche zu einer Festigung der Partnerschaft, besserem Verständnis und damit in der Regel auch zu Produktivitätssteigerungen.


Mehr Informationen finden Sie hierProfinit ist seit 1998 ein führender Anbieter in den Bereichen individuelle Softwareentwicklung, Data Management & Business Intelligence sowie Data Science & KI mit Hauptsitz in Prag und einer Niederlassung in Hamburg. Über die Lieferzentren in Tschechien und der Slowakei werden Nearshoring-Dienstleistungen für Kunden in ganz Mittel- und Westeuropa mit Schwerpunkt auf der DACH-Region erbracht – vor allem in den Sektoren Banken, Versicherungen, FinTech, Pharma, Telko und Logistik. Mehr Informationen finden sie hier.

Über den Autor

Rainer Vorwerk

Rainer Vorwerk ist als Business Development Manager bei Profinit verantwortlich für die Geschäftsentwicklung und Kundenbetreuung in der DACH-Region und leitet die deutsche Niederlassung. Der Sparkassenbetriebswirt verfügt über langjährige Erfahrung in der Finanzindustrie und war u.a. im IT-Management für die Berenberg Bank und die Warburg Bank tätig.

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