Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht hat eine neue MaRisk-Novelle veröffentlicht, die bedeutende Auswirkungen auf die Kreditvergabepraxis an Kleinst- und Kleinunternehmen hat. Eine vereinfachte Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit kann hier helfen.
Die neue MaRisk-Novelle der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf die Kreditvergabepraxis von Finanzinstituten. Besonders im Fokus steht dabei die Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit mittels vereinfachter Modelle. Diese gewinnt angesichts von regulatorischen Anforderungen und wachsendem Wettbewerb an Bedeutung. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Datenzugang und -konsistenz, um verlässliche und schnelle Kreditentscheidungen zu ermöglichen.
Die Herausforderungen der neuen MaRisk-Novelle
Die aktualisierte MaRisk richtet sich bei der Kreditgewährung in hohem Maße nach den EBA-Leitlinien für Kreditvergabe und -überwachung, was bedeutet, dass Finanzinstitute verpflichtet sind, auf der Grundlage aktueller und verlässlicher Daten einen umfassenden Überblick über die finanzielle Leistungsfähigkeit potenzieller Kreditnehmer zu gewinnen. Während die Berechnung der Kapitaldienstfähigkeit bei großen Engagements bereits gängige Praxis ist, stellen diese aufwändigen Prüfverfahren bei kleineren Risiken schnell eine wirtschaftliche und zeitliche Herausforderung für die Finanzhäuser dar.
Dies liegt daran, dass traditionelle Cashflow-basierte Jahresabschlussanalysen eine eingehende und zeitaufwändige Untersuchung der finanziellen Situation des Kreditnehmers erfordern, was aufgrund ihrer Komplexität und des damit verbundenen Zeitaufwands zusätzliche Ressourcen und somit höhere Kosten bedeuten kann. Aus diesem Grund wird es auch in Zukunft unumgänglich sein, eine vereinfachte Methode zur Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit zu nutzen, um eine zügige und effiziente Bewertung der finanziellen Leistungsfähigkeit potenzieller Kreditnehmer zu ermöglichen.
Die Vorteile von vereinfachten Modellen
Vereinfachte Modelle können erheblich dazu beitragen, die Kosten und den Zeitbedarf in nicht risikorelevanten Geschäftsbereichen deutlich zu reduzieren. Dies setzt jedoch voraus, dass angemessene Methoden und Ansätze für die Analyse und Bewertung angewandt werden. Diese sollten sich nach dem Grad des Risikos richten und könnten beispielsweise die Analyse von finanziellen Kennzahlen, den Vergleich mit Branchendurchschnittswerten, die Ableitung von Schätzungen basierend auf Cashflows oder Prognosen einschließen.
Dabei ist sicherzustellen, dass die wirtschaftliche Situation des Kreditnehmers angemessen berücksichtigt wird und dass die internen und externen Daten konsistent und leicht zugänglich sind. Vereinfachte Modelle bieten auch den Vorteil, eine schnelle und angemessene Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit während der Laufzeit eines Kredits zu ermöglichen.
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der Einsatz solcher vereinfachten Modelle nur in nicht risikorelevanten Geschäftsbereichen eines Finanzinstituts zulässig ist. Dennoch kann auch im risikorelevanten Geschäft die Analyse der Kapitaldienstfähigkeit durch die Nutzung vorhandener strukturierter Daten optimiert und die Digitalisierung vorangetrieben werden.
Zeit ist Geld
Die vereinfachte Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit ist nicht nur aus regulatorischer Sicht für Finanzinstitute von großer Bedeutung. Auch im intensiven Wettbewerbsumfeld profitieren jene, die dank effizienter Prozesse schnell Entscheidungen treffen und gleichzeitig klare Finanzierungszusagen geben können. Denn Zeit ist bekanntlich bares Geld!
Ein weiterer wichtiger Grund für den Einsatz vereinfachter Verfahren in nicht risikorelevanten Geschäften betrifft die Customer Journey. Je reibungsloser Kunden ihre Anliegen umsetzen können, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Abschlüsse. Hierzu gehören zweifellos verlässliche Kreditzusagen, die auf bereits gut strukturierten Daten basieren.
Die Daten sind bereits vorhanden
Ein wesentlicher Aspekt bei der Umsetzung ist jedoch der Zugang zu externen Daten, wie zum Beispiel Branchenbenchmarks für eine Sensitivitätsanalyse. Diese liegen den meisten Finanzinstituten oft nicht vollständig vor und müssen daher extern beschafft werden. In diesem Kontext können Dienstleister mit umfangreichen Datensätzen eine entscheidende Rolle spielen. Sie verfügen über eine umfangreiche Datenbank, die Bilanzdaten einschließlich Jahresabschlüssen, historische Wirtschaftsdaten sowie detaillierte und umfassende Informationen zu Branchen und Rating-Migrationen umfasst.
Solche Datenquellen bilden die Grundlage für statistisch aussagekräftige empirische Untersuchungen zur bilanziellen Kapitaldienstfähigkeit und somit für die Entwicklung eines vereinfachten Verfahrens zur Kapitaldienstfähigkeitsprüfung einschließlich der geforderten Sensitivitätsanalysen für die kommenden 10 Jahre. In einem intensiven Wettbewerbsumfeld zwischen den Finanzinstituten wird die Datenkonsistenz, ihre Verfügbarkeit und zuverlässige Analyseverfahren schließlich zu einem entscheidenden Trumpf.