Kein „Weiter so“ und kein „Zurück in die Vergangenheit“!

Trends und Chancen für Banken und Sparkassen durch COVID-19

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COVID-19 zwingt Banken und Sparkassen dazu, neues Terrain zu erkunden und sich intensiv mit neuen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Ein „Weiter so!“ wird es weder für das Individuum noch für die Wirtschaft oder die Politik geben.

Chancen für Banken und Sparkassen durch COVID-19

Die Corona-Pandemie bietet Banken und Sparkassen auch zahlreiche Chancen.

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Die durch die Corona-Pandemie verursachten Veränderungen haben jeden in unterschiedlicher Härte getroffen und so wurde Resilienz zu einem Unwort 2020 gewählt. Aber wir sollten nicht einfach nur widerstandsfähiger werden, sondern neue Wege wagen und nicht nur versuchen das Bestehende zu optimieren oder zu beschleunigen.

COVID-19 hat Tatsachen geschaffen. Zum einen fürchten Banken vermehrt Corona-bedingte Firmenpleiten und müssen damit rechnen, dass ihre Kredite nicht bedient werden. Zum anderen ist das Thema Digitalisierung wieder einmal und unweigerlich in den Mittelpunkt gerückt. Aber hätte sie dort nicht bereits sein sollen? Das war sie und die Pandemie war nur ein Beschleuniger, der abermals den Finger in die Wunde gelegt hat.

Kollektive Verlagerung unserer Lebenswelt

Wir haben in den letzten 12 Monaten kaum unsere Wohnungen verlassen und der Einzelhandel war fast durchgehend geschlossen bzw. nur unter Einschränkungen geöffnet. Die Menschen habe neue (Online-)Wege für ihren Konsum entdeckt und werden sehr wahrscheinlich nicht zu alten Routinen zurückkehren. Die Meldungen über sich dauerhaft verändernde Innenstädte sind somit absolut nachvollziehbar. Und auch der Zahlungsverkehr verändert sich dadurch, dass viele Käufer schnell über PayPal auschecken und die Banken als Konsequenz immer weiter vom Spielfeld gedrängt werden.

Die Nachrichten über die Schließungen von immer mehr Bank- und Sparkassenfilialen schlagen in die gleiche Kerbe. Wie bereits in anderen Blogs beschrieben, nimmt die Zahl der Vor-Ort-Termine kontinuierlich ab und die Kunden kommen nur noch für die wichtigen Termine in die Filiale. Darunter fallen Baufinanzierung und Altersvorsorge, was auch eher Einmalereignisse sind, die danach lediglich unregelmäßige Anpassungen benötigen.

Die persönliche Kundenberatung in der Filiale befindet sich in einer Abwärtsspirale, die sich immer weiter beschleunigt. Und diese Entwicklung ist keine Überraschung, da es die Banken trotz der digitalen Möglichkeiten nicht geschafft haben, ein neues Kundenerlebnis zu kreieren.

Digitalisierungslücken werden größer

Die großen deutschen Banken haben im Rahmen der Digitalisierung viel versucht um Schritt zu halten mit der Konkurrenz aus dem Ausland und den FinTechs. Aber wir sehen leider, dass die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen und die Lücken tendenziell größer werden, anstatt sich zu schließen.

Bereits vor der Pandemie standen die deutschen Banken und Sparkassen nicht gut da, aber nun scheint es, dass die Probleme bei den Privatkunden und KMU noch größer geworden sind. Und aktuell sind mögliche weitere COVID-19 bedingte Konsequenzen durch beispielsweise Kreditausfälle des Mittelstandes oder Privatinsolvenzen noch nicht abschätzbar.

„Weiter so!“ geht nicht. Und ein Zurück in die Vergangenheit wird es nicht geben.

Es bleibt weiterhin nur die Option das Digitalangebot der Banken und Sparkassen weiter auszubauen und die Transformation schneller und unbürokratischer zu gestalten. Die Filiale kann weiterhin der differenzierende Faktor im Vergleich zu reinen Onlinebanken sein, aber nur mit wirklich innovativen Konzepten, die den Weg des Kunden zur Bank rechtfertigen.

In der Vergangenheit haben die Menschen die neuen Technologien dort in ihr Leben integriert, wo sie es als sinnvoll erachtet haben. Es war ein langsamer Wandel hin zu einer immer weiter digitalisierten Gesellschaft. Stück für Stück wurden Entscheidungen getroffen um digitaler zu werden, wie beispielsweise bargeldlos beim Bäcker zu zahlen oder gewisse Produkte online zu kaufen.

Die Veränderung des bekannten täglichen Lebens in diesem sicheren Land durch COVID-19 allerdings war so brutal und so schnell, dass die Menschen Anpassungen durchführen mussten, um ihr Leben weiter leben zu können. Als sie nicht mehr ins Büro konnten, als sie ihre Familien nicht mehr besuchen konnten, als sie nicht mehr zum Sport konnten. Und hier haben wir gesehen, wie anpassungsfähig Menschen sind. Wie kreativ und mutig sie werden können, wenn es darum geht, ihr Leben an neue Situationen anzupassen. Sie haben gelernt von zuhause zu arbeiten und ihr engstes Umfeld neu zu organisieren, die Familie über Videotelefonie zu sehen oder das Yoga-Studio virtuell ins eigene Wohnzimmer zu holen. Millionen Menschen habe eine Corona-Warn-App heruntergeladen, die in wenigen Wochen entwickelt wurde. Die Fehler hatte und die bis heute kontrovers diskutiert wurde. Aber sie war schnell da und hat Sicherheit und Vertrauen generiert.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Banken und Sparkassen von dieser Entwicklung lernen können und ihr Entwicklungsmodell weiter anpassen sollten. Noch mehr Ideen ausprobieren, Sprinten anstatt Marathon laufen. Hinfallen, aufstehen, lernen und weitersprinten und dadurch Innovationsvorsprünge aufbauen.

Und wie sieht so etwas in der Praxis aus?

Die Linien zwischen den Anbietern und Nutzern von Services verschwimmen. Jeder will aktuell bessere Lösungen und versucht sich einzubringen. Für diese neue Art der Kollaboration müssen Plattformen geschaffen werden. Dies kann eine große Chance für eine kleine Revolution bei Banken und Sparkassen sein.

Die Grundidee ist, alle Interessierten, wozu Kunden und mögliche Partner zählen, zu Co-Kreatoren zu machen. Die Einbindung der Kunden in die Produktentwicklung hat sich bereits nachhaltig verändert. Durch COVID-19 sollten das Denken und die Wünsche der Kunden aber nochmal komplett neu aufgenommen und verstanden werden. Die Veränderungen müssen detailliert analysiert werden, da eine Rückkehr zur alten Normalität sehr wahrscheinlich nicht stattfinden wird. Schauen sie sich an, wie die besten Unternehmen am Markt User Research betreiben und die Kunden in die Entwicklung (Co-Kreation) und die Kommunikation der Services und Produkte einbinden.

Hierbei sollte ein besonderes Augenmerk auf eine neue physisch-digitale Nutzererfahrung gelegt werden. Ein sehr großer Anteil der Bevölkerung hat innerhalb des letzten Jahres umfassende Erfahrungen mit Videotelefonie gewonnen. Nutzen sie diese Veränderung und definieren darauf die Kundenbetreuung ohne die bekannten Silos neu.

Bereits in den letzten Jahren wurden verschiedenste Hubs und Labs gegründet und in Teilen wieder geschlossen. Die Idee war meines Erachtens genau richtig, da hier überwiegend branchenfremde Personen aufgefordert sind, neue Services für Banken und Sparkassen zu schaffen. Leider haben hier Sprachprobleme, unterschiedliche Vorgehensmodelle und Erwartungshaltungen die guten Ansätze zerstört. Geben sie diesem Ansatz gerade heute eine zweite (oder auch erste) Chance. Lassen sie Menschen an Lösungen arbeiten, die noch nicht wissen, dass es nicht geht. Bringen sie sie mit ihren Experten zusammen und lassen sie dieses explosive Duo auf gemeinsamen Plattformen co-kreativ Lösungen entwickeln und testen sie diese täglich mit Kunden. Bringen sie sie so schnell wie möglich an den Markt und verbessern sie dann, was nicht gefällt. Nutzen sie die Chance, eine offene und agile Umgebung zu schaffen. Diese Nähe wird sich auszahlen, wenn sie die Herausforderung richtig angehen.

Über den Autor

Matthias Wellin

Matthias Wellin ist bei Accenture Song Group Director für Strategy und New Business verantwortlich. Der gelernte Bankkaufmann und Diplom-Volkswirt war davor lange als Strategieberater sowie als Manager in Banken tätig. Matthias Wellin beschreibt sich selbst als neugierig und sein Herz schlägt für Innovationen.

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