Morgen tagt wieder der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Geldpolitik. Finanzexperten erwarten jedoch keine Änderung der aktuellen Zinspolitik. Die Kritik an den niedrigen Zinsen hält jedoch an.
Im Bankenbrief informiert der Bundeverband Deutscher Banken jeden Tag über aktuelle News und Ereignisse aus der Finanz- und Bankenwelt.
Heute steht das folgende Thema im Blickpunkt:
Experten: EZB wird Geldpolitik nicht ändern
Ökonomen erwarten von der morgigen Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) keine Änderung der Geldpolitik. Als ein Grund wurde die Präsidentschaftswahl in Frankreich genannt. „Es ist hochgradig unwahrscheinlich, dass die EZB irgendetwas unternimmt, was die Markterwartungen zwischen der ersten und der zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen beeinflussen könnte“, sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-DiBa. Die Franzosen entscheiden am 7. Mai, ob der europafreundliche Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron oder Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National in den Élysée-Palast einziehen wird. Jörg Krämer, Chefökonom der Commerzbank, lobte die Rolle der Geldpolitik Mario Draghis vor dem Hintergrund des Erstarkens von Populisten in Europa. Die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone werde populistische Parteien ausbremsen, der Aufschwung sei „aber nicht ausreichend, um sie wieder verschwinden zu lassen“, sagte er in einem heute veröffentlichten Interview. Draghi selbst hatte vor kurzem die EZB-Geldpolitik als „sozial progressiv“ bezeichnet, da sie Konsum, Investitionen und Jobs fördere. Stefan Pichler, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), kritisierte hingegen eine Folge der Niedrigzinspolitik der Notenbank. „Jene Banken, die sich stark durch Bankeinlagen finanzieren, beginnen jetzt, besonders riskante Kredite zu vergeben“, sagte er in einem Interview. Sie hätten ansonsten keine andere Chance mehr, Erträge zu erzielen.
Weitere Meldungen des Tages
Das war heute ebenfalls von Bedeutung:
Kemmer fordert Teilfreistellung von Negativzinsen
Icon Top News Der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Michael Kemmer, hat Erleichterungen für Banken wegen der Belastungen durch Negativzinsen gefordert. Um die „Kollateralschäden der negativen Notenbankzinsen zumindest teilweise zu begrenzen, wäre es sinnvoll, die Überschussliquidität der Banken bei der EZB in einem bestimmten Umfang von den Negativzinsen freizustellen“, schrieb er in einem heute veröffentlichten Gastbeitrag. Kemmer verwies auf die Bank of Japan (BOJ) und die Schweizerische Nationalbank (SNB). Beide nutzen dieses Instrument bereits seit längerem.
Zypries erhöht Wachstumsprognose für deutsche Wirtschaft
Die Bundesregierung hat heute ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland angehoben. Für das laufende Jahr werde sie von 1,4 auf 1,5 Prozent erhöht, hieß es. „Die deutsche Wirtschaft wächst solide“, sagte Ressortchefin Brigitte Zypries. „Und dies trotz eines globalen Umfelds, das sich durch Unwägbarkeiten auszeichnet.“ Für 2016 erwartet Zypries weiterhin ein Plus von 1,6 Prozent.
Staatsanleihen in Bankbilanzen: Baseler Ausschuss will Reform
Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat das Thema „Regulatorische Behandlung von Staatsanleihen in Bankbilanzen“ auf seine Agenda für dieses und nächstes Jahr gesetzt. Das geht aus dem jetzt veröffentlichten Arbeitsprogramm des Gremiums hervor. Vor allem das deutsche Finanzministerium und die Bundesbank hatten in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, dass Banken Anleihen von Eurostaaten nicht mit Eigenkapital unterlegen oder die sogenannte Großkreditregel anwenden müssen.
Banken suchen Büros in Frankfurt
Angesichts des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) gehen dort beheimatete Geldinstitute verstärkt auf Bürosuche in Frankfurt. „Im vergangenen Jahr ist nichts passiert, aber das hat sich im ersten Quartal dieses Jahres grundlegend geändert“, sagte Carsten Ape von der Immobilienagentur CBRE in einem heute veröffentlichten Interview. „Banken schauen sich inzwischen sehr ernsthaft besondere Standorte an.“ Jürgen Schmid, Director Investment beim Immobilienmakler Savills, geht davon aus, dass nicht genügend Büroräume für alle Interessierten vorhanden seien.
Meldungen aus einzelnen Bankinstituten
Zu einzelnen Banken und Finanzinstituten gab es heute folgende Meldungen:
- Comdirect steigert Vorsteuergewinn um 16 Prozent
- Matherat: Deutsche Bank könnte 4.000 Stellen wegen Brexit verlagern
- Credit Suisse kündigt Kapitalerhöhung an
- Santander verbucht Gewinn von 1,87 Milliarden Euro
- Standard Chartered übertrifft Erwartungen
Was am Donnerstag wichtig wird
Am Donnerstag stehen u.a. folgende Themen auf der Finanz-Agenda:
- In Frankfurt entscheidet der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) über die künftige Geldpolitik der Notenbank.
- Die Deutsche Bank veröffentlicht ihre Geschäftszahlen für das erste Quartal 2017.
- Die Commerzbank stellt eine Studie zum Umbruch im Mittelstand vor. Ein Ergebnis: In fünf Jahren werden zwei Drittel der Unternehmen eine neue Führungsspitze haben.