Banken und Sparkassen reden seit Jahrzehnten über Cross Selling. Internetunternehmen wie Amazon hingegen praktizieren es erfolgreich. Um etwas zu ändern, müssen Finanzinstitute mehr aus ihren Daten machen.
Schaut man sich auf Amazon ein Produkt an, erhält man nicht nur Hinweise darauf, welche anderen Produkte interessant(er) sein könnten sondern auch darauf, welche zusätzlich (ergänzend) sinnvollerweise gleich miterworben werden sollten, sofern man sich zum Kauf entschließt. In der Fachsprache heißt das „Bundeling“ und „Cross Selling“. Zahlreiche andere Anbieter versuchen, dieses System zu kopieren. So bieten z.B. Fluggesellschaften bei der Buchung Unterkünfte, Weitertransport und Reiserücktrittversicherungen an.
Von vielen Internetshops erhält man im Anschluss an einen Kauf Hinweise und Werbebotschaften per E-Mail. Sofern diese nicht nur generisch sind, sondern sich an der Einkaufshistorie und weiteren persönlichen Bedarfshinweisen orientieren, können sie sehr nützlich sein und das Einkaufserlebnis für den Kunden sehr einfach und angenehm gestalten.
Auf die Datenanalyse kommt es an
Dahinter stecken ausgeklügelte Datenanalysetools, die nicht nur Unternehmen mehr Ertrag sondern auch Kunden mehr Service und eine hohe Customer Experience bieten.
Aus Banken und Sparkassen höre ich zwar schon seit Jahren mit neidvollen Block auf Amazon, dass man so etwas auch bräuchte. Dennoch erhalte ich von einer Bank seit Jahren im Frühjahr immer den gleichen obligatorischen Werbebrief, ich möge doch ob der günstigen Zinsen einen Konsumentenkredit aufnehmen. Dafür erhalte ich von einer anderen Bank überhaupt keine Werbung.
Erstaunlich, denn basierend auf den Daten, welche die Institute über ihre Kunden und deren Zahlungs- und Produkthistorie haben, sollten sie ihre Kunden eigentlich gut genug kennen, um sinnvolle und zum Bedarf passende Produkte und Dienstleistungen kombiniert mit einem guten Kundenerlebnis anbieten zu können.
Wissen und Tun sind allerdings zwei verschiedene Dinge, besonders wenn es um einen sensiblen Bereich wie Retail Banking geht.
Woran es bei Banken hapert
Dass dies bei Banken und Sparkassen nicht klappt, hat im Wesentlichen die folgenden Gründe:
- Sie warten darauf, dass Kunde zu ihnen kommen und sich für Produkte und Dienstleistungen interessieren.
- Der größte Teil des Follow-up mit Kunden erfolgt über allgemeine Anrufe (Cold Calls) und generische Werbekommunikation.
- Eine sinnvolle Kundendatenanalyse wird nicht durchgeführt, und Kundenbedarf und -Anforderungen können so nicht vorhergesehen werden.
- Kundenspezifischer Service steckt nach wie vor in den Kinderschuhen oder/und ist auf Premium-Kunden beschränkt.
Den Kunden wirklich kennen
Wenn eine Bank sich wirklich als Problemlöser für ihre Kunden positionieren möchte, muss sie Kunden zu einem Teil ihres eigenen Alltags machen.
Einige Ideen gefällig?
- Banken sollten die nächsten Ausgaben ihrer Kunden vorhersehen. Hat z.B. ein Kunde seine Bank- oder Kreditkarte für eine Flugticketbuchung verwendet, könnte man ihn auf notwendige Versicherungen, mögliche Unterkünfte, Restaurants sowie Filialen und Geldautomaten an seinem Zielort hinweisen.
- Um proaktiv sinnvolle Lösungen anzubieten, muss man wissen und verstehen, in welcher Lebensphase sich die Kunden befinden. Hochzeit, Umzug, Wechsel des Arbeitsplatzes, Ausbildung etc. sind Dinge, die im Kundenkreis häufig vorkommen und aus denen sich mühelos entsprechende Bedarfsmuster ermitteln ließen. Banken sollten in der Lage sein, aus derartigen Ereignissen die nächsten Geld- und Finanzbedürfnisse ihrer Kunden vorherzusehen und pro-aktiv entsprechende Lösungen anbieten.
- Maßgeschneiderte Lösungen und Produkte können aber auch durch die Kooperation mit verschiedenen E-Commerce-Anbietern entstehen. Angefangen bei der Versorgung mit Strom, Gas und Wasser über das Auto, die Reparatur eines Eigenheims tun sich hier viele interessante Möglichkeiten auf.
Finanzinstitute könnten so sicherstellen, dass Kunden sich umsorgt fühlen und dabei merken dass ihre Bank versteht, was sie brauchen und wollen. So verstanden wird „Den Kunden kennen“ nicht zu einem Compliance-Thema sondern zu einer strategischen Vertriebschance.