KI braucht Erwartungsmanagement und Mindset

Künstliche Intelligenz und digitale Transformation im Banking

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Von der Mustererkennung bis zur Robotik – die Praxis der Künstlichen Intelligenz besteht heute größtenteils in Anwendungen Maschinellen Lernens. Ihre erfolgreiche Nutzung braucht den klaren Blick auf das Mögliche und ein unterstützendes Transformationsmanagement.

Künstliche Intelligenz und digitale Transformation im Banking

Von der Mustererkennung bis zur Robotik – die Praxis der Künstlichen Intelligenz besteht heute größtenteils in Anwendungen Maschinellen Lernens.

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Künstliche Intelligenz (KI) oder auch Artificial Intelligence (AI): Es gibt wohl kaum einen Begriff im globalen Business, der mehr Fantasie weckt und dem ein größeres Maß an Disruption zugetraut wird. Manche halten KI sogar für die wichtigste Erfindung der Menschheit. Diese Einschätzung resultiert wahrscheinlich aus der Vision der sogenannten starken KI – einer KI, die irgendwann die gesamten kognitiven Fähigkeiten des Menschen in Rechenoperationen abbilden können soll.

Noch ist es aber nicht soweit. Noch bewegen wir uns auf der Ebene der sogenannten schwachen KI. Sie ist lediglich dazu in der Lage, eine spezifische Aufgabe eigenständig zu erfüllen. Moderne Anwendungen der Künstlichen Intelligenz benutzen für das Erlernen solcher Aufgaben Methoden des Maschinellen Lernens. Das Wissen oder das Verständnis, das die KI benötigt, um intelligentes Verhalten zu zeigen, wird dabei durch das Analysieren von Daten gewonnen.

KI ist heute Maschinelles Lernen

Was den Grad der Intelligenz, also den Grad des selbständigen Agierens in unseren Systemen angeht, sind wir mit dem Maschinellen Lernen zwar schon Meilen entfernt vom harten Codieren früherer Tage. Und auch das Maschinelle Lernen selbst hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. Die Fortschritte kommen dabei aus drei Bereichen: Aus immer besseren Algorithmen wie beispielsweise den Transformern bei der Sprachverarbeitung; Zweitens aus besseren Daten. So wurden große Verbesserungen im Bereich der Bilderkennung oft durch umfangreichere Datensätzen erreicht. Und nicht zuletzt aus einer immer leistungsfähigeren und günstigeren Hardware.

Die unterschiedlichen Modelle des Maschinellen Lernens differenzieren sich hauptsächlich hinsichtlich der Komplexität der Zusammenhänge, die aus den Daten gewonnen werden können. Bekanntgeworden sind hier insbesondere die Ansätze des Deep Learnings, wie beispielsweise Generative Adversarial Networks (GANs), die auf dem Einsatz großer neuronaler Netze basieren. Aber wir sind trotz aller Fortschritte noch nicht bei einer starken KI, die sich selbstständig wie der menschliche Verstand an neu auftretende Situationen anpassen und damit einhergehende Aufgaben lösen kann. Mit anderen Worten: Wenn wir heute über die Praxis der künstlichen Intelligenz reden, dann reden wir über die heutigen Möglichkeiten Maschinellen Lernens. Wohlwissend, dass das Potenzial unendlich viel größer ist. Unsere Erwartungen an KI müssen sich diesem Umstand anpassen.

Spezifische Algorithmen für spezifische Lösungen

KI auf Basis von Maschinellem Lernen heißt, dass Entscheidungen oder Vorhersagen automatisch von einem System getroffen werden, das seine Aufgabe durch Analysieren von Daten gelernt hat und auf Basis bestimmter Lernkonzepte immer weiter lernt. Er tut dies immer für eine spezifische Aufgabe und die dabei zurückgelegte Lernkurve ist nicht ohne weiteres übertragbar.

Selbst die besten Anwendungen im Bereich der Sprach- oder Bildverarbeitung versagen völlig, sobald sie eine andere Aufgabe ausführen sollen als die, für die sie entwickelt wurden. Ein Chatbot, der auf Kundenanfragen reagiert, ist aus technischer Sicht völlig getrennt von einer Anwendung, die Betrugsrisiken vorhersagt. Unterschiedliche KI-Dienste werden unabhängig voneinander erdacht, entwickelt und betrieben.

KI als Werttreiber

Aber bereits in ihren jetzigen Formen kann KI die Funktion eines Werttreibers übernehmen. Einer aktuellen McKinsey-Untersuchung zufolge wird ihr Einsatz von den Unternehmen jeweils vor allem am Schwerpunkt ihrer Wertschöpfung vorangetrieben: Physische Robotik in der verarbeitenden Industrie, Big Data sowie Text- und Sprach-Processing dort, wo die Wertschöpfung eher am Kunden stattfindet. Und alle Industrien setzen sie bevorzugt dort ein, wo es um den Ersatz einfacher manueller Tätigkeiten geht.

Im Bereich Finance reichen die Use Cases des Maschinellen Lernens von der Kostenersparnis durch die Automatisierung repetitiver Tätigkeiten über die Erhöhung der Customer Experience durch smarte, digitale Services bis hin zu komplexen Anwendungen wie beispielsweise bei der Betrugsprävention im Retail-Zahlungsverkehr oder der Geldwäschebekämpfung, wo gegeneinander laufende neuronale Netze die Treffsicherheit der Systeme optimieren.

Im Bereich des Payments experimentieren derzeit chinesische Firmen mit einem Bilderkennungsansatz, bei dem das Gesicht des Kunden am Ladeneingang gescannt und beim Verlassen mit den Zahlungsdaten des Einkaufs verknüpft wird. Ob man eine solche Lösung allerdings will, ist eine ganz andere Frage.

Step by Step

So oder so: Der Einsatz von KI wird zunehmen. Laut einer Accenture-Studie sind 74 Prozent der Bankmanager überzeugt, dass sich ihre Branche durch den Einsatz intelligenter Technologien vollständig verändern wird. Wir stehen also vor einer gigantischen Transformation und damit vor Richtungsentscheidungen:

  • Mit welcher neuen Technik müssen wir unsere IT ausstatten?
  • Wie organisieren wir in Zukunft unsere Daten?
  • Wie setzen wir rechenintensive Lernalgorithmen ein, ohne den Betrieb unserer geschäftskritischen Anwendungen zu stören?
  • Wie gehen wir damit um, dass der Einsatz von Chatbots die Kommunikation mit dem Kunden völlig verändert?
  • Und vor allem: Wie werden wir gemeinsam mit einer Künstlichen Intelligenz Aufgaben bearbeiten?

Künstliche Intelligenz ist kein zentrales System, das auf einem Server läuft und eigenständig Verantwortung für Aufgaben übernimmt. Vielmehr werden viele kleine Teilsysteme eingesetzt, die zwar auch von immer größeren Datenmengen profitieren, vor allem aber durch zunehmende Erfahrung der damit befassten Menschen. Es ist daher wichtig, früh viele kleine Schritte zu gehen, anstatt auf den großen Sprung zu warten. Trends wie Agile Softwareentwicklung und das Bereitstellen von Microservices werden die Entwicklung neuer Anwendungen und ihre Integration in das Gesamtsystem beschleunigen.

Allerdings: Wer jetzt seine IT-Abteilung Sprint um Sprint neue KI getriebene Anwendungen entwickeln lässt, sollte einen zentralen Punkt nicht vergessen: Große Herausforderungen bei der Umsetzung von KI-Anwendungen liegen nicht nur in der IT-Abteilung, nicht nur bei der Arbeit mit Daten und Algorithmen, sondern vor allem auch bei der Änderung des Mindsets im ganzen Unternehmen.

Raus aus IT, mit KI

Das Thema Künstliche Intelligenz darf daher auch kein reines Thema der IT-Abteilung sein. Die IT kann nicht abschätzen, welche Prozesse wichtig zu automatisieren wären, welche intelligenten Anwendungen die Marketing Abteilung unterstützen würde und welche Prognosen zu besseren Risikoabschätzungen führen würden. Es reicht auch nicht, dass eine Anwendung, die das Risk Management unterstützen soll, von der IT-Abteilung akzeptiert und geschätzt wird.

Neben der technologischen Transformation ist eine große Aufgabe die Transformation im Denken der Mitarbeiter. Neue Produkte werden nicht von einer Künstlichen Intelligenz kreiert, sondern von Mitarbeitern, die digitale Produkte und deren Potenziale durch den Einsatz von KI verstehen. Mitarbeiter werden die Dienste der KI in ihrer täglichen Arbeit auch nur dann als Unterstützung wahrnehmen und akzeptieren, wenn sie sich einen Eindruck von deren Fähigkeiten und Grenzen machen konnten.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist eine Mentalität, kein Ereignis oder abschließbares Projekt. Neue KI-Anwendungen entstehen nicht in Form von Geistesblitzen, sondern weil Mitarbeitern das Potenzial Künstlicher Intelligenz bewusst ist und die Organisation durchlässig und aufnahmebereit ist.


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Über den Autor

Carlos Gómez-Sáez

Carlos Gómez-Sáez verantwortet als Vorsitzender der Geschäftsführung von VR Payment die strategische Ausrichtung und Weiterentwicklung des Zahlungsspezialisten der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Finanz- und Paymentbranche ist er ausgewiesener Experte für den bargeldlosen Zahlungsverkehr und die Entwicklung neuer, innovativer Payment-Lösungen für den deutschen Markt.

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