Um die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft durchzusetzen, muss der Druck zum Handeln von den Finanzmärkten kommen. Davon sind viele Topmanager überzeugt. Doch ausgerechnet die Banken zeigen der Nachhaltigkeit die kalte Schulter – bis auf ein einziges Institut.
„Setzen, sechs!“, würde es in der Schule heißen, wenn es um die Nachhaltigkeitsreputation von Banken in Deutschland geht. Das Bild ist derart frappierend, dass man ernsthafte Zweifel haben muss, ob die Kreditinstitute wirklich mit Überzeugung nachhaltig sein wollen. Es hat eher den Eindruck, dass die Nachhaltigkeit eine notwendige Bürde ist. Da gibt es öffentliche Erwartungshaltungen und regulatorische Anforderungen, die bestmöglich erfüllt werden. Und wenn man schon mal dieses notwendige Übel bedient, nutzen es die Institute auch für das bisschen Kommunikation, die mit diesen homöopathischen Maßnahmen möglich sind.
Angesichts dieser Analyse mag sich nun so mancher Bankmanager ungerecht behandelt vorkommen, insbesondere von der KfW. Denn die KfW ist der einige „Streber“ – um im Bild der Schulklasse zu bleiben. Sie hat allerdings auch eine überaus günstige Ausgangssituation mit den zahlreichen Förderprogrammen, die bundesweit Impulse in der Nachhaltigkeit setzen sollen. Es wäre unfair, die KfW als Maßstab für alle anderen Banken zu nehmen. Aber: Die ganz große Mehrheit der anderen Häuser schafft es noch nicht einmal, nur ein Zehntel (!) der Sichtbarkeit in der Nachhaltigkeit zu erzeugen wie die Frankfurter Förderbank. Ein Blick in die Zahlen zeigt sogar, dass sich eine ganze Reihe von Instituten fast auf Nullniveau wegduckt.
Wenn sich das Weltenretten nicht lohnt, verzichten wir höflich
Da hilft es auch nicht mehr, leidenschaftlich zu beteuern, dass die Finanzbranche ganz furchtbar engagiert ist in den ESG-Disziplinen. Dass sich nur niemand so richtig dafür interessiert. Dass man Probleme hat, mit seinem Engagement Sichtbarkeit zu erzeugen. Dass sich die Öffentlichkeit eher für Skandale aus der Bankbranche interessiert als für vorbildliches Engagement. Nein, lassen Sie uns ehrlich sein. In den allermeisten deutschen Kreditinstituten ist Nachhaltigkeit eine lästige Pflicht. Die wird sorgsam erfüllt. Mehr aber bitte nicht. Wenn sich das Weltenretten nicht lohnt, verzichten wir höflich.
Dies führt zur unweigerlichen Diskussion, was der Beitrag von Banken für die Gesellschaft sein muss. Inwieweit Unternehmen einen Beitrag zum Wohlergehen des Staates leisten müssen – über das Schaffen von Arbeitsplätzen und das Zahlen von Steuern hinaus. Wer sich vor wenigen Jahren hat retten lassen, muss sich diese Frage erst recht stellen lassen, auch wenn sie unbequem ist.
Doch auch aus egoistischen Motiven sollte sich die Branche diese Frage stellen. Die Institute haben nach der Finanzkrise durch das drastische Anziehen der Regulatorik sehr deutlich gespürt, was es bedeutet, wenn die „Licence to operate“ von Öffentlichkeit und Politik entzogen wird. Geldgeschäfte werden immer misstrauisch beäugt, und sie brauchen die gesellschaftliche Zustimmung. Ohne „Licence to operate“ werden wir eine weitere Regulierung mit damit einhergehender Verteuerung der Bankprozesse erleben. Das führt zu fortwährender Margenerosion. Schon heute leben Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer fürstlich davon, die Institute beim Umsetzen der Regulatorik zu beraten. Soll das noch schlimmer werden?
Zipperlein in der gesellschaftlichen Akzeptanz sind wie gelegentlicher Druck im Brustkorb – wer nicht hinhört, riskiert den Herzinfarkt
Nachhaltigkeit verdient nicht so schnell Geld wie die Trader. Nachhaltigkeit befeuert nicht so schön den Aktienkurs wie ein toller Deal, der am Markt verkündet wird. Aber Nachhaltigkeit führt – richtig gemacht – dazu, dass die Gesellschaft den Banken zubilligt, Geldgeschäfte zu machen und daran zu verdienen. Weil die Gesellschaft im Gegenzug daran partizipiert.
Dieser Appell mag in Vorstandsetagen unmodern wirken. Es ist aber schlicht eine wesentliche Existenzberechtigung von Banken. Das können Topmanager eine Zeitlang ignorieren. Doch Zipperlein in der gesellschaftlichen Akzeptanz sind wie gelegentlicher Druck im Brustkorb – wer nicht hinhört, riskiert den Herzinfarkt.
Details zur Studie „Reputationsbilanz Banken 2023“
Für die Studie „Reputationsbilanz Banken 2023“ hat das IMWF mehr als 340.000 Aussagen zu den 25 größten Kreditinstituten Deutschlands aus dem Jahr 2023 in Nachrichtenportalen und Social Media mit Hilfe von künstlicher Intelligenz analysiert. Damit dürfte die Studie die größte Reputationsanalyse für Banken 2023 sein. Interessierten stellt das IMWF den Berichtsband der Studie gerne zur Verfügung (info@IMWF.de).