Wie eine Kreissparkasse ESG-Risikomanagement umsetzt

Herausforderungen von Nachhaltigkeit meistern

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Nachhaltigkeitsmanagement ist bei Kreditinstituten und der Realwirtschaft in aller Munde. Am Beispiel einer Sparkasse wird gezeigt, wie eine pragmatische und aufsichtsrechtliche konforme bzw. wirksame Umsetzung von ESG-Risikomanagement aussehen kann.

Der ESG-Marathon für Banken hat begonnen

Die Herausforderungen bei der Umsetzung eines nachhaltigen Geschäftsmodells werden wie bei einem Marathon nur mit Ausdauer und einer klaren Strategie zu meistern sein.

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ESG-Risikomanagement in die Praxis umzusetzen unter den neuen Anforderungen der 7. MaRisk-Novelle ist eine vermutlich nie endende Daueraufgabe ähnlich wie bei allen anderen aufsichtsrechtlichen Anforderungen auch. Darüber hinaus spielen neben dem Risikomanagement zunehmend auch Fragen im Hinblick auf die Finanzierung der Wirtschaft zur Bewältigung des enormen Kapitalbedarfs der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft eine immer wichtigere Rolle.

Da beide Aspekte enorme Herausforderungen bedeuten, deren Lösungen sich auch erst in den nächsten Jahren herauskristallisieren werden, kann schon jetzt von den ersten Schritten eines Marathons gesprochen werden. Ähnlich wie bei einem Marathon sind eine gute Vorbereitung, Ausdauer und Durchhaltewillen entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung.

Wie kann Sustainable Finance umgesetzt werden

„Warum“ Sustainable Finance umgesetzt werden soll, dazu besteht sowohl in der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft als auch bei Banken und Sparkassen weitestgehend uneingeschränkter Konsens. Kritischer steht es um die Frage nach dem „wie“. Der Beantwortung dieser Frage zur Integration von Nachhaltigkeit in Finanzinstituten seien jedoch zwei entscheidende Fragen vorangestellt: Wo kommen wir her und wo wollen wir hin?

Diese Fragen stellt sich auch die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg mit Sitz in Mölln (Schleswig-Holstein). Sie beobachtet schon seit Längerem die steigenden aufsichtsrechtlichen und gesellschaftlichen Anforderungen rund um Nachhaltigkeit, hat zu dem Thema jüngst ein Projekt initiiert, um vor die sprichwörtliche regulatorische Welle zu kommen.

Das gesellschaftliche bzw. politische Zielbild steht!

Der ESG-Marathon bringt eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich (z.B. IT, Qualifikation, Prozesse), im Hinblick auf die verschiedenen Stakeholder, aber auch in Bezug auf das Zielbild.

Da ist zum einen eine Wirtschaft, die weitgehend auf die Emission von klimaschädlichem CO2 verzichten will. Wie auf der Pariser Klimakonferenz 2015 formuliert, geht es um die Begrenzung der Erderwärmung um 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Um dieses durchschnittliche globale Ziel zu erreichen gilt es u.a. auf die Verbrennung fossiler Energieträger zugunsten des Einsatzes erneuerbarer Energien (z.B. Solar- und Windenergie) zu verzichten.

Auf der anderen Seite stehen Chancen, die für Banken und Sparkassen mit der Transformation verbunden sind. Sowohl Bestands- als auch Neukunden werden über grüne Kredite finanziert, aber auch die Geldanlage erfolgt unter der Berücksichtigung von nachhaltigen Kriterien. Hier stehen insbesondere die Banken und Sparkassen in der Verantwortung die Kunden bei ihrem individuellen Weg zu begleiten.

Natürlich spielen KPI wie Zinsmargen bzw. Margenbarwerte ergänzt um weitere Kennzahlen wie beispielsweise die Green Asset Ratio (GAR) eine wichtige Rolle nicht nur bei der internen Berichterstattung, sondern auch im Rahmen der vielfältigen Offenlegungspflichten (z.B. CSRD bzw. ESRS). Insbesondere durch die Integration in die Lageberichterstattung im Rahmen des Jahresabschlusses sieht man sehr deutlich die steigende Bedeutung des Themas – nicht nur bei Banken und Sparkassen.

Nachhaltigkeitsberichterstattung – nicht mehr Ziel, sondern Zweck!

Zunächst als Reaktion auf die steigenden Offenlegungspflichten, die sich aus dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) ergaben, begann die Kreissparkasse bereits mit dem Berichtsjahr 2017 jährlich eine nichtfinanzielle Erklärung zu erstellen. Im gleichen Zuge hielt Nachhaltigkeit erstmals auch in der Geschäftsstrategie des Instituts Einzug mit dem erklärten Ziel, das Thema sowohl organisatorisch als auch personell künftig weiter zu verankern, um den gesetzlichen Anforderungen aber auch dem eigenen Anspruchsniveau bzw. Zielbild Rechnung zu tragen. In der Folge wurde eine Nachhaltigkeitsmanagerin ernannt, deren Tätigkeit auch heute noch im Vorstandsstab angesiedelt ist, und der fortan unter Einbindung zahlreicher Stabs- und Fachabteilungen die Verantwortung für die Erstellung der nichtfinanziellen Erklärung oblag.

CSRD sensibilisiert für Nachhaltigkeit

Mit der angekündigten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und insbesondere der Aufnahme von ESG-Risiken in die 7.MaRisk-Novelle hat das Thema Nachhaltigkeit jetzt aber noch einmal neuen und vor allem kräftigen Aufwind bekommen – sowohl auf Vorstandsebene, aber natürlich auch auf Ebene der Führungs- und Fachkräfte. Abwarten und reagieren, wann die nächste regulatorische Welle kommt, fühlt sich an wie ein Sprint, für den man sich genauso vorbereiten muss wie für einen Marathon. Es ist ein Themenfeld bei dem man vorher nicht wirklich Zeit hatte zu trainieren. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, soll in der Kreissparkasse künftig vorausschauendes und proaktives Handeln im Fokus stehen. Damit ist auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht mehr das Ziel, sondern dient lediglich dem Zweck, einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsmanagement Ausdruck zu verleihen.

Nachhaltigkeit ist „Teamsport“

Ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement betrifft – das zeigte bereits die Erfahrung der Kreissparkasse in der Erstellung der nichtfinanziellen Erklärung – fast alle Bereiche eines Finanzinstitutes. Unter externer Begleitung erarbeitete sie daher in mehreren Workshops ein gemeinsames Verständnis und Vorgehen für die systematische Integration von Nachhaltigkeit. Vorstand, Führungskräfte und Nachhaltigkeitsmanagerin glichen beim Auftakt Motivation, Kenntnisse und Erwartungen in Bezug auf Nachhaltigkeit ab.

Gemeinsam ordneten alle Beteiligten den Status Quo der Kreissparkasse auf einer Skala von „Einzelne Maßnahmen zur Nachhaltigkeit“ bis „Spezialisierte Nachhaltigkeitsbank“ ein und formulierten anhand derselben Skala ein grobes Zielniveau für das Gesamthaus, das deutlich über einzelne Maßnahmen hinaus geht und dem Anspruch einer durchgängigen Systematik in Bezug auf Nachhaltigkeit über alle Bereiche der Kreissparkasse hinweg gerecht wird. In weiteren Workshops sollten die Ziele und zugehörigen Kennzahlen (KPI) bzw. die daraus abgeleiteten konkreten Maßnahmen für die verschiedenen Geschäftsbereiche detailliert werden.

Handlungsfelder zur Nachhaltigkeit identifizieren

Jeder Geschäftsbereich der Kreissparkasse war bereits an der einen oder anderen Stelle mit dem Thema Nachhaltigkeit in Berührung gekommen. Jetzt galt es, lose Enden aufzudecken und die Fäden zusammenzuführen. Zudem musste herausgefunden werden,

  • welche Handlungsfelder auf Basis der Regulatorik priorisiert werden sollten (z.B. Risikomanagement,
  • wo die Anforderungen aufgrund der Komplexität zunächst einmal auf „MUSS“, „SOLL“ und „KANN“ heruntergebrochen wurden) und
  • an welchen Stellen das Thema Nachhaltigkeit andererseits bereits positiv besetzt ist und sich leicht Quick Wins erzielen lassen.

Letzteres war z.B. im Depot A der fall, bei dem ESG Daten verhältnismäßig leicht zu beschaffen waren und sich ein ESG Score für das Portfolio der Kreissparkasse ermitteln ließ, auf dessen Basis dann ein Zielwert bestimmt werden konnte.

Die wiederholte Einbindung des Vorstands in die Workshops, stellte sicher, dass die Nachhaltigkeitsziele und Ambitionsniveaus der einzelnen Geschäftsbereiche mit denen für das Gesamthaus in Einklang stehen würden.

Daten als wichtig Voraussetzung für Nachhaltigkeit

Neben der allgemeinen Komplexität und Vielschichtigkeit des Themas stellte die Verfügbarkeit von Daten eine weitere Herausforderung dar. Die Festlegung von Zielen sollte eng mit der Identifikation von Kennzahlen verknüpft werden, um entsprechende Fortschritte bei der wirksamen Umsetzung von Nachhaltigkeit messen zu können. In den meisten Geschäftsbereichen fehlen aber bis heute geeignete Daten für die Ermittlung und Steuerung von Nachhaltigkeits-Kennzahlen, sodass die Datensammlung und der Aufbau einer Dateninfrastruktur zunächst zum Etappenziel erklärt worden ist.

Beispielsweise wurde diskutiert, welche der bereits abgefragten Informationen im Kundenberatungsprozess mit Nachhaltigkeitsrisiken in Zusammenhang stehen könnten und welche Felder zukünftig zusätzlich befüllt bzw. beim Kunden erfragt werden müssen. Für die Bestimmung eines ESG-Scores im Kreditportfolio schafft zudem die Annäherung über Branchen anstelle des einzelnen Kunden Abhilfe.

Ein effektives ESG-Datenmanagement zahlt sich mehrfach aus. Es geht nicht nur um die Erfüllung der vielfältigen Offenlegungsanforderungen, sondern auch um die Sammlung und Auswertung von Daten beispielweise im Rahmen des Kreditprozesses, des Eigenbetriebes und der Eigenanlagen. Ziel ist es hierbei auch die Chancen bzw. Risiken besser einschätzen zu können und um darauf wiederum konkrete Zielvorgaben und Maßnahmen zur Umsetzung ableiten zu können.

Letztlich geht es auch um die zukünftige Einbeziehung in die Ausfallwahrscheinlichkeiten (PD). Es ist zu prüfen, ob ESG-Faktoren auch Auswirkungen auf die Bonität und damit auf die Kreditrisiken haben. Dafür sind natürlich entsprechende Datenhistorien erforderlich, um diese statistischen Zusammenhänge analysieren zu können.

Risikoinventur unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken

Auch in der 7. MaRisk-Novelle unter Berücksichtigung von ESG-Risiken ist und bleibt die Risikoinventur als Basis für alle weiteren Aktivitäten für Kreditinstitute ein Schlüsselinstrument der Gesamtbanksteuerung. ESG-Risiken sind keine neue Risikoart, sondern als Risikotreiber auf die bestehenden Risikoarten anzusehen.

In den amtlichen Erläuterungen zu AT 2.2 Tz. 1 MaRisk heißt es entsprechend: „Berücksichtigung von ESG-Risiken: Als ESG-Risiken im Sinne dieses Rundschreibens sind Ereignisse oder Bedingungen aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung zu verstehen, deren Eintreten potenziell negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage eines beaufsichtigten Unternehmens haben kann. ESG-Risiken wirken insofern als Risikotreiber und können sich auf die in Tz. 1 a)-d) aufgeführten [unsere Anmerkung: a) Adressenausfallrisiken, b) Marktpreisrisiken, c) Liquiditätsrisiken, d) operationelle Risiken]sowie weitere wesentliche Risikoarten auswirken. Bei der Beurteilung der Auswirkungen von ESG-Risiken sind verschiedene plausible Szenarien zugrunde zu legen, die im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Auch ist ein angemessen langer Zeitraum zu wählen. Diese Beurteilung erfolgt, soweit sinnvoll und möglich, auch quantitativ.“

Eine gründliche Risikoinventur unter Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) minimiert nicht nur Risiken, sondern schafft auch Chancen für die Transformationsfinanzierung im Kundengeschäft, aber auch im Rahmen des Eigenanlagen-Managements. Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg hat 2023 eine Nachhaltigkeitsrisikoinventur erstellt und daraus erste strategische Ziele definieren können.

Klares Verständnis von Nachhaltigkeit erforderlich

Die Grundlage einer effektiven Risikoinventur ist ein klares Verständnis der Nachhaltigkeitsziele und -standards. Das heißt Verständnis für die Nachhaltigkeitsrisiken im Geschäftsgebiet, der Finanzmärkte und der regulatorischen Anforderungen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit. Kreditinstitute müssen ihre Rolle im Rahmen von Sustainable Finance definieren und die relevanten ESG-Faktoren identifizieren.

Die Einbindung von Interessengruppen wie Kunden, Investoren und Mitarbeitern ist dabei entscheidend. Durch Workshops und Interviews können Kreditinstitute wertvolle Einblicke gewinnen und sicherstellen, dass die Risikoinventur die Interessen aller relevanten Stakeholder berücksichtigt. Nur wenn alle wissen, wo die Reise hingehen soll, kann bereits in der Risikoinventur Klarheit zum Thema ESG-Risiken geschaffen werden.

Erfassung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren

Eine detaillierte Erfassung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren ist die Voraussetzung für eine umfassende Nachhaltigkeitsinventur. Dabei geht es darum, in allen Risikoarten genau zu analysieren, welche ESG-Faktoren wie und vor allem wann wirken können. Dieser Schritt ermöglicht es Kreditinstituten, potenzielle Risiken in ihren Geschäftsprozessen zu erkennen und Szenarien zu entwickeln.

Diese Szenarien dienen u.a. auch bei der Risikoinventur. Der Zeithorizont spielt eine große Rolle, die Kreissparkasse unterscheidet dabei eine operative und eine strategische Perspektive. Die operative Perspektive betrachtet Nachhaltigkeitsfaktoren, die im kurzen und mittleren Zeithorizont von ca. 5 Jahren schlagend werden könnten, und die strategische Perspektive erweitert den Blick auf den langfristigen Zeithorizont von über 5 Jahren.

Bewertung der identifizierten Nachhaltigkeitsrisiken

Die quantitative (wenn bereits möglich) und qualitative Bewertung der identifizierten Risiken ist entscheidend. Ein sorgfältiger Blick auf Eintrittswahrscheinlichkeiten, potenzielle Auswirkungen und Verbindungen zu ESG-Faktoren hilft dabei, Risiken zu priorisieren und zukünftig fundierte Entscheidungen treffen zu können, welche Risiken reduziert werden können und wie (z.B. über Fragen des Ausschlusses oder Klauseln in Kreditverträgen bzw. keine Wiederanlage im Depot A).

Die größte Herausforderung liegt dabei, wie bereits mehrfach beschrieben, in der Verfügbarkeit von Daten. Mögliche Szenarien wie

  • „Häufung von Extremwetterereignissen“,
  • „Abkehr von treibhausgas-produzierenden Produkten“,
  • „Treibhausgas-Bepreisung“ oder
  • „weitere politische Maßnahmen zur Treibhausgas-Reduzierung“,

wie sie die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg bereits in ihrer Risikoinventur anwendet, liefern zum einen erste Aussagen darüber, wie sich die Risikowerte der jeweiligen Risikoarten – Adressenrisiken, Marktpreisrisiken, operationelle Risiken etc. – verändern können, zeigen aber auch, wo geeignete Daten vorliegen oder fehlen. Somit sind das Sammeln von Daten und das Aufbauen einer Dateninfrastruktur die wichtigsten strategischen Ziele.

Geschäfts- und Risikostrategie

Die Ergebnisse der Risikoinventur wurden klar dokumentiert und im Haus mittels Vorstandsbeschluss kommuniziert. Über die Geschäfts- und Risikostrategie werden die Ergebnisse der Risikoinventur weiterverarbeitet und in Umlauf gebracht. Eine transparente Kommunikation der Bewertungsmethodik und der identifizierten Risiken fördert Vertrauen bei den Beteiligten und erleichtert eine fundierte Entscheidungsfindung.

Die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in bestehende Risikomanagementprozesse ist ein kritischer Schritt. Kreditinstitute sollten sicherstellen, dass die identifizierten Risiken in ihre strategische Planung und Entscheidungsprozesse einfließen. Derzeit ergaben sich aus der Nachhaltigkeitsinventur der Kreissparkasse keine zusätzlichen Risiken, welche in die Risikotragfähigkeit aufgenommen werden müssten. Die Ergebnisse gaben jedoch Auskunft über die Relevanz der jeweiligen Risikofaktoren auf das jeweilige Portfolio, die jeweilige Risikoart und somit auf die Kreissparkasse.

Fokus (noch) auf der Dimension Umwelt

Im Moment liegt der Fokus (noch) auf der Dimension Umwelt, die Dimensionen Soziales und Governance werden nach klarer Erfassung der dafür nötigen Nachhaltigkeitsfaktoren und weiterer Szenarien aufgenommen und ergänzt. Durch die systematische Identifikation und Bewertung von Sozial- und Governance-Faktoren können Kreditinstitute nicht nur potenzielle Risiken minimieren, sondern auch nachhaltige Chancen erkennen und proaktiv darauf reagieren. Durch die umfassende Risikoinventur, die Nachhaltigkeitsrisiken integriert, ist die Kreissparkasse gerüstet, um potenzielle Herausforderungen, welche durch ESG-Risikotreiber entstehen, zu bewältigen und Chancen im Kontext einer nachhaltigen Geschäftspraxis zu nutzen.

Eigenes Geschäftsmodell klimaresilienter aufstellen

Letztlich geht es auch für Kreditinstitute, wie für das Handwerk, die Industrie und Dienstleistung, darum das eigene Geschäftsmodell klimaresilienter aufzustellen. Auch hierzu sind in der 7. MaRisk-Novelle klare Vorgaben des Regulators formuliert worden, die bereits seit Jahren auch im Rahmen von §44er Prüfungen umgesetzt wurden.

Insofern handelt es sich hierbei „nur“ um eine Klarstellung. Naturkatastrophen, der allmähliche Anstieg der Temperaturen, die Transformation der Wirtschaft in allen Bereichen und die damit verbundenen Folgen werden in der Zukunft den Alltag von Banken und Sparkassen immer mehr und stärker prägen. Auch aus diesem Grund ist das Thema ESG-Risikomanagement und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Betriebsergebnis vor bzw. nach Bewertung nicht zu unterschätzen.

Geschäfts- und Risikostrategie zeigen den Weg in die Zukunft

Die CSRD basiert auf dem Grundsatz der sogenannten doppelten Wesentlichkeit: Zum einen die sogenannte Outside-In-Perspektive und zum anderen die Inside-Out-Perspektive. Während die Outside-In-Perspektive der Frage nachgeht, welchen Einfluss physische und transitorische Risiken auf Finanzkennzahlen (z.B. Normative und ökonomische Perspektive, GuV, Bilanz) haben, beschäftigt sich die Inside-Out-Perspektive mit der Frage, welche Auswirkungen die Aktivitäten einer Bank bzw. Sparkasse auf die Umwelt haben (z.B. CO2-Fußabdruck). Beide Perspektiven sind somit Ausgangspunkt sowohl der Risikoinventur als auch der darauf aufbauenden Geschäfts- und Risikostrategie.

Die doppelte Wesentlichkeit nach der CSRD bzw. ESRS

Sowohl Outside-In-Effekte als auch Inside-Out-Effekte sind bei der Analyse der doppelten Wesentlichkeit von beispielsweise Klima- und Umweltrisiken zu berücksichtigen.

Folgende Punkte sind bei der Formulierung der Geschäfts- und Risikostrategie bzw. der Integration von ESG-Risiken zu berücksichtigen:

  1. Planungshorizont in der Regel drei bis fünf Jahre, darüber hinaus muss ein noch längerfristiger Horizont berücksichtigt werden.
  2. Definition von Ausschlusskriterien.
  3. Verständnis für die verschiedenen Arten von Nachhaltigkeitsrisiken, also physische bzw. transitorische Risiken als Risikotreiber für Adress-, Marktpreis, Liquiditäts-, Reputations- und operationelle Risiken.
  4. Berücksichtigung des sich verändernden Geschäftsumfeldes im Rahmen der SWOT-Analyse.
  5. Dialog mit den verschiedenen Stakeholdern, um alle wesentlichen Aspekte berücksichtigen zu können.
  6. Das Erkennen, dass die Transformationsfinanzierung auch die Möglichkeit schafft, zusätzliche Kredite z.B. für die energetische Sanierung von Immobilien aber auch den Umbau insbesondere des Mittelstandes zu platzieren.
  7. Nicht nur beim Thema ESG: Klare, überprüfbare Ziele definieren und danach sowohl steuern als auch überwachen bzw. kommunizieren.

Bedeutung von Klimaresilienz

Natürlich werden in jeder Geschäfts- und Risikostrategie in Abhängigkeit von der spezifischen Ausgangssituation und dem gewählten Ambitionsniveau unterschiedliche Schwerpunkte bzw. Ziele definiert. Wenn man davon ausgeht, dass alle Prozesse in einem Kreditinstitut letztlich dazu dienen, die Geschäfts- und Risikostrategie möglichst effizient, aber natürlich auch unter aufsichtsrechtlichen Anforderungen umzusetzen, sieht man die enorme Bedeutung der Geschäfts- und Risikostrategie.

In diesem Zusammenhang kommt dem Begriff der Klimaresilienz eine zentrale Bedeutung zu. Er beschreibt die Fähigkeit einer Bank oder Sparkasse, nicht nur die Auswirkungen des Klimawandels möglichst zu antizipieren und sich darauf vorzubereiten, sondern dabei auch die eigenen Mitarbeiter (z.B. im Sommer vor Hitze) und Vermögenswerte in der (Barwert-) Bilanz zu schützen.

Letztlich leisten Banken und Sparkassen im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen wesentlichen Beitrag, den Klimawandel möglichst noch in Grenzen zu halten. Ähnlich wie bei einem Marathon ist hier die Vorbereitung bzw. das Training unerlässlich, damit das gesamte Kreditinstitut, d.h. der Vorstand, die Führungs- und Fachkräfte, aber auch das Aufsichtsorgan die Königsdisziplin der Langstrecke erfolgreich absolvieren. Zusätzlich sind die Kunden sowohl im Kreditgeschäft als auch bei der Geldanlage mitzunehmen. Hierin liegen Chancen, die mit Blick auf das eigene Geschäftsmodell bzw. möglicher Ertragschancen nicht liegengelassen werden sollten.

Von der Kür zur Pflicht

Bisher Kür, nun Pflicht, aber auch eine enorme Chance! So könnte man die aktuelle Situation bei der Integration von ESG-Kriterien in die Prozesse und das Risikomanagement nach MaRisk von Banken und Sparkassen beschreiben. Die ersten Schritte des langjährigen Marathons sind gelaufen. In den nächsten Jahren werden die (bank-) aufsichtsrechtlichen Anforderungen sicherlich weiter steigen.

Entsprechend sollten Banken und Sparkassen mit der vollumfänglichen Umsetzung der 7. MaRisk-Novelle spätestens ab dem 01.01.2024 an der Startlinie stehen bzw. die ersten Schritte bereits gegangen sein. Prosa reicht heute nicht mehr aus, klare Ziele sind in der Geschäfts- und Risikostrategie zu formulieren, um u.a. das globale Ziel CO2-Reduktion auf Net Zero bis 2050 auch erfolgreich zu erreichen. Hierbei geht es nicht nur um die Reduktion der CO2-Emissionen im eigenen Geschäftsbetrieb, sondern auch im klassischen Kreditgeschäft und in den Eigenanlagen.

Sicherlich wird der Marathon mit mentalen Höhen und Tiefen verbunden sein. Das Ziel vor Augen hilft auch beim ESG-Marathon durchzuhalten. Es geht um die Einteilung der Kraft und darum, die lange Distanz auch meistern zu können. Lassen Sie ihn uns gemeinsam laufen, auch um letztlich das eigene Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Es lohnt sich, den Klimawandel weiter einzudämmen und unser Leben und das der kommenden Generationen zu sichern. Es geht um unsere konkrete Zukunft!


Chiara Hübscher – Nachhaltigkeitsmanagerin, Kreissparkasse Herzogtum

Chiara Hübscher

Chiara Hübscher ist Koautorin des Beitrags und Nachhaltigkeitsmanagerin im Vorstandsstab der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg. Daneben promoviert Sie zum Thema der Umsetzung von Nachhaltigkeit in Lehre und Praxis an der Universität Twente (NL) in Kooperation mit der Hamburg School of Business Administration.

 

Corinn Schmidt – Beraterin, Roland Eller Consulting GmbH

Corinn Schmidt

Corinn Schmidt ist Koautorin des Beitrags und Beraterin bei der Roland Eller Consulting GmbH. Die Dipl.- Betriebswirtin (FH) berät Sparkassen und Institute zur Umsetzung der MaRisk sowie zu Fragestellungen der Gesamtbanksteuerung. Zuvor war Sie u.a. im Sparkassensektor als Controllerin im Fachgebiet Konditionsgestaltung, GuV-Steuerung und Vertriebscontrolling tätig.

Über den Autor

Roland Eller

Roland Eller ist Gründer und Geschäftsführer der Roland Eller Consulting GmbH. Der Diplombetriebswirt begleitet Banken und Sparkassen bei Fragestellungen rund um die Themen Banksteuerung, Risikomanagement, gelebte Aufsichtspraxis und neue Trends.

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