Krypto-Assets und die Frage nach dem richtigen Timing für Banken

Strategischer Pfad zwischen Risiko und Zukunftschance

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Krypto-Assets bieten Banken eine Chance zur Differenzierung. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt für den Einstieg? Der Balanceakt zwischen frühzeitigem Engagement und dem Risiko, digitale Entwicklungen zu verpassen, erfordert strategisches Geschick.

Angebot von Krypto-Assets durch Banken und Sparkassen

Das Angebot von Krypto-Assets ist für Banken eine strategische Entscheidung.

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Ob sich der Bitcoin auf 100.000 € entwickelt oder wieder auf unter 50.000 € fällt, ist eigentlich egal. Nicht, dass es egal für die Bitcoin-Anleger wäre, wenn in der Kursentwicklung ein dickes Minus steht. Aber erstens gibt es ja noch diverse weitere Kryptowährungen, die etwas weniger Spielball der Spekulationen und Halving-Maßnahmen sind, sondern sich stärker an konkreten Projekten und Einsatzmöglichkeiten ausrichten.

Zweitens ist die Entscheidung viel wichtiger, grundsätzlich digitale Assets zu nutzen bzw. als Bank anzubieten und Produkte oder Services damit aufzubauen. Das Engagement in Krypto-Assets ist eine langfristige Entscheidung auf Grundlage der Blockchain-basierten Basistechnologie und kein kurzfristiges Geschäft, um Kasse zu machen.

Und drittens stellt sich die Frage für eine Bank in einer ganz anderen Form: Was müssen Banken anbieten, um die Anforderungen und Bedürfnisse ihrer Kunden bestmöglich zu unterstützen? Dabei geht es dann eben nicht um die primäre Zielsetzung der Gewinnmöglichkeiten durch steigende Kryptowährungskurse. Es geht darum, die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, damit Unternehmen und Kunden selbst entscheiden können, wie sie damit umgehen möchten. Schließlich unterstützen Banken auch bei der Zahlungsverkehrsinfrastruktur, ohne zu entscheiden, was ein Unternehmen über die Konten genau bezahlt…

Einstellung zu Krypto-Assets im Wandel

Insgesamt ist klar zu beobachten, dass sich das Finanzumfeld hinsichtlich Krypto-Assets gewandelt hat. Sie werden nicht mehr nur als spekulative Instrumente gesehen, sondern als legitime Bestandteile der digitalen Finanzwirtschaft. Auch von den Zentralbanken – und selbst wenn die zukünftigen Produkte und Services noch lange nicht ausdefiniert sind.

In diesem Kontext stellen sich für Finanzdienstleister verschiedene Fragen:

  • Ist es trotz aller Interessen und ersten konkreten Umsetzungen nicht doch noch zu früh oder im Gegenteil nicht schon viel zu spät für Banken, Krypto-Assets anzubieten?
  • Sind nicht andere Nicht-Banken mit ihrem Angebot schon zu weit vorgedrungen?
  • Entsteht hier nicht eine zweite Paypal-Story, die von etablierten Banken gar nicht mehr einzuholen ist?

Drei Einflussfaktoren für das richtige Timing von Krypto-Assets

Dabei gilt es drei wesentliche Einflussfaktoren zu betrachten:

  1. Bedarf und Wettbewerb,
  2. Technologische und prozessuale Verfügbarkeit,
  3. Strategische Bereitschaft.

1. Bedarf und Wettbewerb

Die typische Evolution digitaler innovativer Dienstleistungen und Lösungen folgt in den allermeisten Fällen immer der gleichen Logik, dem „Martec’s Law“. Es beschreibt den Zusammenhang zwischen dem technologischen Fortschritt und der Veränderungsfähigkeit von Unternehmen und Banken. Der technologische Wandel passiert deutlich früher und schneller (exponentiell), während die Adaption in Wellen und deutlich langsamer verläuft (logarithmisch).

Im ersten Schritt wird die Technologie etabliert. Nach ersten Gehversuchen, Rückschlägen und Verbesserungen entsteht eine neue Basistechnologie, die eine technisch-verlässliche Nutzung ermöglicht. Bei Krypto ist dies die Etablierung der Blockchain-Technologie und der weiteren, darauf aufbauenden Konzepte für digitale Assets wie beispielsweise Smart Contracts.

Im zweiten Schritt sind es fast immer die privaten Nutzer und Kunden, die als Erste auf diese neuen technologischen Optionen aufspringen und für die breitere Sichtbarkeit sorgen. Im Falle von Bitcoin und Co. sehr gut zu beobachten. Erste Unternehmen oder innovative Finanzdienstleister folgen, aber die neuen Lösungen sind noch weit entfernt vom Status der „Etablierung“. Sichtbar in diversen Kryptobörsen, bei Boutique-Finanzdienstleistern mit einem dedizierten Kryptoangebot oder initialen Produkten von Unternehmen zum Austesten. So war es keine Verwunderung, dass in der Coronazeit beispielsweise Flugtickets von etablierten Unternehmen gegen Kryptowährungen verkauft wurden.

Im nächsten Schritt fängt dann, insbesondere in Europa, die Regulierung an, das rechtliche-regulatorische Rahmenwerk dafür zu definieren. Auf Basis der ersten Erfahrungen am Markt wird nun versucht, den Missbrauch einzuschränken und klare Spielregeln für eine kommerzielle Nutzung einzufordern. Im Krypto-Assets-Umfeld hat das nach den ersten Regelungen des eWPG nun die MiCAR geschafft. Sie greift spätestens 2025 formell und stellt die Regulierung für die Verwahrung, den Handel und das Geschäft mit Krypto-Assets auf fundierte Beine. Auch die zuletzt geführten Diskussionen in den USA zu Krypto-ETFs zeugen von dieser Entwicklung, die ebenfalls nicht immer spannungsfrei passiert.

Und spätestens jetzt springen die weiteren Marktplayer auf den Zug mit auf. Auf Basis der sicheren Grundlagen und des weiter aufkommenden Marktbedarfes ist ein Angebot aus Wettbewerbsaspekten gut argumentierbar. Aber auch der Kundenbedarf wird immer ausgeprägter, vor allem auch der Wechsel der Anbietersicht. Sind in den ersten Entwicklungen selten etablierte und regulierte Anbieter am Start, so wird in der Marktverbreiterung besonders Wert auf eben diese Sicherheit gelegt. Als Folge dieser Entwicklung entfällt aber irgendwann der Wettbewerbsvorteil. Ein fehlendes Angebot wird eher zum Wettbewerbsnachteil und zum Malus.

Die Integration von Krypto-Assets kann daher in der aktuellen Zeit eine Bank erheblich auf einem gesättigten Markt differenzieren. Auch verbessern diese Initiativen die Kundenbindung und ziehen neue Kunden an, die nach Institutionen suchen, die sowohl die traditionelle als auch die digitale Finanzwelt navigieren können. Banken, die diese Optionen nicht anbieten, könnten sich bald im Nachteil finden, da Kunden zunehmend vielseitige Finanzpartner suchen.

2. Technologische und prozessuale Verfügbarkeit

Digitale Assets benötigen eine ausgeprägte technologische, innovative Infrastruktur und eine leistungsfähige IT. Der Aufbau dieser technologischen Umgebung benötigt Zeit. Und Budget. Und Kapazitäten. Insgesamt ist ein Angebot selten unter zwei Jahren zu erstellen. In den vergangenen Jahren konnte der Aufbau relevanter Strukturen, beispielsweise der Kryptoverwahrung als grundlegende Basis, schnell bis zu drei Jahren und länger dauern. White-Label-Lösungen kommen erst langsam auf den Markt, werden zukünftig aber einfacher als as-a-Service-Lösungen nutzbar sein.

Gleichzeitig reicht die Technik alleine aber nicht aus. Auch die prozessualen Rahmenbedingungen für ein umfassendes Bankangebot müssen aufgebaut werden. Compliance-Prozesse, rechtliche Vertragsgrundlagen und spezifische KYC- und Onboarding-Maßnahmen müssen neu aufgesetzt werden. Effektives Risikomanagement wird entscheidend sein, um sicherzustellen, dass Kunden von den neuen Möglichkeiten profitieren können – innerhalb eines sicheren und regulierten Rahmens. Auch wenn vieles genutzt werden kann, was heute in Banken schon gang und gäbe ist, sind die Besonderheiten der Kryptomodelle neu zu definieren und aufzusetzen.

Selbst wenn eine Bank also heute entscheidet, aktiv zu werden, ist ein technisch-prozessuales Angebot für Kryptowährungen oder Kryptowertpapiere erst in weiterer Zukunft verfügbar. Ob es zu spät ist oder nicht, werden die Kunden deutlich zeigen.

3. Strategische Bereitschaft

Das Angebot von Krypto-Assets dreht sich nicht nur darum, mit Markttrends Schritt zu halten. Es geht um proaktive Anpassung an die grundlegenden Veränderungen im Finanzsektor. Banken müssen ihre Rolle als vertrauenswürdige Partner betrachten, insbesondere in aufkommenden Märkten. Folgerichtig muss dies in der strategischen Ausrichtung verankert werden, denn ein fundiertes Kryptoangebot ergänzt langfristig das Geschäftsmodell einer Bank.

Neben der technischen und regulatorischen Umsetzung ist auch der kommunikative und edukative Anteil bei der Realisierung eines Kryptoangebots nicht zu vernachlässigen, um anfänglicher Skepsis zu begegnen und ein gemeinsames Verständnis zu schaffen.

Zudem gilt es, nicht inmitten der Entwicklungen aufzuhören. Nur die Schaffung eines Kryptoverwahrung ist zwar der richtige und gute erste Schritt, liefert aber letzten Endes nicht das Angebotsportfolio, was Kunden wirklich benötigen und was für ein tragfähiges und profitables Geschäftsmodell gebraucht wird. Die strategische Entscheidung liegt also auch in dem weiteren, konsequenten Ausbau des Digital-Assets-Angebots.

Selbst wenn digitale Assets sich letztendlich nicht als Standard durchsetzen sollten, wird das Engagement, sich ernsthaft mit einem Kryptoangebot auseinanderzusetzen, den Ruf einer Bank als zukunftsorientierte, kundenorientierte Institution stärken. In der dynamischen Welt der Finanzen ist es besser, mit einem umfassenden Dienstleistungsangebot an der Spitze zu stehen, als ohne Optionen für neugierige und ambitionierte Kunden zurückzubleiben.

Zu früh? Zu spät? Oder überhaupt?

Der Zeitpunkt, digitale Assets als Finanzdienstleister anzubieten und in den Aufbau und die Umsetzung der notwendigen Infrastrukturen zu gehen, ist definitiv nicht zu früh, genauso wenig schon zu spät – auch wenn der erste Zug schon abgefahren ist. Es gar nicht erst anzugehen und darauf zu warten, in den kommenden Jahren gegebenenfalls aufzuspringen, wird aber keine überzeugende Strategie abgeben. Kunden dann zurückzugewinnen, wird ein anstrengendes Unterfangen. Einmal gewechselt und mit einem zufriedenstellenden Angebot vertraut, wird ein Wechsel des Anbieters immer unwahrscheinlicher. Sowohl im Privatkundensegment, als auch bei Unternehmenskunden und im institutionellen Umfeld.

Krypto-Assets anzubieten, ist ein strategischer Schritt, um Bankdienstleistungen zukunftssicher zu machen und in einer immer digitaler werdenden Welt relevant zu bleiben. Die Kundennachfrage, die bevorstehende regulatorische Klarheit durch MiCAR, die Möglichkeit, sich als innovativer Marktteilnehmer zu positionieren, die Chance zur Diversifikation und das Potenzial, das Vertrauen der Kunden zu stärken, sind überzeugende Gründe für Banken, in diesem Bereich aktiv zu werden. Sollten digitale Vermögenswerte letztendlich nicht den erwarteten Erfolg bringen, bleiben die Erfahrung und das Signal an die Kunden, dass ihre Bedürfnisse und Interessen im Vordergrund stehen, von unschätzbarem Wert.

Über den Autor

Stephan A. Paxmann

Stephan A. Paxmann ist Leiter des strategischen Entwicklungsbereichs Digitalisierung und Innovation bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Er analysiert gemeinsam mit seinem Team innovative Markt- und Digitaltrends und begleitet die Bank sowie den Mittelstand bei der Überführung disruptiver Technologien in den Unternehmensalltag.

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