Kryptokriminalität: Drei Mythen und die Wahrheiten dahinter

Blockchain-Analyse und Risikomanagement

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Sind Kryptowährungen und ihre Plattformen ein rechtsfreier Raum? Kriminelle sollten sich nicht zu sehr auf Bitcoin, Ether und Co. freuen. Regulierungs- und Strafverfolgungsbehörden profitieren erheblich stärker von den Möglichkeiten der Blockchain.

Kryptokriminalität: Mythos und Wahrheit

Kryptokriminalität: Mythos und Wahrheit.

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In den letzten Jahren hat die Verbreitung von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether und anderen stark zugenommen. Diese digitalen Währungen sind dezentralisiert und werden durch komplexe mathematische Algorithmen und Blockchain-Technologie gesichert. Während viele Menschen die Vorteile von Kryptowährungen schätzen, gibt es auch Bedenken, dass Kriminelle die neue Technologie und zugehörige Plattformen für illegale Zwecke nutzen. Welche Annahmen sind berechtigt, was ist wahr und was ist falsch, wenn es um Kryptokriminalität geht?

Wir möchten im Folgenden drei populäre Mythen unter die Lupe nehmen und anhand von Fakten und Untersuchungsergebnissen die wahren Umstände erläutern und ein klareres Bild zeichnen.

  1. Kriminelle nutzen bevorzugt Kryptowährungen als Zahlungsweise.
  2. Transaktionen von Kryptowährungen sind anonym.
  3. Kryptowährungen sind unsicher und unreguliert

Mythos 1: Kriminelle nutzen bevorzugt Kryptowährungen als Zahlungsweise

Es ist wahr, dass Kriminelle Kryptowährungen wie Bitcoin als Zahlungsmittel nutzen. Der Grund dafür ist jedoch nicht die Anonymität von Kryptowährungen, sondern Einfachheit, Bequemlichkeit und zum Teil fehlende Kontrolle bzw. fehlende Regulierung. Kryptowährungen können ohne ein herkömmliches Bankkonto einfach und schnell online transferiert werden, was sie zu einem attraktiven Zahlungsmittel für illegale Aktivitäten macht.

Das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) schätzt, dass weltweit in einem Jahr (Fiat-)Geld im Wert von 800 Milliarden bis 2 Billionen US-Dollar gewaschen wird. Dies entspricht 2–5 Prozent des globalen BIP. Bargeldbasierte Geldwäsche ist damit immer noch die häufigste Form illegaler Finanzaktivitäten.

Geldwäsche und andere kriminelle Aktivitäten im Kryptobereich sorgen zwar regelmäßig für Schlagzeilen, man muss dabei jedoch den Kontext beachten. Hier sind ein paar Fakten zur Verdeutlichung: Illegale Adressen versendeten laut Chainalysis im Jahr 2022 Kryptowährungen im Wert von 23,8 Milliarden US-Dollar. Illegale Aktivitäten machen somit lediglich 0,24 Prozent des gesamten analysierten Kryptowertetransfers aus.

Illegaler Anteil an Transaktionen von Kryptowährungen

Insgesamt ist der Anteil illegaler Kryptowährungsaktivitäten erstmals seit 2019 von 0,12 Prozent im Jahr 2021 leicht auf 0,24 Prozent im Jahr 2022 gestiegen.

Dank bereits etablierter Maßnahmen gegen Geldwäsche bewegt sich der Anteil krimineller Aktivitäten auf Blockchains bereits seit Jahren in einem sehr niedrigen Prozentbereich.

Mythos 2: Transaktionen von Kryptowährungen sind anonym

Jede Kryptowährungs-Transaktion wird auf der Blockchain aufgezeichnet und kann mit Hilfe eines Blockchain Explorers (zum Beispiel Blockchair) von jedem eingesehen werden. Allerdings werden bei der Verwendung und dem Transfer von Kryptowährungen anstelle von echten Klar-Namen lange alphanumerische Zeichenketten als Pseudonyme verwendet. Dies macht es schwieriger, die Identität der beteiligten Personen zu ermitteln. Im Falle von kriminellen Aktivitäten gibt es jedoch Möglichkeiten, die Identität von Kryptowährungsnutzern zu ermitteln. Hierbei unterstützt Blockchain Analyse-Software Strafverfolgungsbehörden und Ermittler bei ihrer Arbeit. Anhand der Datenplattform von Chainalysis haben Ermittler schon viele große Crypto-Betrugsfälle aufklären und Kriminelle zur Verantwortung ziehen können.

Mit den öffentlich einsehbaren Informationen der Blockchain kann die Identität der Beteiligten zwar nicht direkt offengelegt werden, aber Blockchain-Analyse, die Auswertung von Transaktionsmustern und weitere öffentliche Informationen werden verwendet, um die Täter von kriminellen Handlungen zu identifizieren. Darüber hinaus haben die meisten Kryptowährungs-Börsen strenge Anti-Geldwäsche-Richtlinien und verlangen von den Benutzern eine Überprüfung ihrer Identität. Eine solche Nachverfolgbarkeit wie bei Krypto-Transaktionen ist im normalen Geld-Verkehr nicht gegeben.

Mehr als 400 verschiedene deterministische Analysemethoden sorgen für die notwendige Transparenz in Bezug auf Kryptowährungen, involvierte Player, Entitäten sowie durchgeführte Transfers. Damit kann die Plattform Ermittler dabei unterstützen, die Herkunft der Mittel zu erkennen und zu klären, ob diesen Quellen ein Risiko wie Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder Sanktionsverstöße zuzuordnen ist. Basierend auf Pattern Recognition (Mustererkennung) – Clustering genannt – ist es möglich, Adressen zusammenzuführen und zu gruppieren, die von demselben Wallets kontrolliert werden sowie Wallets zusammenzuführen, die von demselben Verwahrer wie bspw. einer Krypto-Exchange kontrolliert werden.

In Bezug auf Kryptokriminalität wird Clustering vor Gericht akzeptiert. Jüngstes Beispiel ist ein Urteil eines niederländischen Gerichts in Den Haag, welches hierzu feststellt „…Clustering ist eine ausreichend zuverlässige Methode, um festzustellen, ob Bitcoin-Adressen zu ein und derselben Entität gehören“.

Wie leistungsfähig das Clustering ist, zeigt das Beispiel des DarkNet-Marktes „Hydra“. Es wurden über 6,6 Millionen Adressen erkannt, die diesem Darknet-Markt zuzuordnen sind, verglichen mit den 117 Adressen, die offiziell von der Kontrollbehörde des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten (Office of Foreign Assets Control, OFAC) sanktioniert wurden und auf den entsprechenden Sanktionslisten aufgeführt sind.

Chainalysis Clustering ist extrem leistungsfähig

Die verschiedenen Analysemethoden ermöglichen Chainalysis nicht nur, eine einzige Blockchain-Adresse herauszufinden, sondern führen in Kombination mit Clustering zu Millionen von Adressen.

Die Datenplattform hat bis heute mehr als 17 Billionen US-Dollar an wirtschaftlicher Aktivität auf Blockchains identifiziert, mehr als 1 Milliarde Adressen realen Entitäten zugeordnet und es ist mindestens eine Gegenpartei für 78 Prozent der übertragenen USD-Werte bekannt.

Mythos 3: Kryptowährungen sind unsicher und unreguliert

Kryptowährungen und deren Einsatzmöglichkeiten sind zu einem großen Teil dezentralisiert. Es gibt, im Gegensatz zu herkömmlichen traditionellen Finanzdienstleistungen, oftmals keinen Intermediär, wie etwa ein Finanzinstitut. Deswegen spricht man auch von Decentralised Finance (DeFi). DeFi bietet Vorteile wie keinerlei Zugangsbeschränkungen oder geringe Kosten und ist rund um die Uhr verfügbar. Einer der Nachteile ist jedoch, dass DeFi durch den dezentralen Ansatz schwer kontrolliert und reguliert werden können. Darüber hinaus entwickeln auch Kriminelle ihre Methoden ständig weiter und versuchen, die Dezentralität zu nutzen, um ihre Aktivitäten zu verschleiern und den Ermittlungsbehörden zu entgehen. Aufsehenerregende Fälle der jüngsten Vergangenheit haben dazu geführt, dass viele Menschen glauben, dass Krypto unreguliert und damit unsicher sei. Die Wirklichkeit sieht jedoch komplett anders aus.

In vielen Ländern, darunter in den USA, Japan, Singapur und der EU/Deutschland, gibt es umfangreiche Regulierungen für Kryptowährungen. In der EU sind mit MiCA (Markets in Crypto Assets) und TFR (Transfer of Funds Regulation) zwei wichtige und umfassende Regulierungen verabschiedet worden, die die bisher in den EU-Ländern uneinheitlichen Herangehensweisen konsolidieren. Da Krypto nicht an Länder- und Regionsgrenzen gebunden ist, könnten MiCA und TFR beispielhaft für eine globale und somit möglichst einheitliche Regulierung sein. Darüber hinaus hat der größte Teil von Kryptowährungsunternehmen und DeFi-Organisationen strenge regulatorische Standards, um das Vertrauen der Benutzer zu gewinnen und zu halten.

DeFi an sich ist überhaupt nicht nützlich dafür, Geldflüsse zu verschleiern. Genau das Gegenteil ist der Fall, da im Gegensatz zu zentralisierten Kryptobörsen, die einen Großteil von Kryptowährungstransfers intern über Offline-Kassenbücher realisieren, sämtliche DeFi-Aktivitäten auf der Blockchain aufgezeichnet werden. Es gibt bei DeFi keine parallele Offline-Welt. DeFi lässt auch keine Umwandlung von Kryptowährung in Fiat-Geld zu, sodass die meisten dieser Kryptowährungen zunächst zu anderen Diensten, einschließlich zentralisierter Kryptobörsen, verschoben werden müssen, um sie auszuzahlen. Aber warum wurden dann im Jahr 2022 trotzdem mehr illegale Gelder als je zuvor an DeFi gesendet?

Wohin Kryptowerte aus illegalen Aktivitäten fließen

Es wurden mehr illegale Gelder als je zuvor an DeFi-Protokolle gesendet, eine Fortsetzung eines Trends, der im Jahr 2020 begann.

Fast die gesamte Verwendung von DeFi-Protokollen zur Geldwäsche wird von einer kriminellen Gruppe genutzt: Hackern, die Kryptowährung stehlen. Dies liegt in der Natur der Sache – DeFi basiert auf Software und Software ist angreifbar. Wie bereits erwähnt, ermöglicht DeFi jedoch nicht die Umwandlung von Kryptowährung in Fiat-Währung. Dies muss immer noch über eine zentralisierte Börse erfolgen und ist somit kontrollier- und regulierbar.

Fazit: Banken müssen ihre Kryptowährungsrisiken verstehen

Kryptokriminalität ist zu einem wichtigen Thema für die Finanzindustrie geworden. Blockchain-Analyse kann eine essenzielle Rolle dabei spielen, kriminelle Aktivitäten im Kryptobereich aufzudecken und zu bekämpfen. Finanzinstitute können damit den Weg der Kryptowährungen verfolgen und so feststellen, woher sie stammen und wohin sie fließen. Wenn eine Transaktion aus einer Quelle stammt, die mit illegalen Aktivitäten in Verbindung gebracht wird, kann dies ein Indiz dafür sein, dass die Transaktion verdächtig ist. Ähnlich kann auch das Ziel der Transaktion ein Hinweis auf illegale Aktivitäten sein.

Blockchain-Analyse alleine reicht jedoch nicht zur Bekämpfung von Kryptokriminalität aus. Sie muss mit anderen Methoden wie Know-Your-Customer (KYC) und Anti-Geldwäsche-Maßnahmen kombiniert werden. Banken müssen ihre Kryptowährungsrisiken verstehen, auch wenn sie selbst die Kryptowährung nicht verwahren. Und selbst Banken, die nicht beabsichtigen, ihr Geschäft auf Kryptowährung auszudehnen, müssen das Kryptoumfeld verstehen, und um ihre regulatorischen Verpflichtungen nachzukommen, die entsprechenden Interaktionen ihrer Kunden prüfen. Um illegale Aktivitäten auf Blockchains effektiv zu bekämpfen, müssen Finanzinstitute eng mit Regulierungsbehörden und Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten.

Auch wenn Blockchain und DeFi das Potenzial haben, viele der traditionellen Schwächen im Finanzsektor zu beseitigen, sind sie zugleich auch anfällig für verschiedene Arten von Missbrauch.

Blockchain-Analyse kann dazu beitragen, das Risiko von Missbrauch und Betrug zu minimieren. Es ist wichtig, dass Finanzinstitute alle verfügbaren Optionen sorgfältig abwägen und diejenigen auswählen, die am besten zu ihren Bedürfnissen und Anforderungen passen.

Über den Autor

Maik Jordt

Maik Jordt zeichnet als Head of Sales für den Einsatz der Chainalysis-Lösungen in der Privatwirtschaft in Deutschland verantwortlich. Sein Fokus liegt auf dem Banken- und Finanzsektor, von klassischen Finanzinstituten bis hin zu Krypto-Börsen sowie den Aufsichtsbehörden.

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