Das digitale Kunden-Onboarding mittels Video-Identifikation ist in der Finanzbranche inzwischen fest etabliert. Dabei kommt dem Erkennen von Betrugsversuchen eine hohe Bedeutung zu. Der Einsatz von Technologien aus dem Bereich Künstliche Intelligenz setzt nun neue Standards in der digitalen Ausweiserkennung.
Vielen Banken und Sparkassen praktizieren inzwischen das digitale Kunden-Onboarding mittels Video-Identifikation. Mithilfe eines Verfahrens aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz setzt der Ident-Anbieter IDnow nun neue Standards in der digitalen Ausweiserkennung. Er nutzt für sein Verfahren der Video-Identifikation Algorithmen zur Bilderkennung, die dabei helfen, das Ausweisdokument während des Identifikations-Vorgangs automatisch zu überprüfen. Mit diesem Vorgehen, das auf dem Deep-Learning-Prinzip basiert, können Betrugsversuche zuverlässig erkannt und so die Sicherheit des etablierten Verfahrens erhöht werden. Um die selbstentwickelte Software zu „trainieren“ und zu verfeinern, kommen Grafikkarten von NVIDIA zum Einsatz.
Künstliche Intelligenz ergänzt den Menschen
Das Verfahren zur Online-Legitimation wird mittlerweile in vielen europäischen Ländern von Unternehmen eingesetzt, die nach dem Geldwäschegesetz dazu verpflichtet sind, ihre Kunden vor dem Onboarding zu identifizieren. Dabei prüft ein geschulter Mitarbeiter, der so genannte Ident-Spezialist, im Video-Chat das Ausweisdokument des Nutzers. Um zu kontrollieren, dass sowohl der Ausweis als auch die Identität des Nutzers echt sind, kommt neben der menschlichen Expertise eine hochspezialisierte Software zum Einsatz. Diese führt einen automatischen Bildabgleich durch und prüft anhand verschiedener Merkmale wie beispielsweise den Kennziffern die Gültigkeit des Ausweises.
Deep-Learning zur Betrugsabwehr
Digitale Identitäten sind wertvoll und rufen deshalb leicht Betrüger auf den Plan. Um gefälschte Ausweise und technische Manipulationen während des Ident-Vorgangs zu erkennen, setzt IDnow auf Deep-Learning-Algorithmen zur Bilderkennung. Die Software dahinter hat das Unternehmen selbst entwickelt, da keine der bereits existierenden Technologien, die beispielsweise auf dem Prinzip der Kantenerkennung basieren, in der Praxis zufriedenstellende Ergebnisse lieferte. Da die Video-Identifikation in unkontrollierten Umgebungen stattfindet, ändern sich von Fall zu Fall das Licht, der Hintergrund und die Auflösung der verwendeten Web- oder Smartphone-Kamera. Einige Algorithmen markierten da schon mal die Kanten eines Bildes an der Wand anstelle der Ausweisecken. Deshalb entwickelte IDnow einen eigenen Algorithmus und trainierte ihn so, dass er unabhängig von Beleuchtung, Hintergrund und Kameraauflösung und praktisch in Echtzeit zuverlässig den Ausweis im Bild erkennt.
Im nächsten Schritt klassifiziert das Programm das Dokument, ermittelt also das Ausstellungsland, ob es sich um einen Personalausweis oder Reisepass handelt sowie die Ausweisversion. Schließlich ist der Algorithmus in der Lage, die Daten des Ausweisdokuments wie den Namen des Inhabers und die Prüfziffern auszulesen und zu prüfen. Diese Automatismen helfen den Ident-Spezialisten dabei, etwaige Unstimmigkeiten oder Betrugsversuche zu erkennen. Die Algorithmen zur Bilderkennung analysieren eine große Menge von Daten und lernen dabei nach und nach, Zusammenhänge und Muster zu erkennen und entsprechende Vorhersagen zu treffen. Um diesen Prozess zu beschleunigen und immer weiter zu verfeinern, werden Grafikkarten (GPUs) von NVIDIA eingesetzt.
Innovative Technologie zur Gesichtserkennung
Die IDnow-Technologie kann je nach Anforderung auch zum automatischen Gesichtsabgleich verwendet werden. Hierbei erkennt der Algorithmus anhand von 128 Punkten des Gesichts einen Grad der Ähnlichkeit zwischen der Person im Video-Chat und der Person auf dem Ausweisdokument. Die Identifizierung ist nur dann erfolgreich, wenn der Algorithmus festgestellt hat, dass es sich um dieselbe Person handelt. Dieser Abgleich wird auch genutzt, um Betrugsversuche zu reduzieren, da bereits bekannte Betrüger an dieser Stelle des Prozesses herausgefiltert werden.
Die Algorithmen, an denen IDnow schon länger arbeitete, kommen seit Sommer 2016 während des Ident-Vorgangs von bestimmten Kunden zum Einsatz. Derzeit läuft eine Testphase, um auch die Sicherheitsmerkmale des Ausweisdokuments automatisch zu erkennen und verifizieren. Wenn es gelingt, dass ein Algorithmus die Sicherheitsmerkmale wie beispielsweise Hologramme zuverlässig automatisch erkennt, die über eine große Anzahl von Frames in einem Video verteilt sind, ist das so etwas wie der Heilige Gral für die Ausweiskontrolle. Die bisher gewonnen Ergebnisse sind nicht nur für die Video-Identifikation, sondern sind auch für viele andere Use Cases relevant, bei denen Ausweise in unkontrollierten Umgebungen überprüft werden, wie etwa Führerschein- oder Alterskontrollen.