Dass sich der Immobilienfinanzierungsmarkt im Umbruch befindet, ist wahrlich keine Neuigkeit. Statt zu jammern, brauchen wir Konzepte, wie wir Banken uns in dieser Phase erfolgreich behaupten können. Wie geht die Sparkasse Bremen mit dieser Herausforderung um?

Umbruch im Markt für Immobilienfinanzierungen

Umbruch im Markt für Immobilienfinanzierungen: Kalter Kaffee von gestern?

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Das Neugeschäftsvolumen privater Baufinanzierungen in Deutschland ist laut Bundesbank im September 2023, gemessen am Höhepunkt März 2022, um über 60 Prozent zurückgegangen – in den ersten 9 Monaten des Jahres immerhin um 45 Prozent zum Vorjahr.

Die Digitalisierung wird zum „Dauernichtbrenner“ alle reden darüber, es passiert aber wenig. Kein Wunder in einer Branche, die stark durch regulatorische Vorgaben und komplizierte behördliche Vorgänge geprägt ist. Und wo die allermeisten Marktteilnehmer im letzten Jahrzehnt mit wenig Aufwand so viel Geld verdient haben, dass es kaum Druck zur Veränderung gab.

Der starke Zinsanstieg führt neben dem fehlenden Neugeschäft in den nächsten Jahren absehbar zum starken Refinanzierungsdruck und zu erhöhten Risikokosten eine Situation, die durch die lockeren Kreditstandards und hohen Beleihungsausläufe der letzten Jahre verschärft wird.

Ich sage dennoch: Keine von diesen ist die größte Herausforderung, die wir Banken in den nächsten Jahren meistern müssen vor allem diejenigen, die einen relevanten Teil ihrer G&V aus Baufinanzierungen erzeugen.

Sondern:

Wir Banken werden zunehmend irrelevant

Wir sind selbstverliebt und nach innen orientiert, mit Fokus auf interne Prozesse und Regulatorik. Der Kunde ist gefühlt das Unwichtigste fast ein Störfaktor und auf keinen Fall auf Augenhöhe. Er darf, wenn er einen Finanzierungsbedarf hat, einige Tage bis Wochen auf einen Termin warten und dann für eine Audienz vorstellig werden. Dann darf er einen Antrag stellen, welchen wir Banken in all unserer Weisheit und Gnade genehmigen.

Das ist nicht mehr zeitgemäß! Ein immer größerer Anteil des Geschäfts ist in den letzten Jahren an die Vermittlerplattformen gegangen, die schneller, transparenter, günstiger und kundenorientierter sind.

Es kommt noch schlimmer

Die Kundenreise fängt immer öfter auf BigTech-Plattformen an, beispielsweise auf einem Apple-Gerät mit einer Google-Suche. Erste Anlaufstelle ist dann ImmoScout oder der Tageshöchstbietende für teure SEA-Slots. Dann sind die Vermittler an der Reihe. Mit ganz viel Glück und dem richtigen Preis werden die Kunden an die Hausbank zurück vermittelt. Wir dürfen als letzter in der Nahrungskette mit unserer Bilanz, Risikokapazität und den erforderlichen regulatorischen Prozessen das Geschäft buchen. Mit zunehmender Verbreitung der Sharing Economy wird sogar das Produkt Baufinanzierung grundsätzlich in Frage gestellt.

Das Problem mit diesem Modell aus Sicht der Banken und Sparkassen:

  1. Wir werden immer austauschbarer.
  2. Der Preis wird zum wichtigsten Wettbewerbsfaktor.
  3. Die Wertstiftung findet woanders statt.
  4. Die Kundenschnittstelle ist immer weiter weg von den Banken und Sparkassen.

Wie können wir auf diese Entwicklungen reagieren?

Grundsätzlich ergebenen sich zwei Optionen:

  1. Skalierung und Größe: Damit können sich vielleicht zwei bis drei Banken eine Nische als günstiger Anbieter sichern. Was ist mit dem Rest?
  2. Schnelligkeit durch Automatisierung: Selbst wenn wir Banken es hinkriegen würden, spielen die Drittbeteiligten nicht mit Notare, Grundbuchämter, etc. Es wäre ohnehin eine Verstärkung des Skalierungsvorteils, denn der skalierte Player kann sich mehr Technologie-Fixkosten leisten.

Was ist unsere Antwort als eine stark regional verankerte Sparkasse, der die Wege 1 und 2 nur bedingt offenstehen?

Wir setzen auf unsere Stärken das Vertrauen unserer Kunden und unser Verständnis für deren Probleme und Lebenssituationen. Diese ergänzen wir um neue Fähigkeiten, die einer Sparkasse nicht unbedingt zugeschrieben werden: Mut, Experimentierfreudigkeit und Offenheit für Neues.

Und zu guter Letzt: Eine Rückkehr zu unseren Ursprüngen, unserer DNA, Lösungen für die Probleme unserer Kunden zu finden, statt nur Produkte zu verkaufen. Wir müssen unsere Kunden ein Leben lang begleiten, in allen Lebenssituationen, sodass nie die Notwendigkeit entsteht, die Sparkasse zu verlassen.

Schöne Theorie, was heißt das konkret?

Ein möglicher Weg könnte ein Ökosystem sein, das unseren Kunden in jeder Lebenslage die passende Lösung zum Thema Wohnen und Leben bietet. So könnte die lebenslange Kundenreise aussehen:

  1. Junge Menschen, die kurz vor dem Auszug aus dem Elternhaus stehen und noch nicht sicher sind, wo, wie lange, mit wem sie wohnen wollen, wünschen sich flexible, kurzfristige Umzugsmöglichkeiten, mit ergänzenden Services für verschiedene Convenience-Levels, z. B. Möblierung, Reinigung, Internet & Strom, Concierge…
  2. Was brauchen Berufseinsteiger, die den Wunsch nach einer eigenen Immobilie haben, aber noch nicht genügend EK haben oder sich nicht langfristig festlegen wollen? Z.B. Flexi: „Die Sparkasse kauft Deine Traumimmobilie“. Die Kunden können „probewohnen“ und flexibel entscheiden, ob sie weiterhin zur Miete wohnen, die Immobilie kaufen oder das notwendige Eigenkapital aufbauen. Dann reduziert sich die Miete anteilig um den angesparten Betrag.
  3. Für Menschen, die in Immobilien investieren wollen, aber noch nicht genug EK für eine „ganze“ Immobilie haben oder sich diversifizieren wollen, gibt es auch ein passendes Angebot: Mit Sachwert Invest kann ab einem Betrag von 500 € in Immobilien (oder Kunst, alternativen Energien) investiert werden. Dabei lässt sich eine gute Rendite erzielen und die Anteile können jederzeit wieder verkauft werden.
  4. Immobiliensuchende mit genügend EK wünschen sich eine schnelle Finanzierung. Gefragt sind Lösungen, bei denen alle notwendigen Daten elektronisch verfügbar sind (https://www.effi.de/ratgeber-immobilienkauf oder https://www.baufi-app.de) und die Entscheidung sofort „One-Click“ stattfinden kann (z.B u.a. https://europace.de/oneclick). Auch danach kümmert sich die Sparkasse um alle Formalitäten, damit die Kunden ihr Wohnglück genießen können.
  5. Wie können wir den vielen Eigentümern helfen, die sich mit dem Thema energetische Sanierung beschäftigen (was ist machbar, was lohnt sich, was ist förderbar)? Hier braucht es eine integrierte Lösung, die alle notwendigen Informationen und Dienstleister zusammenbringt und Eigentümer durch die Planung und Umsetzung führt. Ein erster Schritt in diese Richtung ist unserer Sanierungsrechner (https://www.effi.de/effi-sanierungsrechner).
  6. Im Rentenalter stehen dann diese Fragen im Raum: Reicht meine Rente? Kann ich meine Immobilie nutzen, um meine Lebenshaltung auf meinem gewohnten Standard zu halten? Wie kann ich Vermögen vererben, ohne zu viel Steuern zahlen zu müssen? Die Menschen benötigen eine Lösung, die genau auf ihre individuelle Lebenssituation angepasst ist von einem Partner, dem sie vertrauen.

So ein Ökosystem ist selbstverständlich erweiterbar und nur mit Partnern zu erreichen. Manche dieser Lösungen sind bereits auf dem Markt, was noch fehlt ist eine holistische Sicht auf unsere Kunden, und die Überzeugung:

Wenn wir in jeder Lebenslage die richtige Lösung anbieten können und die Wünsche, Bedürfnisse, Ängste und Sorgen unserer Kunden adressieren können, bleiben sie ein Leben lang bei uns!