Vor kurzem habe ich zwei Beispiele für Servicequalität erlebt, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Im einen Fall führte schlechter Service zum Wechsel der Hausbank, im anderen Fall führte guter Service zu Kundentreue und echter Begeisterung.
Hintergrund
Guter oder schlechter Kundenservice, das macht sehr häufig den Unterschied zwischen einem zufriedenem oder einem unzufriedenem Kunden aus. Über Konzepte und Beispiele wie Banken ihre Kunden begeistern könn(t)en, berichte ich hier im Bank Blog ja regelmäßig.
Guter oder schlechter Service kann aber auch den entscheidenden Unterschied zwischen der Gewinnung eines begeisterten Stammkunden und dem Wechsel einer Geschäftsbeziehung ausmachen, wie ich Ihnen anhand von zwei realen Beispielen aufzeigen möchte.
Schlechter Service und der Kunde geht
Der Sohn eines bekannten Arztes am Ort will für ein längeres Berufspraktikum ins Ausland. Fragen Sie mich bitte nicht warum, aber er muss dort, um eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu erhalten, von seiner hiesigen Bank eine Bestätigung beibringen, dass er über Einlagen im Gegenwert von 1.000 US$ verfügt.
Da er bei der örtlichen Sparkassen Geld angelegt hat das diesen Wert deutlich übersteigt, sollte das kein Problem sein … dachte er sich und bat in der Filiale um ein ebensolches Bestätigungsschreiben.
Leider hatte die Sparkasse ein Problem damit: Die Mitarbeiter vor Ort fühlten sich anscheinend entweder mit dem englischen Brieftext überfordert oder trauten sich einfach nicht, den Brief zu schreiben. Jedenfalls handelten sie nicht wie Unternehmer vor Ort, sondern schalteten ihre Zentrale ein und die machte ein Grundsatzthema daraus. Kennen Sie das: „Sie sind der erste mit sowas. Da könnte ja jeder kommen. Haben wir noch nie gemacht. Wo kämen wir denn da hin….“ Kurzum, man wollte die gewünschte Bestätigung nicht ausstellen.
Was macht ein Kunde in einer solchen Situation? Verzweifeln und das Praktikum absagen? Wohl kaum! Er sucht nach Alternativen. In diesem Fall ist er einfach über die Straße in die örtliche Volksbankfiliale gegangen und hat dort sein Anliegen vorgebracht. Und man höre und staune: Die Mitarbeiter dort waren sofort und ohne Nachfrage in ihrer Zentrale bereit, den gewünschten Brief zu schreiben, worauf der junge Mann seine Geschäftsbeziehung mit der Sparkasse beendet hat und zur Volksbank gewechselt ist.
Fazit: Die Sparkasse hat einen Kunden verloren, die Volksbank einen neuen hinzugewonnen. Nicht das erste Mal übrigens, wie mir schon mehrfach berichtet wurde. Die örtliche Volksbank scheint gegenüber der örtlichen Sparkasse in vielerlei Hinsicht flexibler zu sein und kann damit einige Servicevorteile ins Feld führen: so hält man z.B. noch einen eigenen Sortenvorrat in der Filiale vor, hat freie Schließfächer und scheint ganz allgemein weniger „formal rüberzukommen“.
Der Vater ist übrigens auch Kunde bei der Sparkasse. Glauben Sie, dass er über den Vorfall wirklich begeistert ist? Wohl kaum, hätte er mir sonst die Geschichte erzählt? Mal schauen, wie lange er dort noch Kunde bleibt …
Guter Service und der Kunde wird zum Fan
Vorweg, das nachfolgende Beispiel für hervorragenden Service entstammt nicht dem Bankbereich. Möglicherweise wird Sie das nicht wundern, Sie werden sicherlich dennoch daran interessiert sein. Immerhin könn(t)en Banken auch in diesem Fall etwas daraus lernen.
Meine Tochter reitet und einmal im Jahr macht Sie ohne die Eltern Reiterferien auf einem Ponyhof. Das erste Mal vor zwei Jahren war sie alleine dort, beim zweiten Mal im letzten Jahr hat sie eine Freundin mitgenommen und dieses Jahr wird sie eine andere Freundin mitnehmen und ihre Freundin vom letzten Jahr wird ebenfalls mit einer weiteren Freundin dorthin fahren.
Zwischenfazit
Aus einem Neukunden sind inzwischen zwei Stammkunden und zwei Neukunden geworden = vier Kunden insgesamt. Schon mal nicht schlecht, oder?
Erfolgsgeheimnis „Service“
Was ist nun an diesem Reiterhof so toll? Es handelt sich um einen kleinen Familienbetrieb im Wendland. Eine wirklich nette Familie, die sich gut und fürsorglich um die Mädels kümmert. Die Mutter kocht (lecker), der Vater gibt (guten) Reitunterricht und die (erwachsenen) Kinder reiten mit aus und helfen. Es gibt dort keine Grand Prix Pferde, aber die Ponys sind brav und gehen auch im Gelände einen geordneten Galopp mit den Kindern. Die eigentliche Basisleistung stimmt also.
Und der Service? Die Kinder haben Küchendienst, Stalldienst, Zimmerdienst, kein Vergleich also mit den Freiheiten zuhause… aber es scheint allen einen Riesenspaß zu machen.
Das i-Tüpfelchen aber ist eine Kleinigkeit: Zu Weihnachten erhält jedes Kind einen handgeschriebenen persönlichen Gruß mit einem individuellen Pferdefoto. Woher ich weiß, dass das Foto individuell ist? Auch Kinder vergleichen Leistungen: die Mädels haben sich ihre Karten gezeigt und waren ganz begeistert, dass jede von ihnen ein anderes Bild darin hatte. Und haben es gleich anderen weiter erzählt.
Wann haben Sie das letzte Mal Ihrem Kunden einen wirklich individuellen Brief geschrieben, zumal einen, den Ihre Kunden herum gezeigt haben? Dabei wäre das doch so einfach… Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit der Anzahl zu betreuender Kunden; der Reiterhof hat auch jedes Jahr 200-300 Gastkinder.
Fazit
Kundenservice kann sehr schnell und leicht den Unterschied zwischen erfolgreicher (Neu)kundengewinnung und dem Verlust von Kunden ausmachen. Dabei ist der Aufwand für guten Kundenservice meist überschaubar und oft deutlich geringer als der entgangene Ertrag aus einer verlorenen Kundenverbindung oder der aufzubringende Aufwand für Neuakquisitionen.
Wofür entscheiden Sie und Ihre Bank sich?
2 Kommentare
Einfache und gute Beispiele. Klasse.
Das fatale am schlechten Beispiel ist: Wer mit seinem Dienstleister nicht zufrieden ist sagt es bis zu 16 Personen.
Mein Erlebnis im letzten Jahr:
Kurz vor dem Start zu Geschäftsreise stehe ich mit Anzug gekleidet in einer Bankfiliale und will meinen Scheck von der Krankenkasse einreichen.
Drei Frauen stehen hinter dem Schalter. Eine entschließt sich, meinen Scheck entgegen zu nehmen. Klasse, sie füllt auch gleich das Formular aus. Das bin ich nicht gewohnt.
Parallel ist ein osteuropäischer Handwerker mit einem Stapel an Rechnungen hereingekommen. Er bittet die Azubine ihm beim ausfüllen der 15 – 20 Überweisungsscheine zu helfen. Die antwortet in einem (wie ich fand) Rotzton: „Das müssen Sie selber machen. Dafür bin ich nicht zuständig!“ Obwohl kein weiterer Kunde im Raum war, war sich die Azubine zu schade zu helfen. Eine Minute später, die Azubine steht immer noch hinter dem Schalter, kommt der hilflose Handwerker noch mal auf sie zu. Da zischelt die Azubine zu ihrer Kollegin: „Jetzt kommt der Idiot schon wieder!“
Wäre mein Zug nach Frankfurt nicht in drei Minuten abgefahren, hätte ich mächtig Wind gemacht und dem Handwerker die gegenüberliegende Bank empfohlen.
Bei der Bank reden wir von einer internationalen Bank, die in ihrem Claim etwas von Kundennähe verspricht. Das mit der Kundennähe scheint am Bankschalter noch nicht angekommen zu sein. Bankern scheint nicht klar zu sein, dass sie sich beim Kunden zu bewerben haben und nicht der Kunde beim Banker.
In diesem Sinne einen guten Start in eine kundenfreundliche Woche
Ulrich Welzel
…genau deshalb fordern wir mehr Transparenz und Vergleichbarkeit von Banken, Produkten und Dienstleistungen, damit sich Kunden beim Konto- bzw. Bankwechsel im Zweifel noch leichter tun und nicht davor zurückschrecken.