Diverse Studien und Umfragen zeigen ein klares und eindeutiges Bild der Unzufriedenheit von Bankkunden. Viele wünschen sich eine bessere Bank und sind wechselwillig. Doch warum tun sie es dann nicht? Ein Erklärungsansatz.
Hintergrund
Studien aus der letzten Zeit zeigen, dass zwischen 25 und 30 Prozent der Privatkunden bereit und willens wären ihre Bankverbindung zu wechseln. Stellt sich die Frage, warum sie es dann nicht tun.
Dieser Tage saß ich in gemütlicher Runde mit Nichtbankern zusammen. Es ließ sich nicht vermeiden, dabei auch über Banken zu sprechen. Einer aus der Runde, nennen wir ihn mal Michael, erzählte mir von seiner Unzufriedenheit mit der alten und der Herausforderung, eine neue Bank zu finden. Seine Gedanken fand ich so spannend, dass ich sie am nächsten Morgen aufgeschrieben habe und hiermit an Sie weiterreiche.
Die traurige Geschichte vom Untergang einer Bank
Erinnern Sie sich noch? Die Bank für Gemeinwirtschaft wurde 1949 vom Deutschen Gewerkschaftsbund gegründet. 1987 wurde sie von der Aachener und Münchener Versicherung übernommen und 1991 in BfG Bank AG umfirmiert. 1993 übernahm dann der Crédit Lyonnais, die Aktienmehrheit und 2000 erwarb die schwedische Bank SEB 100 % der Aktien. 2001 firmierte die BfG AG in SEB AG um und versuchte mit Peter Ustinov einen Neuanfang unter dem Motto „More than a bank“. Das war damals eine viel beachtete Marketingkampagne. Das folgende Video von damals habe ich noch finden können.
2006 versuchte die Bank noch einmal als schwedische Bank ans „Ikea“-Image anzuknüpfen, was aber auch nicht wirklich erfolgreich war.
2011 übernahm schließlich die spanische Banco Santander das deutsche Privatkundengeschäft und gliederte es in die Santander Consumer Bank (Deutschland) ein.
Fusionsgeschädigt
Michael hat vor einigen Jahren bei der SEB ein Girokonto eröffnet und ist nun durch die Übernahme Kunde von Santander geworden. So richtig zufrieden ist er dort allerdings nicht. Santander hat ihm nun mitgeteilt, dass er eine neue Bankleitzahl in Folge der Übernahme erhalten soll. Dies hat Michael zum Anlass genommen, über den Wechsel der Bankverbindung nachzudenken, ist doch der Aufwand, eine neue Bankleitzahl zu kommunizieren nicht wesentlich kleiner als gleich eine neue Bankverbindung einzurichten.
Mit einem Stoßseufzer hat mich Michael gefragt, warum Banken denn nicht einfach kunden- und serviceorientiert sein können. Er selbst arbeitet übrigens im Automobilzulieferbereich und meint, wenn sein so Arbeitgeber sich gegenüber Kunden so verhalten würde wie die Banken, dann gäbe es ihn nicht mehr. Der Wettbewerbsdruck sei enorm.
Kriterien für eine neue Bankverbindung
Michael ist Ingenieur und die nehmen die Dinge bekanntlich sehr genau. Also hat er für sich eine kleine Liste aufgestellt, was seine Bank denn so alles können müsste:
- Filialnetz vorhanden?
- Maestro Card kostenlos enthalten?
- Maestro m. Geldkartenchip kostenlos?
- Kreditkarte kostenlos?
- Debit-Karte (z.B. Visa) enthalten?
- GA kostenlos abheben (Inland? Ausland?
- PIN/TAN Verfahren (Standard/Telefon TAN etc.)?
- Anderes Online-Banking (z.B. Chipkarte, Personalausweis etc.)?
- Kontoauszug zu Hause druckbar?
- Kontoauszug als CSV/XLS abrufbar?
- Kostenlose Partnerkarten?
- Kostenlose Unterkonten anlegbar?
- Mobile App für Smartphone nutzbar?
- Spez. Zahlung für Internetshopping (z.B. „Verified Visa“ o.ä.)?
- Willkommensbonus für Kontoeröffnung?
- Sonstiges?
Die Liste sieht sicherlich für jeden anders aus. Bemerkenswert finde ich u.a., dass Michael durchaus gerne eine Filiale hätte, obwohl er sie bisher noch nie genutzt hat.
Leider ist Michael bislang nicht fündig geworden. An irgendeiner Stelle müsse er bereit sein, Abstriche an seinen Wünschen vorzunehmen. Und die möglicherweise vorhandenen Vorteile einer neuen Bank wiegen diese Abstriche (aus seiner Sicht) nicht auf.
Dann eben mehrere Bankverbindungen
Michael bleibt nun bis auf weiteres Kunde von Santander. Allerdings hat er bei einer anderen Bank ein weiteres Girokonto eröffnet, um dort wenigstens einige seiner Wünsche erfüllt zu bekommen.
Er ist damit kein Einzelfall, ich kenne Menschen, die haben
- Ein kostenloses Girokonto bei einer Regionalbank vor Ort.
- Ein kostenloses Girokonto weltweiten kostenlosen Geldabheben bei einer Direktbank.
- Ein Tagesgeldkonto bei einer anderen Direktbank.
- Ein oder manchmal sogar zwei Wertpapierdepots bei weiteren Banken.
- Eine Baufinanzierung bei noch einer weiteren Bank.
Das macht 5-6 Bankverbindungen und wenn ich deren Geschäftsberichte lese, glauben die alle Hauptbank bei ihren Kunden zu sein.
Fazit
Michael geht es wie vielen anderen Kunden auch: die ideale Bank für Privatkunden scheint es hierzulande nicht zu geben. Warum eigentlich nicht? Liegt der Ausweg tatsächlich in der Zweit- und Drittbankverbindung? Ist es wirklich so schwer, rundum kundenorientiert zu sein?
Das kann ich eigentlich nicht glauben. Vielleicht sollte man mal via Crowdsourcing eine neue wirklich kundenorientierte Bank gründen?! Was meinen Sie? Würden Sie in eine solche Gründung investieren? Und vielleicht sogar Kunde werden?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare.