Fünf Thesen zur Mega-Fusion in der Sparkassengruppe

Gefährdung der Digitalisierung der Sparkassen

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Die Sparkassenfinanzgruppe diskutiert aktuell eine Fusion ihrer Spitzeninstitute. Fünf Thesen zeigen, warum sie damit Gefahr läuft, ihre Kunden aus den Augen zu verlieren und bei der Digitalisierung den Anschluss zu verpassen.

Fusionsgefahren im Sparkassenlager

Eine Mega-Fusion der Spitzeninstitute könnte die Sparkassengruppe in der Digitalisierung zurückwerfen.

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Was das Lager der genossenschaftlichen Banken mit Fusionen in den Jahren 2001 und 2016 vorgemacht hat, plant nun offenbar die Sparkassenfinanzgruppe. Pressemeldungen lassen verlauten, dass die Sparkassenfinanzgruppe, ausgelöst durch den Bieterwettstreit um die angeschlagene Nord LB, eine Fusion ihrer Spitzeninstitute Helaba, LBBW, Nord LB, Deka und Berlin Hyp in Erwägung zieht. Gelänge das gewagte Vorhaben könnte die drittgrößte deutsche Bank mit einer Bilanzsumme von ungefähr 700 Mrd. € entstehen.

Wie konkret eine fusionierte gesamtdeutsche Landesbank aussehen würde, steht noch in den Sternen. Auf den ersten Blick klingen die damit verfolgten Ziele durchaus sinnvoll und durchdacht. Durch eine Fusion könnten in signifikantem Umfang Kosten insbesondere in der Verwaltung, der IT sowie in den Vertriebsstrukturen eingespart werden. Ein so großes Spitzeninstitut wäre in der Lage auch große Transaktionen zu bewältigen, die heute für einzelne Landesbanken nur schwer zu stemmen sind.

Zudem sprechen weitere Faktoren für einen erfolgreichen Zusammenschluss. So verfügen die heutigen Landesbanken über ein vergleichbares Produktportfolio, ähnliche Strukturen und eine zumindest verwandte Unternehmenskultur. Außerdem wurden in den vergangenen Jahren die IT-Infrastruktur zumindest partiell angeglichen.

Mega-Fusion bedroht Digitalisierung in der Sparkassenwelt

Doch was bedeutet die Mega-Fusion für das zarte Pflänzchen der Digitalisierung in der Sparkassenwelt? Die folgenden fünf Thesen zeigen, warum die geplante Fusion die Sparkassenfinanzgruppe bei der Bewältigung der durch die Digitalisierung entstehenden Herausforderungen um Jahre zurückwerfen könnte.

These 1: Politische Machtkämpfe lähmen die Organisation

Sollte eine Fusion konkreter werden, werden Spekulationen über die künftige Struktur sowie die künftige persönliche Rolle in einem neuen Institut in den Vordergrund rücken. Die Fortführung aktueller Projekte zur Entwicklung digitaler Innovationen und Automatisierung von Prozessen sowie der Verschlankung der Infrastruktur würde durch Mitarbeiter und Führungskräfte in Frage gestellt, da künftige Prozesse und Strukturen unklar sind.

Zudem würden die unterschiedlichen Interessen der Eigentümer sowie deren politische Ziele zu langwierigen Verhandlungen auf Kosten der Entwicklung zukunftsfähiger digitaler Geschäftsmodelle und kundenzentrierter Prozesse führen.

These 2: Mitarbeiter mit digitalem Mindset verlassen die Sparkassenorganisation

Um die Digitalisierung zu bewältigen, sind innovative Mitarbeiter erforderlich, die Zukunft gestalten wollen und bereit, sind aus Kundensicht zu denken. Diese Mitarbeiter benötigen eine moderne Arbeitsumgebung und offene Unternehmenskultur, um sich zu entfalten und Mehrwert zu generieren.

Wenn die gerade begonnene Veränderung der verkrusteten Strukturen und Arbeitsweisen aus dem Fokus gerät, ist zu befürchten, dass die Sparkassengruppe bereits im Vorfeld der Fusion eine Vielzahl motivierter und qualifizierter Mitarbeiter verlieren könnte. Mitarbeiter mit digitalem Mindset sind branchenübergreifend auf dem Arbeitsmarkt gefragt und werden sich leicht tun eine neue Herausforderung zu finden.

These 3: IT-Integration kostet Zeit und Ressourcen

Obwohl die Sparkassenfinanzgruppe die Harmonisierung der IT-Infrastruktur durch die Einführung des Kernbanksystems OSPlus in den letzten Jahren vorangetrieben hat, verfügen die Landesbanken insbesondere im komplexeren Geschäft noch immer über sehr heterogene IT- und Prozesslandschaften. Daher wäre einerseits eine Vereinheitlichung der IT-Infrastruktur sowie die Migration bestehender Geschäfte in die neue einheitliche IT-Landschaft erforderlich.

Es steht zu befürchten, dass die Fusion zu einem Spitzeninstitut einen signifikanten Kosten- und Zeitaufwand verursachen wird. Ob dieser Aufwand durch entsprechende Effizienzgewinne gerechtfertigt wird, muss zumindest hinterfragt werden.

Zudem würden die für die IT-Integration benötigten Ressourcen in anderen, auf die Kunden ausgerichteten, Digitalisierungsinitiativen fehlen.

These 4: Effizienzverluste statt Effizienzgewinn

Um nachhaltige Effizienzgewinne zu erzielen, ist es erforderlich im neuen Spitzeninstitut digitale und automatisierte End-to-End Prozesse zu etablieren und Fachfunktionen zu zentralisieren. Bereits heute haben die Institute begonnen Prozesse zu automatisieren und dadurch zu beschleunigen. Hypothese ist, dass jedes Institut dafür bisher eigene Lösungen auf Basis unterschiedlicher Technologien entwickelt hat.

Durch eine Fusion ist zumindest kurzfristig mit deutlichen Effizienzverlusten zu rechnen, wenn die heutigen Prozesse als provisorische Lösungen in einer fusionierten Bank gebündelt werden. Ferner ist es höchst fraglich, ob im Rahmen der Verhandlungen zwischen den unterschiedlichen Eigentümer die künftige Effizienz von Strukturen und Prozessen im Vordergrund stehen wird.

Es steht vielmehr zu befürchten, dass regionaler Proporz sowie die Sicherung aller aktuellen Standorte inklusive entsprechender Zusagen für die Mitarbeiter im Vordergrund des Interesses stehen werden. Damit wären der künftigen Führung der geplanten Großbank bezüglich der Hebung von Effizienzen in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden.

These 5: Blick nach innen statt Kundenfokus

Die erfolgreiche Bewältigung der Digitalisierung erfordert die Ausrichtung des Denkens und Handelns einer Organisation an den Kundenbedürfnissen. Produkte und Prozesse müssen konsequent auf den Kunden ausgerichtet sein, um schnell auf deren – sich in Veränderung befindliche – Bedürfnisse reagieren zu können. Kundenzentriertes Denken und Handeln ermöglicht zudem die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle und stellt damit die Grundlage für die erfolgreiche Zukunft eines Unternehmens dar.

Statt die zaghaften Bemühungen der Sparkassenwelt zu intensivieren, den Kunden in den Mittelpunkt allen Handelns zu stellen, steht zu befürchten, dass sich der Blick in den nächsten Jahren konsequent nach innen richten wird. Neben den bereits angeführten politischen Debatten wird die Integration der verschiedenen Produkt-, Prozess- und Infrastrukturwelten dazu führen, dass sich die Landesbanken mit sich selbst und nicht mehr mit ihren Kunden auseinandersetzen. Damit drohen Sie an der Kundenschnittstelle den Anschluss zu verlieren.

Die Ziele einer möglichen Fusion sind nachvollziehbar und plausibel. Selbst wenn durch eine Fusion die Effizienzziele erreicht werden, besteht aber die Gefahr, dass das künftige Spitzeninstitut keine Zukunft hat, wenn die Kunden auf dem Weg vergessen werden. Für eine erfolgreiche Fusion müsste es gelingen, die Digitalisierung der Kundenschnittstelle und die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle weiter voranzutreiben, Leistungsträger zu halten und eine Fusion nicht zu einem politischen Tauziehen unterschiedlicher Interessengruppen werden zulassen. Ob dies möglich ist, ist unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus der Vergangenheit zumindest fragwürdig.

Über den Autor

Florian Fichter

Florian Fichter ist Senior Management Consultant und Experte für Finance & Banking bei diconium strategy. Er hat einen Master of Science der Universität Tübingen und war zuvor für verschiedene Unternehmen tätig.

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Ein Kommentar

  1. Avatar

    Hat sich ggf. schon jemand mit der Frage beschäftigt, welche Risiken durch die Fusion zu einem Großinstitut aggregiert werden müssten?. Schließlich sind alle Landesbanken, jede für sich, erhebliche Kreditausfallrisiken durch die Finanzierung von Konzernunternehmen eingegangen, die dann zu einem Gesamtrisiko für ein einziges Institut zusammengeführt werden müssten. Wie sollen die entstehenden Risiken für die Bundesländer politisch wohl argumentiert werden? Statt eine Rettung einzelner Häuser vordergründig durch eine Fusion anzustreben, wäre es ggf. sinnvoll über das bisherige Geschäftsmodell nachzudenken.

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