Mit der Einführung des Bundesamtes zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) zieht Deutschland die Zügel im Bereich Sanktionierung und Geldwäschebekämpfung an. Im privaten Sektor sollten Unternehmen daher mit größerem regulatorischem Druck rechnen.
In Deutschland wurden diverse wichtige Schritte zur Stärkung der nationalen Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung/Terrorismusfinanzierung (AML/CFT) sowie der Sanktionsvorschriften unternommen. Die Ankündigung einer neu geschaffenen Behörde, des Bundesamtes zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF), stellt eine willkommene Neuerung in einem Bereich dar, der für politische Entscheidungsträger in Deutschland großes Gewicht hat. Das BBF bündelt als dringend benötigtes Zentralorgan AML-/CFT- Schlüsselkompetenzen unter einem Dach.
Finanzkriminalität ist eine globale Herausforderung
Geldwäsche ist ein globales Thema. Menschen- und Drogenhandel sowie andere rechtswidrige Aktivitäten sind für Kriminelle ein lukratives Geschäft. Die illegalen Gewinne daraus finden ihren Weg in das reguläre Finanzsystem, wo sie gewaschen werden, um ihre Herkunft zu verschleiern. Laut Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) werden jedes Jahr zwischen 800 Millionen und zwei Billionen US-Dollar gewaschen; dies entspricht zwei bis fünf Prozent des globalen BIP.
Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Anti-Money Laundering, AML) helfen dabei, illegale Aktivitäten zu identifizieren und vermeiden die Ausnutzung des Finanzsystems für kriminelle Machenschaften. Sanktionen ermöglichen Regierungen, das Finanzsystem als Waffe gegen bestimmte Ziele einzusetzen, und so den Zugang zu dem Geld zu beschneiden, das für die kriminellen Aktivitäten benötigt wird.
Um das Sanktions- und Geldwäscherisiko effektiv zu steuern, ist globale Zusammenarbeit vonnöten: Jedes Land, jede Regierung und Behörde, jeder Konzern und Exporteur, jedes Unternehmen muss seinen Teil dazu beitragen, dass ein genaues Bild aller Akteure und Transaktionen entlang der Finanzkette gezeichnet wird.
Die FATF – eine globale Antwort auf Finanzkriminalität
Die Financial Action Task Force (FATF) ist eine internationale, global tätige Organisation, die 1989 von den G7-Staaten zum Schutz der Integrität des internationalen Finanzsystems vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gegründet wurde. Die 40 Empfehlungen der FATF gelten heute de facto als internationaler AML/CFT-Standard. Sie werden regelmäßig aktualisiert 205 Rechtsordnungen in aller Welt erkennen sie an.
Die zunehmende Anwendung wirtschaftlicher Sanktionen
Sanktionen sind nichtmilitärische außenpolitische Zwangsmittel, die dazu eingesetzt werden, um das Verhalten eines Staates zu ändern. Sie können breit angelegt oder gezielt auf bestimmte Einzelpersonen, Unternehmen, Güter, Regionen usw. ausgerichtet sein.
Die vier wichtigsten Regulierungsinstanzen (Europäische Union (EU), Vereinte Nationen (UN), Office of Foreign Assets Control (OFAC) und Office of Financial Sanctions Implementation (OFSI, GB)) haben im Verlauf des Jahres 2022 zahlreiche Sanktionen verhängt, wobei es sich bei einem Großteil um Sanktionsprogramme mit Russland-Bezug handelt.
Deutschlands Rolle in der Weltwirtschaft
Als größte Volkswirtschaft Europas und viertgrößte der Welt trägt Deutschland eine besonders große Verantwortung beim Schutz des Finanzsystems vor Missbrauch. Deutschland ist zudem die weltweit drittgrößte Exportnation, wodurch das Land bei der Durchsetzung von Sanktionen und der Sicherstellung solider AML/CFT-Maßnahmen ebenfalls im Mittelpunkt steht.
Der gut entwickelte deutsche Bankensektor spielt für die Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Nicht nur finden sich in Deutschland die meisten Banken in der EU, deren Gesamtvermögen mehr als 9,2 Billionen Euro beträgt, diese Banken weisen auch die meisten Zweigniederlassungen im Ausland auf.
Deutschland ist zudem Sitz von vier der zehn sichersten Banken Europas, und die nationale Förderbank KfW wurde von Global Finance das 14. Jahr in Folge als sicherste Bank der Welt eingestuft. Trotz eines stabilen und angesehenen Finanzsektors ist Deutschland nicht frei von Compliance-Problemen.
Strukturelle und operative Schwächen behindern Compliance-Angelegenheiten
Deutschlands Dezentralisierung mit seinen 16 Bundesländern ist zum Teil für Compliance- Lücken verantwortlich. Dies macht ein koordiniertes Vorgehen komplexer und anspruchsvoller.
Oft wurde das Land für seine unzureichende strafrechtliche Verfolgung von Geldwäschevergehen kritisiert. Die bestehenden operativen Prozesse und der Mangel an Rechtsmitteln schränken die Regierung in ihrer Fähigkeit ein, die Vermögenswerte sanktionierter Personen zu identifizieren, einzufrieren und zu beschlagnahmen.
Die Probleme kamen ans Licht, als sich Berichte mehrten, dass sanktionierte russische Oligarchen nach wie vor Yachten, Immobilien und andere Luxusgüter in Deutschland besaßen. Im Mutual Evaluation Report der FATF für Deutschland wurden noch weitere Mängel im Hinblick auf die Umsetzung von AML/CFT-Maßnahmen und die Sanktionscompliance hervorgehoben. Trotz aktueller Fortschritte hinkt Deutschland immer noch hinter Frankreich hinterher, was die Umsetzung der FATF-Empfehlungen betrifft.
Guter Fortschritt, doch es gibt noch viel zu tun
Viele der Risiken, mit denen Deutschland sich auseinandersetzen muss, sind das Resultat seiner strategischen Rolle auf den Finanzmärkten, der umfangreichen Korrespondenzbankbeziehungen und der soliden Volkswirtschaft. Auch die starke Affinität der Deutschen für Bargeldtransaktionen stellt ein Risiko dar. Da fast 75 % aller Transaktionen in bar abgewickelt werden und – anders als in anderen Ländern – praktisch kein Limit für die Transaktionshöhe besteht, eignet sich Deutschland ideal für Geldwäscherei.
Im jüngsten FATF-Bericht wurde Deutschland für seine Reformen zur Stärkung seiner AML/CFT- Strukturen gelobt, die das Land in den vergangenen fünf Jahren unternommen hat. Doch obwohl sich die formale Umsetzung verbessert hat, befindet sich der von Deutschland erzielte Fortschritt im Hinblick auf die Untersuchung und Sanktionierung von Geldwäschevergehen nicht auf einem Niveau, das man von einem Land seiner Größe und seinem umfangreichen Finanz- und Wirtschaftssektor erwarten würde.
- Schätzungsweise über 100 Milliarden Euro werden in Deutschland pro Jahr gewaschen.
- 20 bis 30 % der kriminellen Erlöse werden im non-financial sector gewaschen.
- Als Folge der 37.000 Untersuchungsanfragen im Jahr 2020 wurden nur 1.000 Personen wegen Geldwäsche strafrechtlich belangt, also lediglich 2,7 %.
Was bedeuten diese Anpassungen für Unternehmen?
Das Inkrafttreten des SanktDG II und die Einrichtung des BBF im Jahr 2024 sind starke Indikatoren dafür, dass die deutsche Regierung härter gegen Finanzkriminalität vorgehen wird. Im privaten Sektor sollten Unternehmen daher mit größerem regulatorischem Druck rechnen, sobald die neuen strukturellen und operativen Anpassungen ihre Wirkung entfalten.
Da Deutschland die Zügel im Bereich Sanktionierung und AML-Compliance anzieht, können sich Unternehmen keine Nachlässigkeit leisten. Die Nichterfüllung der regulatorischen Verpflichtungen kann empfindliche Strafen und andere Risiken mit sich bringen. Vorausschauende Organisationen, die bereits heute in Technologie und Daten zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität in puncto Compliance investieren, werden besser auf das sich eindeutig abzeichnende strengere Aufsichtsregime vorbereitet sein.
Stärkung der Compliance
In den letzten Jahren hat Deutschland die Sanktions- und AML-Durchsetzung aus den Augen verloren und ist hinter anderen Ländern inner- und außerhalb der EU zurückgefallen. Das Land ist nun bemüht, wieder aufzuholen. Zu den Auslösern für die nun vorgenommenen Anpassungen gehören der FATF Mutual Evaluation Report und ins Licht der Öffentlichkeit gerückte Sanktionsverstöße russischer Personen und Unternehmen.
Mit der Schaffung des BBF verdeutlicht Deutschland zudem, dass es aktiv Maßnahmen ergreift und erforderliche Anpassungen zum Umbau seiner Infrastruktur und operativen Prozesse sowie zur Stärkung der Compliance unternimmt. Die Zeit wird zeigen, ob diese Maßnahmen ausreichen.
Mehr über das Partnerkonzept des Bank Blogs erfahren Sie hier.