Mit Schwarmintelligenz zur besseren Performance?

Social Trading auf dem Prüfstand

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Social Trading versucht, Anlageempfehlungen und Social Media automatisiert zu kombinieren. Die Verfechter verweisen auf die Macht der Schwarmintelligenz. Doch führt diese zwangsläufig zu besserer Performance für den Anleger?

Schwarmintelligenz und Geldanlage

Führt Schwarmintelligenz zu einer besseren Performance bei der Geldanlage?

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In sozialen Medien ist es längst ein bewährtes Muster: Nutzer folgen Vorbildern mit vermeintlich attraktiven Informationen oder Ideen. Auch Anlageempfehlungen werden in Social Media weitergegeben. Das Social Trading geht noch weiter: Es bietet eine integrierte Anbindung an ein Anlagekonto (Brokerkonto), um Anlageempfehlungen automatisch in Handelsentscheidungen umsetzen zu können. In der Regel werden Handelssignale anderer Marktteilnehmer, denen eine Vorbildrolle als erfolgreiche Anleger in der jeweils definierten Social Community zugeschrieben wird, automatisch kopiert. Gleichzeitig wird damit oft eine alternative Vermögensverwaltung beabsichtigt. Das mit einem solchen Copy Trading verbundene Portfoliomanagement enthält damit nicht mehr nur Informationsas­pekte, sondern direkt Empfehlungen als Wertelement, wenn auch nicht in persönlicher Form „face to face“.

Beim Social Trading folgen Nutzer vermeintlich erfolgreichen Anlegern

Die BaFin definiert eine Plattform zur Signalgebung und automatisierten Auftragsausführung – Signal Following oder Social Trading – wie folgt:

„Der Betreiber einer Plattform zur Signalgebung eröff­net den sogenannten Signalgebern oder Tradern die Möglichkeit, ihre Wertpapier-Portfolien öffentlich einsehbar zu führen (Referenzportfolio). So können sämtliche Handelsentscheidungen der Trader beobachtet werden, üblicherweise über das Internet. Die Kunden (Follower) der Plattform verknüpfen ihr eigenes Portfolio mit einem oder mehreren Referenzportfolien. Sowohl das Portfolio der Kunden als auch die Referenzportfolien werden in der Regel bei einem Institut geführt, mit dem der Plattformbetreiber kooperiert. Handelsentscheidungen des entsprechenden Traders werden dann auch auto­matisiert für den Kunden ausgeführt. So kann der Kunde der Handels- bzw. Anlagestrategie des oder der Trader(s) folgen, die seiner Ansicht nach am erfolgreichsten sind. Die Trader erhalten für die Ver­öffentlichung ihrer Handelsentscheidungen typischerweise eine Vergütung.“

Zu den Anbietern solcher Plattformen zur Signalgebung zählen in Deutschland vor allem eToro, Ayondo, moneymeets und Wikifolio.

Ist der Schwarm beim Social Trading tatsächlich intelligenter als der Markt?

Ob der Schwarm mit seiner kollektiven Intelligenz oder Weisheit tatsächlich überlegen ist, wurde erstmalig in einer wissenschaftlichen empirischen Analyse zur Performance von Social Trading (Copy Trading) untersucht.

Analysiert wurden 1.084 Wikifolio-Zertifikate, die in den Jahren 2012 und 2013 emittiert wurden. Mit verschiedenen Faktormodellen der empirischen Finanzmarktforschung wurden die Returns der Zerti­fikate und deren Alphas relativ zu Benchmarks analysiert. Die ausführliche Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Wikifolios den Markt im Durchschnitt nicht outperformen. Allerdings zeigen Wikifolios mit einem geografischen Fokus eine höhere Performance als solche ohne. Die am besten abschneidenden Wikifolios weisen eine signifikante kurzfristige Überrendite auf. Diese kurzfristige Outperformance der Wikifolios einzelner Signalgeber steht im Einklang mit Forschungsergebnissen zu kurzfristigen Überrenditen einzelner Fondsmanager aktiv gemanagter Publikumsfonds.

Es kann bisher keine Aussage zur langfristigen Performance der (nichtprofessionellen) Signalgeber getroffen werden: Zum Zeitpunkt der Untersuchung waren die Wikifolios als neues Finanzprodukt noch nicht ausreichend lang verfügbar (seit 2012–2013). Ähnliches gilt für eine systematische Auswertung zum Informationsgehalt und zur Anreizwirkung der Labels der Wikifolios im Rahmen der Kauf- oder Follower-Entscheidung. Das Label „häufig gekauft“ jedenfalls, das signifi­kant auffällig wird in der Regressionsanalyse der Daten, ist wohl weniger auf eine historische Perfor­mance bezogen als vielmehr auf den historischen Orderflow, der durch die Follower erzeugt wird.

Fazit: Social Trading führt nicht zwangsläufig zu Outperformance

Nichtprofessionelle Investoren haben bei einer eher zufälligen Auswahl von Wikifolio-Zertifikaten nur eine schwache Chance auf eine (geringe) Überrendite oder Outperformance des Marktes. Andernfalls wäre, ähnlich zu anderen aktiven Anla­geformen, ein vergleichbar hoher Rechercheaufwand zu betreiben, wie er aus dem Stock Picking oder Fonds Picking bekannt ist. Für Signalgeber zeigt sich, dass ein geografischer Fokus gegebenenfalls hilfreich sein könnte und ein entsprechendes Know-how aufzubauen wäre.

Ein Automatismus zur Generierung von Überrenditen folgt hieraus allerdings nicht. Aus der Perspektive der Regulierung wäre insbeson­dere zu erörtern, inwieweit Signalgeber als Investmentmanager Fondsmanagern aktiv gemanagter Publikumsfonds gleichzustellen sind.

Gründe sind unter anderem das hohe Verlustpotenzial der Zertifikate, auch wenn die Signalgeber keinen direkten Zugang zu Kundengeldern haben, und das Verhindern aufsichtlicher und wettbewerblicher Nachteile für Fondsmanager gegenüber Signalgebern.


Matthias Horn, M.Sc., Universität Bamberg

Matthias Horn

Matthias Horn ist Co-Autor des Beitrags. Er ist seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwirtschaft, an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Seine Forschungsinteressen umfassen empirische & experimentelle Finanzmarktforschung, Behavioral Finance sowie Algorithmic Trading.

 

Prof. Dr. Stefan Wendt, Universität Reykjavik

Prof. Dr. Stefan Wendt

Prof. Dr. Stefan Wendt ist Co-Autor des Beitrags. Er ist seit 2015 Professor an der Universität Reykjavik, Island. Zuvor war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwirtschaft sowie der Forschungsstelle „Verbraucherfinanzen und Verbraucherbildung“ jeweils an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg tätig. Seine Forschungsgebiete sind insbesondere Unternehmensfinanzierung und Corporate Governance, Finanzmärkte und Finanzdienstleistungen sowie Risikomanagement.


Der Beitrag erschien ursprünglich als Teil des Jahrbuchs 2017/18 des Vereins Finanzplatz Hamburg, dessen Mitglied der Bank Blog ist. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen oder als Hardcopy bestellen.

Über den Autor

Prof. Dr. Andreas Oehler

Prof. Dr. Andreas Oehler ist seit 1994 Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwirtschaft, und Direktor der Forschungsstelle „Verbraucherfinanzen und Verbraucherbildung“ an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Seine Arbeits- und Interessengebiete umfassen u.a. Finanzwirtschaft, Bankbetriebslehre, Finanzmärkte, empirische & experimentelle Finanzmarktforschung, Kreditrisikomanagement, Marktmikrostrukturtheorie, Behavioral Finance, Altersvorsorge, Anleger- & Verbraucherschutz, Verbraucherfinanzen, Verbraucherbildung, Financial Literacy.

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