Mit Apple Pay kommt Bewegung in den Markt für mobiles Bezahlen, soviel steht fest. Aber wie sieht es bei uns aus? Darüber und über die aktuelle Initiative von MasterCard beim kontaktlosen Bezahlen habe ich ausführlich mit dem Deutschlandchef Pawel Rychlinski gesprochen.
MasterCard sieht sich selbst als Vorreiter im Bereich NFC- und Mobile Payments. Vor kurzem gab das Unternehmen bekannt, dass es in Deutschland alle Partner des Einzelhandels dazu verpflichtet, alle Terminals so auszurüsten, dass spätestens 2018 dort mittels NFC Technologie kontaktlos bezahlt werden kann. Bis 2020 soll dies dann in ganz Europa möglich werden.
Exklusives Interview mit Pawel Rychlinski
Anlässlich der Auftaktveranstaltung zu Priceless Munich (einer groß angelegten Kundenbindungskampagne) hatte ich Gelegenheit für ein ausführliches Gespräch mit Pawel Rychlinski über seine Einschätzung der Zukunft von Mobile Payment in Deutschland. Er ist seit 2013 General Manager von MasterCard in Deutschland. Zuvor verantwortete der gebürtige Pole und gelernte Germanist die wachstumsstarken Märkte Polen, Ukraine, Rumänien und Balkan.
Der Bank Blog: Wie schätzen Sie die Entwicklung für mobiles Bezahlen in Deutschland in den kommenden fünf Jahren ein?
Pawel Rychlinski: Mobiles Bezahlen wird sich in Deutschland (aber auch in Europa insgesamt) schneller entwickeln als viele es erwarten. Warum? Weil es für den Konsumenten einfacher, bequemer und zudem sicherer ist, als das herkömmliche Bezahlen. Alleine schon das kontaktlose Bezahlen mit Karte ist ein großer Fortschritt, und wenn die Karte dann noch im Handy enthalten ist, erst recht.
Sie sagen „sicherer“. Gerade die Sicherheit wird doch von vielen angezweifelt bzw. besteht darüber eine erhebliche Unsicherheit bei vielen Konsumenten.
Überlegen Sie mal, was passiert, wenn sie ihr Portmonee verlieren: Neben dem kompletten Verlust des Geldes müssen sie sämtliche Bank- und Kreditkarten sperren und neu ausstellen lassen. Gleiches gilt für ihre Ausweispapiere, Bus- und Bahnticket, alles also, was sie in ihrer Brieftasche mit sich herum tragen. Ein Handy müssen sie dagegen nur sperren. Das geht wesentlich schneller und sie haben außerdem keinerlei finanziellen Verlust zu beklagen.
Wenn Sie einmal mutig in die Zukunft schauen, wie hoch wird der Anteil der mobilen Zahlungen 2020 in Deutschland sein?
Ich tue mich schwer damit, eine Zahl zu nennen. Wünschen würde ich mir zunächst einmal, dass jeder Verbraucher die Möglichkeit dazu erhält. Wie viele diese Möglichkeit dann auch nutzen werden, hängt von einer Vielzahl von Faktoren und begleitenden Maßnahmen ab. Zunächst muss die Infrastruktur dafür stehen und darauf arbeiten wir gemeinsam mit unseren Partnern intensiv hin. Dadurch werden nicht nur die entsprechenden Standards vorhanden sein, sondern es wird auch die Grundlage geschaffen, die Karte überhaupt aufs Handy zu bringen. Die meisten Banken sind nach meiner Einschätzung bereit dafür, diese Infrastruktur dann ihren Kunden auch zur Verfügung zu stellen.
Konkret nachgefragt: Wird der Anteil der mobilen Zahlungen 2020 eher bei 5-10 Prozent oder eher bei 40 Prozent liegen?
Für 5-10 Prozent würde sich der ganze Aufwand kaum lohnen. 40 Prozent wären wünschenswert und sind durchaus in dem von Ihnen genannten Zeitraum nicht unrealistisch. Es kommt dabei entscheidend darauf an, wie schnell dem Verbraucher die neuen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden und wie schnell und intensiv die Überzeugungsarbeit geleistet wird, die notwendig ist, damit der Konsument die mit dem neuen Angebot versehenen Vorteile versteht und akzeptiert. Ganz vorne stehen dabei die Themen Datenschutz und Sicherheit. Hier bestehen in Deutschland die meisten Bedenken, die es auszuräumen gilt.
Nun ist ja Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern (man denke nur an die nordeuropäischen) nicht gerade der klassische Kreditkartenmarkt. Wie wollen Sie dies überwinden?
Ich sehe das ganz anders. Es geht hier nicht um Kreditkarten, es geht um elektronisches Bezahlen. Und hier hat Deutschland schon vielfältige und langjährige gute Erfahrungen vorzuweisen.
Aber wo ist dabei das Geschäftsmodell von MasterCard als Kreditkartenunternehmen?
Wir sehen uns weniger als Kreditkartenunternehmen als vielmehr als ein Technologie-Unternehmen, das eine technologische und technische Infrastruktur für Zahlungen bereitstellt. Für uns ist das wichtigste, das der Konsument elektronisch bezahlt. Und wir, wie andere Unternehmen auch, müssen diese neuen Trends aufgreifen und fördern. Wir bieten den Banken ein Netzwerk, das sie so nicht selbst im Angebot haben. Der Verbraucher hat seinen Vertrag ohnehin mit der Bank und nicht direkt mit uns. Und wir bieten dem Einzelhandel die Nutzung dieses Netzwerkes an, damit er seinen Kunden einfache Bezahlmöglichkeiten am POS oder im eCommerce anbieten kann. Alle Beteiligten und Partner haben daraus einen Vorteil.
Wie sehen Sie die weiteren Ertragsaussichten für Ihr angestammtes Geschäftsmodell angesichts der EU Regulierungen in diesem Markt (Stichwort Interchange Fee)?
Die Regulierung wird vor allem die Konsumenten und kleineren Händler treffen, denn MasterCard vereinnahmt ja nicht die Interbankenentgelte, um die es geht. Aus anderen Ländern wissen wir, dass sich dort die Preise für die entsprechenden Leistungen erhöht haben.
Wie beurteilen Sie den Einstieg von Apple in den Markt für mobiles Bezahlen? Welche Auswirkungen sehen Sie für den deutschen Markt und für Ihre Strategie?
Der Schritt von Apple ist zunächst auf die USA begrenzt und wird dem Thema „Mobiles Bezahlen“ sicherlich deutlich Schwung verleihen. Insofern sehen wir uns in unserer Strategie bestätigt, zumal wir in den USA ja auch partnerschaftlich mit Apple zusammen arbeiten.
Wann glauben Sie, wird Apple Pay auch am deutschen Markt verfügbar sein?
Dazu darf ich leider nichts sagen.
Also schneller, als manche erwarten…?!
(Er lächelt). Wir bauen die Infrastruktur auf, damit die Verbraucher so schnell wie möglich überall kontaktlos bezahlen können.
Sie haben ja für ihre Partner im Einzelhandel ein konkretes Ziel vorgegeben, die Zahlstellen auf NFC Kompatibilität umzurüsten. Wie unterstützen Sie den Einzelhandel beim Aufbau dieser neuen Strukturen für kontaktloses Bezahlen? Geben Sie auch finanzielle Zuschüsse?
Nein, wir geben keine finanzielle Unterstützung. Wir unterstützen vor allem durch Kommunikation und eine Vielzahl von Marketingaktivitäten mit dem Ziel, für den Konsumenten ein positives Erlebnis zu schaffen und damit auch dem Einzelhandel zu helfen. In diesem Kontext ist beispielsweise auch unser „Priceless Cities“-Programm zu sehen, das wir mit „Priceless Munich“ am 12. September zum ersten Mal nach Deutschland gebracht haben.
Viele Unternehmen arbeiten ja derzeit an der Bereitstellung einer mobilen Brieftasche (Mobile Wallet): Banken, TelCos und auch der Handel. Wie schätzen Sie das Kundenverhalten in diesem Bereich ein und arbeiten Sie auch an einer Digital Wallet?
Der Verbraucher wird sicherlich nicht eine Vielzahl von Wallets verwenden, sondern sich eher auf eine konzentrieren. Wir sind ein Technologie-Unternehmen, das den Banken und anderen Teilnehmern des Zahlungsgeschäftes Optionen zur Verfügung stellt. Das ist unser Kerngeschäft. Wenn unsere Partner bzw. ihre Kunden eine MasterCard Wallet möchten, dann sind wir in der Lage, diese anzubieten.
Wo sehen Sie zukünftig neue Ertragschancen für Kreditkartenunternehmen?
Indem wir weiterhin die Vorteile des elektronischen Bezahlens gegenüber dem Bargeld herausstellen. Beispiele für neue Möglichkeiten des elektronischen Bezahlens im Alltag sind etwa Parken, Tickets oder öffentliche Verkehrsmittel.
Das heißt, auch kleinere Umsätze stehen zukünftig in ihrem Zielprofil?
Genau. Ich würde mich z.B. darüber freuen, wenn ich abends laufen gehe und am Ende mit meinem Handy eine Erfrischung kaufen kann. Dann schalte ich die Musik aus, bezahle mit dem Handy und laufe anschließend weiter.
Wird es in zwanzig Jahren noch Kreditkartenunternehmen geben?
Davon bin ich fest überzeugt. Denn der elektronische Zahlungsverkehr wird immer wichtiger, während das Bargeld zurückgedrängt wird. Davon profitiert auch MasterCard. Warum? Weil wir ein Netzwerkunternehmen sind, dass für alle Beteiligten eine Infrastruktur zur Verfügung stellt, einfach, bequem und sicher zu bezahlen. Und dafür wird in 20 Jahren der Bedarf noch größer sein wird als heute.
Herzlichen Dank für das Gespräch