Der Mythos des 7/24-Bankings

Kundenverhalten beim Online Banking kritisch hinterfragt

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Online Banking und Mobile Banking boomen. Doch wollen Bankkunden tatsächlich Bankgeschäfte an jedem Ort und zu jeder Zeit tätigen? Eine exklusive Analyse des Bank Blogs zeigt, wann Kunden von Banken und Sparkassen Internet Banking wirklich nutzen.

Kundenverhalten beim Online Banking in Deutschland

Analyse des Kundenverhaltens beim Online Banking in Deutschland.

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Bei uns können Sie sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag Ihre Bankgeschäfte bequem, einfach und sicher erledigen. – Ihre Bank oder Sparkasse

Bankkunden wollen am liebsten alles, wenn schon nicht auf einmal, dann zumindest zur Auswahl:

  • In Bankfilialen gut beraten werden,
  • Servicefragen schnell und einfach durch einen Anruf mit Mitarbeitern klären und
  • Online Banking auf jedem Device, immer mehr vor allem auf dem Smartphone.

Der 7/24-Mythos

Und natürlich wollen sie das alles rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche. So lautet zumindest eine zentrale These des modernen Bankgeschäfts, die bislang kaum hinterfragt wurde.

Und tatsächlich ist der Anteil der Kunden, die Online Banking nutzen, laut einer bitkom-Studie zuletzt auf 70 Prozent angestiegen. Lediglich ältere Kunden tun sich demnach noch schwer damit.

Der Bank Blog hat das Online Banking Verhalten der Kunden von unterschiedlichen Banken und Sparkassen untersucht, um zu klären, was dran ist am Mythos des 7/24-Bankings. Für die Analyse stellten einige Banken(gruppen) dankenswerterweise exklusive Daten und Informationen zur Verfügung. Das Ergebnis lässt aufhorchen.

Online Banking bei Sparkassen folgt normalen Geschäftszeiten

80 Prozent der Kunden deutscher Sparkassen tätigen ihre Bankgeschäfte via Online Banking am liebsten von Montag bis Freitag.

Verteilung der Online-Banking-Zugriffe auf Wochentage - Sparkassenkunden

Kunden von Sparkassen greifen vor allem an normalen Arbeitstagen auf ihr Online Banking zu.

Und nicht nur das: Auch im Hinblick auf die gewählten Uhrzeiten werden normale Arbeitszeiten präferiert:

  • Über 70 Prozent greifen auf das Online Banking zur Banking-Kernzeit zwischen 9:00 und 18:00 Uhr zu (also dann, wenn in der Regel auch Bankfilialen geöffnet sind).
  • Setzt man den Zeitraum erweitert von 8:00 Uhr bis 19:00 Uhr an, sind es über 82 Prozent.
Verteilung der Online-Banking-Zugriffe auf Uhrzeiten - Sparkassenkunden

Kunden von Sparkassen greifen vor allem tagsüber auf ihr Online Banking zu.

Kunden von Genossenschaftsbanken nutzen Online Banking am Arbeitsplatz

Von der Fiducia & GAD war folgendes zu erfahren:

  • Online-Banking-Zugriffe steigen ab ca. 8 Uhr morgens deutlich an – primär das Browser-eBanking auf dem klassischen Desktop. Demnach nutzen Kunden Online Banking vor allem morgens im Büro/am Arbeitsplatz, um Kontostände etc. zu prüfen.
  • Das Browser-eBanking ist deutlich führend und wird grundsätzlich ca. viermal häufiger genutzt als andere Lösungen, wie z. B. Mobile Banking per App.
  • Die Last ist den kompletten Tagesverlauf über konstant hoch, Ein weiterer „Peak“ ist über die Mittagszeit.
  • Nach 19 Uhr reduziert sich die Nutzung deutlich.
  • Um die Monatsmitte und zum Monatsende (Ultimo) – wenn Kunden ihr Gehalt überwiesen bekommen – ist das Login-Volumen und die Nutzung deutlich höher
  • Ebenfalls interessant: Am Wochenende ist die Nutzung der App höher als das Browser-eBanking.

Filialbankkunden

Nicht viel anders sieht es bei den Kunden einer großen deutschen Retailbank aus:

  • Über 80 Prozent erledigen ihre Online Banking Aktivitäten von Montag bis Freitag.
  • Knapp 80 Prozent der Zugriffe erfolgen zwischen 8:00 Uhr und 19:00 Uhr. Betrachtet man die Kernzeit zwischen 9.00 Uhr und 18:00 Uhr sind es etwas über 65 Prozent.
  • Mit 63 Prozent nutzen allerdings deutlich mehr Kunden die Mobile App der Bank gegenüber dem Web-Zugriff (38 Prozent).
Verteilung der Online-Banking-Zugriffe - Deutsche Retailbank

Kunden einer großen deutschen Retailbank greifen vor allem von Montag bis Freitag zu normalen Arbeitszeiten auf ihr Online Banking zu.

Direktbankkunden ticken auch nicht anders

Zugriffzahlen der comdirect-Kunden über alle Kanäle (comdirect.de, comdirect App, comdirect mobile App, MoBox App) zeigen, dass die meisten Zugriffe Montags, Dienstags, Donnerstags und Freitag zwischen 09:00 und 11:00 Uhr zu verzeichnen sind.

Verteilung der Online-Banking-Zugriffe - comdirect bank

Prozentuale Verteilung der Kundenzugriffe auf Wochentage und Uhrzeiten über alle Kanäle bei der comdirect.

Über 75 Prozent der Zugriffe eines durchschnittlichen Tages finden zwischen 8:00 und 19:00 Uhr statt. In der Banking-Kernzeit sind es über 65 Prozent.

Zwischen 22:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens erfolgen nur rund 8,5 Prozent der täglichen Zugriffe auf das Online Banking.

Fazit: 7/24-Banking ist ein Mythos

Egal, ob es um Kunden der beiden großen Verbünde, um Kunden von privaten Filialbanken oder um Direktbankkunden geht, beim Online Banking zeigen sich nur geringe Unterschiede.

Die Notwendigkeit, Banking rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche anbieten zu müssen, entpuppt sich vor dem Hintergrund des tatsächlichen Kundenverhaltens als Mythos. 7/24-Banking ist in Wirklichkeit ein „Nice to have“ für einige Kunden, aber für die große Mehrheit nicht wirklich relevant.

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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8 Kommentare

  1. Avatar

    24/7 ohne Mehrwert.
    Solange die Banken immer noch in Buchungszeiten Mo-Fr tagsüber denken, ist es nicht verwunderlich, dass auch der Kunde bevorzugt die Bankdienstleistungen in diesen Zeiten nutzt.
    SEPA Instant Payments sind noch nicht überall verfügbar, zu unbekannt, zu teuer.
    Für den schnellen Kauf am Wochenende über eBay (-Kleinanzeigen) nutzt der Kunde lieber Paypal mit sofortiger Zahlungsausführung.

  2. Avatar
    Offline Banker am

    Der Hauptgrund bei der Thematik 24/7 ist doch nicht die Uhrzeit, sondern die ortsunabhängige Verfügbarkeit. 24/7 steht doch im allgemeinen Kontext nur für die Unabhängigkeit von Filialöffnungszeiten. Genau das beweist ihre tiefgründige Analyse: Obwohl die Banking Aktivitäten innerhalb der Öffnungszeiten stattfinden, möchte ja niemand dafür in eine Bankfiliale. Wie Sie aus der Analyse von Login Zeiten einen Rückschluss darauf ziehen können, dass orts- uns zeitunabhängige Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen ein “Mythos” ist für mich leider nicht ganz nachvollziehbar. Außer man möchte diese Ergebnis unbedingt an seine Kundschaft transportieren….

  3. Avatar
    Christoph Brandt am

    Was aus den Zahlen nicht hervorgeht ist, ob es immer die gleichen Kunden sind die zu einer bestimmten Zeit Banking betreiben – oder ob nicht „viele“ gelegentlich den Service am Wochenende zu schätzen wissen. Klar versucht man „alles“ unter Woche zu erledigen. Aber es gibt die Wochen in denen man nicht alles schafft und eben auch am Wochenende was zu erledigen hat.
    So flach ist die Realität einfach nicht.

    Und zum Thema Filialbesuche: so lange nicht zwischen Automaten und Menschen unterschieden wird machen die ganzen Umfragen zur Filialnutzung keinerlei Sinn.

  4. Avatar

    Dazu kommt, dass man durch 24/7 auch aus dem Ausland mit Zeitverschiebung immer Zugriff auf seine Finanzen hat und Bankgeschäfte abwickeln kann. Das beinhaltet sowohl die örtliche als auch die zeitliche Dimension. Leider denken die Akteure, vor allem im deutschen Bankwesen, nicht über nationale Grenzen hinaus was zu einem enormen Wettbewerbsnachteil und viel Unmut bei den Nutzern führt.

  5. Dr. Hansjörg Leichsenring

    Das ist sicherlich ein berechtigter Hinweis. Allerdings dürfte dieser Aspekt für 95 Prozent der Bankkunden nicht wirklich relevant sein. Die Frage ist halt, ob die bewährte 80:20-Regel in diesem Fall sinnvollerweise Anwendung finden sollte oder man für viel Geld für wenige Kunden Luxus bietet…

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