Wie viel Kohle ist uns unser Klima wert?

Vom Nutzen nachhaltiger Geldanlagen und grüner Investitionen

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Nachhaltige Geldanlagen wachsen. Aber warum ist es sinnvoll Geldströme in grüne Investitionen umzulenken? Welche Risiken bergen Investitionen in CO2-intensive Branchen? Investoren müssen in die Lage versetzt werden, die Folgen einer Investition auf Mensch und Umwelt zu erkennen.

Steigender Nutzen nachhaltiger Geldanlagen

Nachhaltige Geldanlagen tragen zum Umweltschutz bei und sind für Investoren attraktiv.

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Nicht zuletzt die Aktivitäten rund um den Hambacher Forst zeigten im Spätsommer 2018 die Meinung Vieler zur Energiewende. Und vor allem, was hier schiefläuft. CO2-intensive Branchen müssen sich neu aufstellen – oder den Preis dafür bezahlen. Je später sie das tun, umso teurer wird es für sie. Und damit für alle. Das zeigen die hohen Steuerzahlungen für den Kohleausstieg. Große Investoren begreifen das bereits und ziehen sich ebenfalls zurück. Und 16-jährige mutige Mädchen lesen Politikern die Leviten.

Vor rund drei Jahren versprachen mit dem Pariser Klimaabkommen 197 Staaten ihre CO2-Emissionen zu senken. Die Folgen des Klimawandels, der zunehmende Verlust der biologischen Vielfalt und fruchtbarer Ackerböden, vermehrte Überschwemmungen und andere Wetterkapriolen sollten verhindert werden. Doch die notwendigen Veränderungen werden nicht angegangen.

Gestrandete Vermögenswerte

Dabei ist die Situation klar. Investitionen in fossile Brennstoffe richten ökologische Schäden an. Doch mit steigender Tendenz wird ihr ökonomisches Risiko deutlich. Nicht nur, weil Großinvestoren die langfristigen Risiken des Geschäftes mit fossilen Brennstoffen erkannt haben. Energiekonzerne haben viel Geld in die Erschließung fossiler Brennstoffe gesteckt. Um die Pariser Ziele zu erreichen, dürfen ein Drittel des Erdöls, die Hälfte des Erdgases und mehr als 80 Prozent der globalen Kohlereserven nicht gefördert werden. Sie müssen im Boden verbleiben. Die Investitionen wären verloren.

Damit nicht genug: Energie aus erneuerbaren Energien ist bereits in vielen Ländern marktfähig. Windparks werden ohne Subventionen errichtet, der Strompreis aus alternativen Quellen ist deutlich günstiger geworden.

Auch Gesetzgeber haben die Zeichen der Zeit erkannt – zumindest außerhalb Deutschlands. In Frankreich etwa müssen große Investoren bereits berichten, wie sie Klimarisiken in ihrer Anlagepolitik berücksichtigen. Die Bank of England geht sogar noch weiter. Britische Institute sollen künftig klimarelevante Risiken adäquat berücksichtigen. Tun sie dies nicht, kann dies höhere Eigenkapitalanforderungen zur Folge haben. Auch in der EU ist das Thema seit mehreren Jahren auf der Agenda. Ihr Aktionsplan wird derzeit heftig diskutiert.

Eine Lösung: Klimatransparenz?

Transparenz über die CO2-Emissionen wäre eine Lösung, Investoren die Entscheidung für eine Anlage zu erleichtern. Doch wer versucht, sich dem Thema aus der Finanzsicht zu nähern, stößt auf viele Begriffe, die weder geschützt noch normiert sind. Denn die Messung und Bewertung klimaschädlicher Emissionen ist nicht einfach. Zudem mangelt es derzeit noch an Daten sowie allgemeingültige Berichtsstandards. Insbesondere kleineren Unternehmen fehlen die notwendigen Kapazitäten. Die Folge: Viele Daten sind nur grobe Schätzwerte.

Die Finanzbranche versucht, sich selbst zu helfen. So hat die „Taskforce on Climate-related Financial Disclosure“ einen Berichtsstandard entwickelt, wie Investoren über klimarelevante Investitionen berichten sollen.

Die „Corporate Value Chain“ des Greenhousegas Protocol ist ein Standard, den viele Unternehmen wie auch Städte inzwischen nutzen. Er betrachtet den gesamten Wertschöpfungskreislauf. Warum ist das entscheidend? Rein die Geschäftstätigkeit einer Bank betrachtet, würde sie als Dienstleistungsunternehmen verglichen mit produzierenden Unternehmen einen recht niedrigen Wert ausweisen. Bezieht sie jedoch weitere Werte mit ein, wie die Anfahrtswege der Mitarbeitenden sowie die Auswirkung der finanzierten Unternehmen, muss sie einen deutlich höheren Wert ausweisen.

Soweit die Theorie. Viele Fonds weisen bereits einen CO2-Fußabdruck aus. Doch hier ist Vorsicht geboten. Denn nicht immer ist klar, was gemessen wird. Nur eigene oder fremdbezogene Emissionen (auch Scope 1 und 2 genannt) oder alle Emissionen der Wertschöpfungskette (Scope 3)? Die Darstellung selbst erfreut sich ebenfalls großer Vielfalt: Einige geben ihre Ergebnisse in CO2 je Tonne an, andere wiederum in CO2 je Umsatz. Manche schließen Kohlendioxid-intensive Branchen gleich ganz aus. Nutzen sie eine Benchmark, die diese nicht ausschließt, wirkt ihr Ergebnis natürlich viel besser. Ob die Anlage mit den Sustainable Development Goals (SDGs) im Einklang steht, sagt der Fußabdruck ebenfalls nicht aus.

Dekarbonisierung der Wirtschaft

Die SDGs und Vereinbarungen des Pariser Klimagipfels sind Schritte in die richtige Richtung. Für eine wirksame Dekarbonisierung der Wirtschaft müssen wir den rechtlichen Rahmen neu abstecken. Maßnahmen wären ein einheitlicher Standard für den CO2-Fußabdruck einer Geldanlage sowie eine ausnahmslose CO2-Abgabe.

Solche Abgaben werden tatsächlich vorhandene, aber noch versteckte Risiken in den Bilanzen sehr vieler Unternehmen und kumuliert bei den finanzierenden Banken sichtbar machen. Es kann ein fairer Wettbewerb entstehen, in dem die Verursacher die Verantwortung treffen. Die oftmals zitierten ein bis zwei Prozent an möglichen Stranded Assets in den Bankbilanzen sind deutlich zu gering, da sie sich nur auf die fossile Energiebranche beziehen. Viele aktuelle Geschäftsmodelle werden die Transformation in eine kohlenstoffarme Wirtschaft nicht überstehen. Auch Investoren sind betroffen. Bei einem durchschnittlichen Portfolio ist mit bis zu 20 Prozent Einbußen durch klimabedingte Risiken zu rechnen.

Und wie sieht es in der Praxis aus? Unser 2017 initiierter GLS Bank Klimafonds will einen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels zu leisten. Dafür investiert er in Klimavorreiter weltweit, Staaten wie Unternehmen. Seine Wirkung wird durch imug, einer renommierten Nachhaltigkeitsratingagentur, extern überprüft. Der Fonds weist seinen CO2-Abdruck aus und versucht seine Auswirkungen auf das Klima zu mildern: Die Bank verzichtet auf einen Teil ihrer Einnahmen und spendet ihn an klimaschützende Projekte, wie die GermanWatch Klimaexpedition.

Entsprechende Investitionsmöglichkeiten zu finden, ist eine Herausforderung. Im ersten Geschäftsjahr des Fonds allein fielen rund 80 Prozent der geprüften Green Bonds durch den strengen ökologisch geprägten Prüfprozess. Doch auch hier zeigen sich erste Entwicklungen, die es Investoren künftig erleichtern, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Über den Autor

Karsten Kührlings

Karsten Kührlings ist seit 2013 bei der GLS Bank und dort verantwortlich für das Investmentfondsgeschäft sowie das Nachhaltigkeitsresearch und das Portfoliomanagement. Seit Mitte 2014 ist der Bankkaufmann und Wirtschaftswissenschaftler Mitglied im Anlageausschuss des FairWorldFonds und seit 2015 Mitglied des Verwaltungsrates des GLS AI - Mikrofinanzfonds.

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