Bankhäuser haben ihre Verantwortung für mehr Klimaschutz erkannt und reagieren bereits mit nachhaltigen Portfolios. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Wie Banken jetzt ihre Chance nutzen können, zu Vorreitern in einem gesellschaftlichen Wandlungsprozess zu werden.
Es steht nicht gut um Klima und Umwelt, und noch nie war der Druck auf die Gesellschaft, nachhaltig zu leben, so hoch wie heute. 2021 war eines der sieben heißesten Jahre, das je gemessen wurde. Auch der aktuellste Global Risk Report stuft das „Scheitern der Klimaschutzmaßnahmen“ als die größte langfristige Bedrohung für die Welt ein.
Es ist fünf vor zwölf und höchste Zeit, dass alle Branchen aktiv eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen – nicht zuletzt, weil auch die Verbraucher dies verstärkt einfordern. Im Finanzsektor sind vor allem junge Fintechs engagiert und haben sich schon länger dazu verpflichtet, einen Beitrag zum Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs) zu leisten, mit denen die Vereinten Nationen eine weltweite nachhaltige Entwicklung verfolgt. Allerdings konzentrieren sich die digitalen Finanzdienstleister meist auf nachhaltige Investment-Angebote, stecken das Geld der Anleger zum Beispiel in die Aufforstung von Wäldern oder in Windenergieprojekte.
Genau hier eröffnet sich eine große Chance für traditionelle Kreditinstitute, die bei Verbrauchern ein großes Vertrauen genießen und die zudem eine viel breitere Palette an Produkten, Dienstleistungen und Partnerschaften anbieten als Fintechs. Banken haben jetzt die einmalige Gelegenheit, in Sachen grünes Wirtschaften mit gutem Beispiel voranzugehen, ihre Marke nachhaltiger zu gestalten und so neue Zielgruppen zu erschließen. Aber welche konkreten Maßnahmen gehören dazu?
Umweltfreundliche Bankkarten als Symbol für Nachhaltigkeit
Nachhaltig sein heißt zunächst einmal Rohstoffe sparen. Weltweit sind etwa 20 Milliarden Zahlungskarten im Umlauf. Die meisten davon bestehen aus PVC-Kunststoff, sind nicht recycelbar und werden am Ende ihres Nutzungszyklus auf Mülldeponien verbrannt – es geht aber auch umweltfreundlicher. Mittlerweile können Banken „grüne“ Zahlungskarten als starkes soziales Statement und ein Symbol für Nachhaltigkeit anbieten.
An die Stelle von herkömmlichen Payment-Karten treten Karten aus Ozean-Plastik, dem Kunststoff PLA, der aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird, oder recyceltem Material. Das Gute daran: Die Herstellung dieser Karten verschlingt viel weniger Energie und die Umwelt wird nicht mit Plastikmüll belastet. Die Benutzung funktioniert genauso wie bei der traditionellen Plastikvariante, so dass Bankkunden überhaupt keine Abstriche machen müssen. Bei der Auswahl des Lieferanten für die Bezahlkarten sollte auch dessen nachhaltiges Geschäftsmodell ein Entscheidungskriterium sein. G+D hat sich als zum Beispiel dazu verpflichtet, bis spätestens 2030 sämtliches Virgin Plastic in seinen Zahlungskartenprodukten zu ersetzen, um Verbraucher und Banken bei der Erfüllung ihrer eigenen Nachhaltigkeitsbestrebungen zu unterstützen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist effizientes Kartenrecycling. Um diese Aufgabe auf globaler Ebene zu lösen, benötigt die Industrie ein Ökosystem aus gleichgesinnten Partnern, die alle an einem Strang ziehen. G+D hat in diesem Segment bereits mit Kartensystemen, Verbänden und anderen Branchenakteuren an Pilotprojekten gearbeitet, um regionale und gleichzeitig skalierbare Recyclingprogramme zu entwickeln.
Phygital Banking lässt Bankbriefe der Vergangenheit angehören
Es reicht aber nicht aus, nur „grüne“ Bezahlkarten zu produzieren. Der Willkommensbrief von der Bank mit der neuen Karte, separater Aktivierungsbrief mit PIN, noch ein paar Marketingflyer beilegen – das normale Vorgehen beim Versand einer neuen Bankkarte ist alles andere als ressourcenschonend. Auch hier können Kreditunternehmen die Chance nutzen und den kompletten Lebenszyklus der Bankkarte nachhaltiger gestalten: von der Produktion und Personalisierung über die Auslieferung an die Endkunden bis zur Aktivierung und Entsorgung. Umweltschonende Verpackungen sind dabei ein erster Schritt. Zudem sorgen Print-on-Demand-Services dafür, dass immer nur so viele Briefe gedruckt und personalisiert werden, wie wirklich nötig.
Zukunftsweisend ist die Kombination aus physischen und digitalen Services. Beim „Phygital Banking“ bekommt der Kunde die Bankkarte per Post, die passende PIN aber papierlos per mobiler App oder SMS. Gedruckte Vertriebs- und Marketingflyer stellen Banken durch QR-Codes und Augmented-Reality-Lösungen digital bereit.
Win-Win durch Kooperationen mit Umweltorganisationen
Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien ist auch die Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen besonders erfolgsversprechend. Diese operieren transparent, sind glaubwürdig und verfügen über sehr viel Expertise. Aus der Kooperation von G+D mit den Meeresschützern von Parley for the Oceans entstand etwa ein ökoinnovatives Material aus Meeresplastik, mit dem Zahlungskarten hergestellt werden. Kunden des australischen Fintechs WLTH nutzen die Zahlkarten bereits.
Auf diese Weise haben sie ein alltägliches Mittel in der Brieftasche, das die Belastung der Ozeane wenigstens ein kleines bisschen reduziert, und sie sind mit dem Besitz der Karte Teil einer wichtigen Community für den Umweltschutz. Neben dem Angebot für ökologische Karten spendet das Fintech für jeden neuen Kontonutzer einen Teil der Einnahmen an Parley for the Oceans. Das Konzept funktioniert, weil die neue Generation der Verbraucher heute genau dieses authentische und wirkungsvolle Engagement für die Umwelt sucht.
Banken müssen ökologische Verantwortung übernehmen
Banken müssen sich das Vertrauen dieser umweltbewussten Zielgruppe verdienen, um auch in Zukunft relevant zu bleiben. Neben nachhaltigen Bezahlkarten gibt es noch viele weitere Möglichkeiten für die Finanzbranche, ökologische Verantwortung zu übernehmen. Mittlerweile gibt es zum Beispiel digitale Tools von öko-innovativen Startups wie Doconomy oder Patch zur Integration in Banken-Apps, mit denen Nutzer den CO2-Fußabdruck ihrer Finanzprodukte und -dienstleistungen messen und direkt kompensieren können. So sehen sie, welche direkten Auswirkungen ihre Einkäufe per Kreditkarte haben, erhalten einen Überblick über die Auswirkungen ihres Verhaltens auf die Umwelt und können gezielt Veränderungen vornehmen beziehungsweise kompensieren. Indem Banken ihren Kunden solche Services anbieten, leisten sie einen aktiven Beitrag, um die von der UN gesetzten Ziele für weltweite Nachhaltigkeit zu verwirklichen.
Banken haben verstanden, dass ein ungebremster Klimawandel dramatische makroökonomischen Folgen haben wird. Eine grüne Ökonomie ist daher keine Kür, sie ist Pflicht und sollte von sämtlichen Akteuren aktiv gelebt werden. Indem Banken zum Treiber eines nachhaltigen Wandels werden, übernehmen sie nicht nur Verantwortung, sondern akzentuieren auch ihre eigene Marke und schaffen so eine bessere Ausgangsbasis, um ihre Relevanz gegenüber FinTechs, Big Techs und Neobanken zu erhöhen.