Die vergangenen beiden Börsenjahre gehören zu den spektakuläreren der Geschichte. Vor allem die Corona-Pandemie hat ihren Anteil dazu beigetragen, dass die Branche der Neobroker boomt. Im neuen Jahr könnte sich die Spreu vom Weizen trennen.
Wer einen Blick voraus auf die Brokerage-Branche des Jahres 2022 wirft, kommt an einem Rückblick auf das abgelaufene Jahr nicht vorbei, haben doch die Entwicklungen 2021 gezeigt, was die Anleger und damit die Kunden der Neobroker bewegt und womit die Industrie rechnen kann und muss, auch in regulatorischer Hinsicht.
Neobroker verzeichneten teils kräftige Umsatzeinbußen
Nehmen wir zuerst die Kunden. Von ihrer Seite hat die Branche zu Anfang des Jahres erneut eine hohe Nachfrage erfahren, so lagen die Umsätze im ersten Quartal bei nahezu allen Online-Brokern auf historisch hohem Niveau. Der „Nachlauf“ der Jahresendrally 2020 und vor allem der starke März vermochten die Börsianer zu begeistern und für viele Trades zu sorgen. Danach war allerdings bei nicht wenigen Anbietern ein mitunter deutlicher Rückgang der Aktivitäten zu verzeichnen – und damit die erste große Ernüchterung nach einem Jahr fast stetigen Zuwachses. Dies bedeutet: Manch ein Wettbewerber musste im zweiten und dritten Quartal Umsatzeinbußen um rund 50 Prozent hinnehmen. Das war sicherlich in erster Linie der nachlassenden Dynamik der Kursaufschwünge ab April geschuldet – traf aber nicht die gesamte Branche. justTRADE etwa verzeichnete über das Jahr nahezu gleichbleibend starke Volumina und erreichte im dritten Quartal sogar Umsätze, die doppelt so hoch lagen wie jene im ersten Jahresviertel.
Die Erklärung dafür könnte auch eine Indikation für die Entwicklung im Jahr 2022 sein. So liegt es nahe, dass ein Anbieter eine klare Positionierung haben muss, die über das Narrativ „Bei uns kannst Du über das Smartphone Aktien handeln“ hinausgehen muss. justTRADE etwa richtet sich insbesondere an die erfahrenen Trader, also diejenigen, die in jedem Markt ein gutes Umfeld zum Trading sehen. Als erster Neobroker, über den Kryptos und Wertpapiere aus einer Hand heraus gehandelt werden können, und als mittlerweile größter Kryptoanbieter unter den deutschen Brokern mit 13 nativen Kryptowerten und mehr als 24 Kryptowerten, die über ETPs gehandelt und ab 2022 auch über einen Sparplan zum langfristigen Vermögensaufbau genutzt werden können, unterstreichen wir zudem unsere Expertise in einer der Assetklassen der Zukunft. Auch die Anbindung an die Multi-Brokerage Plattform Guidants zahlt auf diese konsequente Ausrichtung ein. Es erscheint naheliegend, dass eine markante Positionierung in diesem rasant wachsenden Markt vonnöten ist, vor allem wenn die Börse gerade kein Selbstläufer ist.
Regulatorische Herausforderung wird wohl zunehmen
Für den einen oder anderen Neobroker wird in 2022 entscheidend sein, wie sich das Geschäft mit den sogenannten Millenials weiterentwickelt, die im ersten Corona-Jahr 2020 das Trading von Wertpapieren für sich entdeckt haben und auch mit-, wenn nicht hauptverantwortlich waren für die hohen Volumina im ersten Quartal 2021. Gelingt es den Brokern, diese Kundschaft weiter zu halten? Dass sich der Hype um Meme-Aktien abgekühlt hat, spricht dafür, dass sich einige der neuen Marktteilnehmer wieder aus dem Markt zurückgezogen haben. Dies zu kompensieren, wird eine der großen Herausforderungen für diejenigen Anbieter sein, die besonders von dieser Kundengruppe profitiert haben.
Das Thema Krypto wird zudem an Bedeutung gewinnen und weiter stark wachsen, hat es mittlerweile doch den Mainstream erreicht. Damit einhergehend wird eine stärkere Regulatorik immer wahrscheinlicher. Hier stellt sich die Frage, ob, wann und in welcher Form die EU-Regulierung namens MiCA oder DORA in Kraft tritt – und ob sie es den (Neo)-Brokern etwa erlaubt, auch mit dem Kryptotrading leicht ins europäische Ausland zu „passporten“.
Große Gefahr für zarte Pflänzchen
Fast noch spannender werden dürfte es allerdings bei der Regulatorik für Wertpapiere: Was ist mit dem vieldiskutierten Verbot des Payment for Order Flow, kurz PFOF? Wird es kommen? Und wenn ja, für welche Art von Geschäften? Grundsätzlich sind viele Neobroker für die denkbaren Szenarien gut gewappnet, punkten sie doch nicht nur mit dem Preis, sondern auch mit der Usability. Und selbst bei geringer Preiserhöhung, die den Wegfall des PFOF kompensieren würde, sind Neobroker deutlich günstiger als die etablierten Player.
Somit ist das Thema PFOF weniger eine Herausforderung für die Broker als vielmehr für die Politik und deren Glaubwürdigkeit. Und eine Herausforderung für die Privatanleger. Denn die Preiserhöhung würde – selbst wenn sie nur marginal ausfällt – auf deren Kosten gehen. Der Anleger bekommt zwar dieselben Kurse für seine Orders, da sich wegen des Wegfalls des PFOFs die Kursstellung ja nicht ändert, er muss aber künftig zusätzlich eine Orderprovision zahlen – momentan liegt diese bei justTRADE, wenn man die Spreads außen vorlässt, bei 0 Euro. Die große Gefahr, dass eine zarte Pflanze – junge Menschen interessieren sich seit Jahren oder Jahrzehnten erstmals wieder in großer Zahl für Geldanlage und Börse – wieder kaputt gemacht wird, ist hier nur ein Aspekt, aber vielleicht sogar der wichtigste.
Lippenbekenntnisse der EU
Das Damoklesschwert des PFOF-Verbots hängt darüber hinaus nicht nur über aktiven Tradern, sondern auch über konservativ eingestellten Anlegern: Während Sparpläne heute auch wegen des PFOFs kostenfrei sind, würden sie nach einem Verbot zukünftig ein oder zwei Euro pro Ausführung kosten, das sind bei einer Sparrate von 25 Euro schon 4 bzw. 8 Prozent Kosten, die der ETF erst einmal an Rendite erwirtschaften muss – und damit werden auch die Kunden bestraft, die eigentlich für ihre Altersvorsorge sparen wollen.
Dass zudem eines der Argumente der EU-Kommission für das Verbot des PFOFs lautet, schon 7 bis 10 Prozent des Orderflows würde der Retail-Flow ausmachen, lässt die Maßnahme noch fragwürdiger erscheinen. Will die europäische Gemeinschaft private Anleger nun am Kapitalmarkt beteiligen oder nicht? Es wird eine der interessantesten Erkenntnisse 2022 sein, ob frühere Erklärungen der EU in diese Richtung nicht mehr als Lippenbekenntnisse sind.
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