Nie war es für deutsche Startups so einfach, Kapital einzufahren: Die Zahl deutscher Einhörner hat sich von 2021 bis 2022 vervielfacht. Das zeigt eine aktuelle Studie. Die Gründe für den Aufschwung sind vielfältig.

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Immer mehr deutsche Startups gelten als sogenannte Einhörner – also als Unternehmen mit einer Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar. Das zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung EY. Demnach lag die Zahl deutscher Einhörner zu Beginn des Jahres 2022 bei 24 – ein Jahr zuvor waren es noch sechs.

Der kräftige Anstieg erkläre sich nicht zuletzt durch die hohen Summen, die externe Geldgeber in Deutschlands Top-Startups investiert haben: Die 18 deutschen Startups, die 2021 die Milliardenschwelle überschritten haben, sammelten im Jahresverlauf insgesamt 7,1 Milliarden US-Dollar.

Weitere Einhörner sind im Anmarsch: Die Zahl jener Startups, die seit ihrer Gründung mindestens 100 Millionen US-Dollar erhalten haben, stieg im vergangenen Jahr von 39 auf 62. Die meisten (41) dieser vielversprechenden Startups haben ihren Sitz in der Bundeshauptstadt Berlin – 14 zahlen ihre Steuern in München.

Die FinTechs liegen vorne

Besonders viel Geld fahren laut Studienautoren FinTechs ein: Von den 24 Einhörnern seien acht FinTechs. Jeweils vier seien im E-Commerce und als Mobilitätsdienstleister tätig – drei weitere Experten in Sachen Software und Analytics.

Das deutsche Startup, in das bislang die höchste Summe investiert wurde, ist das Berliner FinTech N26 – seit seiner Gründung im Jahr 2013 erhielt das Unternehmen von seinen Geldgebern insgesamt 1,7 Milliarden US-Dollar. Es folgt das Münchner Software-Unternehmen Celonis (1,4 Milliarden US-Dollar). Auf Platz drei landet der Münchner Mobilitätsanbieter Flixmobility (1,3 Milliarden US-Dollar).

Woher kommt der Einhorn-Boom?

Woran liegt es also, dass sich Deutschlands Wirtschaft über so viele neue Einhörner freuen darf? Zum Teil sei der Anstieg auf das niedrige Finanzierungsniveau des Pandemiejahres 2020 zurückzuführen, meinen die Studienautoren. Nach der Zurückhaltung im schwierigsten Jahr der Corona-Pandemie sei der Druck der Investoren groß gewesen, ihr Geld in die Unternehmen zu bringen. Es sei zudem ein Wetteifern um attraktive Firmen entbrannt – dies habe die Bewertungen nach oben getrieben. Außerdem seien Investitionen durch das Niedrigzinsumfeld und die Erwartung der Inflation interessanter geworden.

Last but not least komme hinzu, dass die Professionalisierung des Business-Ökosystems im deutschen Tech-Bereich professioneller geworden sei – vorangetrieben durch das Netzwerk und dem Kapital von früheren Gründern, die Erfolg hatten.

Was erwartet Deutschlands Wirtschaft 2022?

Die Studienautoren erwarten für den Rest des Jahres kräftige Investitionen in Deutschland. Dazu könnten zahlreiche neue Risikokapitalfonds beitragen, die inzwischen auf dem deutschen Markt angeboten werden: Im vergangenen Jahr habe das Gesamtvolumen der neu aufgelegten Fonds mit Deutschland-Fokus ein Volumen von 9,6 Milliarden US-Dollar erreicht. Im Vorjahr seien entsprechende Fonds mit einem Gesamtvolumen von 8,6 Milliarden US-Dollar aufgelegt worden.

Der Einhorn-Boom belebt das M&A-Geschäft

Dass es um die deutschen Startups gut bestellt ist, lässt sich übrigens auch am M&A-Geschäft ablesen: Der Studie nach stieg die Zahl der Fusionen und Übernahmen, in die Startups involviert waren, im vergangenen Jahr um 90 Prozent (insgesamt 171). 68 Prozent davon gingen von ausländischen Investoren aus – auch im Ausland hört man vom deutschen Einhorn-Boom.

Der Hauptgrund für die M&A-Konjunktur sei der hohe Bestand an liquiden Mitteln, den die Unternehmen aufgrund ihrer zuletzt guten Geschäftsentwicklung hielten – die günstigen Bedingungen für die Akquisitionsfinanzierung und der anhaltende Druck in Sachen Innovation und Digitalisierung dürfte nach Meinung der Studienautoren weiter ankurbeln.

Zudem hätten sich die Möglichkeiten eines Exits stark verbessert ­– sei es durch einen Börsengang oder den Verkauf. Auch das lässt das Ausland aufhorchen.

US-Unternehmen wildern in Deutschland

Vor allem nordamerikanische Konzerne interessieren sich für deutsche Startups: Im vergangenen Jahr zählten die Experten 52 Übernahmen deutscher Startups durch US-Unternehmen – 38 mehr als im Vorjahr. Unternehmen aus dem europäischen Ausland hätten 49 deutsche Startups gekauft. Asiatische Konzerne schlugen bei drei deutschen Firmen zu.

Die Akquisitionen des vergangenen Jahres sei der Erwerb des Berliner Unternehmens-Softwareanbieters Signavio durch SAP gewesen – sowie der Kauf des Berliner SaaS-Unternehmen Adjust durch das börsennotierte US-Mobile Marketingunternehmen AppLovin. Für jeweils 1,2 Milliarden US-Dollar, wie es in der Presse hieß.

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