Die größte deutsche Bausparkasse hat ihr hochfunktionales, aber veraltetes Kernbankensystem umgestellt. Das größte IT-Infrastrukturprojekt der Firmengeschichte war vergleichbar mit einer Operation am offenen Herzen: komplex, risikoreich, zeitaufwändig.
Einen wichtigen Meilenstein in der Unternehmensgeschichte hat die Schwäbisch Hall-Gruppe mit der reibungslosen Umstellung ihres Kernbankensystems auf eine neue SAP-basierte Plattform erreicht – und damit ein erfolgreiches „Role Model“ für die gelungene Migration eines Kernbankensystems in Deutschland geschaffen. Die größte Bausparkasse in Deutschland stellt sich damit für die nächsten Jahrzehnte zukunfts- und handlungsfähig auf.
Gleichzeitig macht Schwäbisch Hall ihr Geschäftsfeld Baufinanzierung fit für die Zukunft und schafft die digitalen Grundlagen, um ihr Geschäftsmodell als leistungsstarker Partner der Genossenschaftsbanken erfolgreich weiterzuentwickeln. Chancen, die sich aus Automatisierung, Digitalisierung, Smart Data, Plattformgeschäft und Ökosystemen ergeben, lassen sich auf diese Weise besser nutzen.
SAP S/4HANA als Basistechnologie
Mit der Umstellung tauschte Schwäbisch Hall ihr über mehrere Jahrzehnte gewachsenes, vielfach in Eigenregie programmiertes Kernbankensystem Backoffice Bausparen (BOB) aus. Mit SAP S/4HANA baut Schwäbisch Hall nun in den wesentlichen Unternehmensprozessen auf eine der modernsten Technologien, die es derzeit in der IT-Welt für Unternehmen gibt. Damit wurden Standard-Lösungen auf Basis von SAP für die Kernsysteme in der Prozessbearbeitung und im Vertrieb geschaffen. Neue interne wie regulatorische Anforderungen an die IT-Systeme lassen sich auf dieser Basis nun deutlich schneller und kostengünstiger umsetzen.
Überdies wurde der SAP-Standard um fehlende Funktionalitäten erweitert. So wurden mehr als 50 weitere Anbieter mit ihren Speziallösungen an die SAP-Basismodule angebunden. Und notwendige Funktionen, die es am Markt nicht gab, wurden durch Eigenlösungen ergänzt. Auch die Schnittstellen zu den verschiedenen Systemen im Umfeld des Kernbankensystems wurden an den SAP-Standard angepasst. Dazu gehören die Front-Office-Systeme, also die Beratungssysteme des eigenen Außendienstes und der genossenschaftlichen Partnerbanken und das Kundenportal, die Vertriebsverwaltung sowie die Daten des Finanz- und Risikocontrollings, beispielsweise für die Monats-, Quartals- und Jahresabschlüsse.
In jüngster Zeit stellte das Unternehmen auch die IT-Systeme für das Personal- und Vertriebsmanagement, das Einkaufs- und Lieferantenmanagement und die Unternehmenssteuerung auf SAP-basierte Lösungen um.
In mehreren, gut geplanten Schritten zum Erfolg
„NEXT“ lautete der Name für dieses größte Infrastrukturprojekt der Unternehmensgeschichte, für das ab 2015 erste Vorarbeiten geleistet wurden. Die eigentliche Implementierung startete dann 2018. Auf dem Weg zum Erfolg galt es verschiedene Meilensteine zu erreichen. In mehreren, genau definierten Einzelschritten gelang Schwäbisch Hall die Ablösung ihres historisch gewachsenen Kernbankensystems. Die Zerlegung des Mammutprojekts in gut portionierte Teilprojekte und die schrittweisen Umstellungen gestreckt über mehrere Jahre waren aus unserer Sicht maßgeblich für den Erfolg des Gesamtprojekts. Vorangegangen war eine intensive Forschungs- und Entwicklungsphase mit Skillaufbau in SAP und agilem Projektmanagement. Die Schwäbisch-Hall-Gruppe hat mit dieser Projektorganisation einen goldenen Mittelweg gefunden, um einerseits das Tagesgeschäft am Laufen zu halten, andererseits die Transformation zum Erfolg zu führen.
Erst Neugeschäft umgestellt, dann Bestandsgeschäft migriert
Zunächst wurde nach und nach das Kredit-Neugeschäft auf die SAP-Plattform umgestellt, danach schrittweise das Bestandsgeschäft. Insgesamt mussten mehr als eine Million Kreditverträge (Bauspardarlehen, Vor- und Zwischenkredite sowie Annuitätendarlehen) sowie hunderttausende damit zusammenhängende Datensätze auf die SAP-Plattform migriert werden.
Engagierte Mitarbeiter machen den Erfolg aus
Bei den einzelnen Releases und Migrationsstufen waren jeweils zwischen 100 und 300 Mitarbeiter remote und vor Ort im Einsatz, um an einem Wochenende, also von Freitag bis Sonntag, die jeweiligen Module aufzuspielen. Bei den beiden großen Migrationstranchen 2022 und 2023 wurde dann jeweils das verlängerte Wochenende um den 3. Oktober herum genutzt, um die Systemeinschränkungen für Kunden, Partnerbanken, Außendienst und Innendienst so gering wie möglich zu halten.
Höchste Aufmerksamkeit des Managements
Dem großen Engagement und der Ausdauer aller beteiligten Mitarbeiten ist es zu verdanken, dass das Gesamtprojekt zum großen Erfolg wurde. Dem Projekt „NEXT“ galt stets die höchste Aufmerksamkeit des Managements, das besonders großen Wert auf umfassende Kommunikation mit den und unter den Mitarbeitern legte. Denn nur frühzeitig und gut informierte und entsprechend motivierte Kolleginnen und Kollegen können ein solch komplexes und lang dauerndes Projekt zum Erfolg führen.
Gelungene Einbindung der Anwender
Die enge Einbindung der Nutzer bei der Ausgestaltung der Bearbeitungsprozesse bei der eigentlichen Software-Entwicklung und bei den anschließenden sehr umfassenden Tests waren weitere Erfolgsfaktoren. Dazu beigetragen haben auch umfangreiche Schulungen und Trainings-on-the Job. Des Weiteren wurden die Mitarbeiter nach der jeweiligen Einführung eng begleitet. Etwaige Produktivitätseinbußen in der Umstellungsphase glich das Unternehmen durch zusätzliches Personal aus. So war sichergestellt, dass die Anliegen von Kunden, Banken und Außendienstmitarbeiter jederzeit in der Regel störungsfrei bearbeitet werden konnten.
Mit der Unterstützung ihrer großen Partner insbesondere SAP/SAP Fioneer und Q_Perior hat Schwäbisch-Hall seine SAP-Kompetenz aufgebaut und neue Vorgehensweisen definiert, wie Projekte durchzuführen sind. Diese Prozesse haben sich als die neuen Standards etabliert (z.B. im Releasemanagement, Testmanagement, Architekturmanagement) und werden das Tagesgeschäft in Zukunft deutlich erleichtern.
What is next nach „NEXT”?
Mit der Umstellung des Kernbankensystems hat die Schwäbisch Hall-Gruppe einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, einen SAP-Immobilienkredit-Standard zu etablieren. Nun steht die kontinuierliche Weiterentwicklung des Kreditsystems im Hinblick auf regulatorische Anforderungen und Markterfordernisse im Fokus. Außerdem steht die sukzessive Transformation der klassischen (Bau)Spar-Prozesse auf die SAP-Plattform auf der Tagesordnung.
Würden wir es wieder tun?
Die Antwort darauf ist ein klares Ja! Ihre starke Marktposition als größte Bausparkasse Deutschlands kann die Schwäbisch Hall-Gruppe mit Hilfe ihres neuen, zukunftsgerichteten Kernbankensystems weiter ausbauen. Wichtige Geschäftsprozesse konnten auf den neuesten Stand gebracht, verschlankt und somit auch beschleunigt werden, so dass nun weniger manuelle Eingriffe nötig sind.
Dank der Umstellung stehen nun integriert mehr Daten zur Verfügung, die sich für die Realisierung neuer Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen, aber auch für die Unternehmenssteuerung nutzen lassen. Kurzum: Die Schwäbisch-Hall-Gruppe ist fit für künftige Innovationen.