Innovation ist eine Grundvoraussetzung für Erfolg in der Zukunft. Doch wie wird man zu einem erfolgreichen Innovator? Dinge zu hinterfragen ist ein guter Ansatz, doch wie lauten die Fragen, die es zu stellen gilt?
Innovationen und Innovationsmanagement sind spätestens im Zuge der digitalen Transformation auch im Banking zu zentralen Erfolgsfaktoren geworden. Dabei geht es allerdings nicht in erster Linie um den Einsatz neuer Technologien, sondern um eine Neuausrichtung des strategischen Denkens und Handelns. Gerade in Zeiten der Veränderung ist dies besonders wichtig, vermittelt es doch Ziele und Perspektiven nach Innen wie nach Außen.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen, um erfolgreich innovativ zu sein, ist Neugierde. Dazu gehört das beständige Fragen und Hinterfragen, nicht als Selbstzweck, sondern um zu lernen und, durch das Infrage stellen, Dinge zu bewegen. Um etwas zu verbessern, muss man etwas verändern sagte einst Georg Christoph Lichtenberg. Und Einstein soll gesagt haben „Es ist verrückt, die Dinge immer gleich zu machen und dabei auf andere Ergebnisse zu hoffen“.
Nicht jede Veränderung ist jedoch eine Veränderung zum besseren und nicht jede vermeintlich gute Idee wird zu einer erfolgreichen Innovation. Die besondere Herausforderung besteht darin, erfolgreiche Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Wie also sollte man dazu vorgehen?
Die richtigen zehn Fragen stellen
Ein wichtiger Teil eines erfolgreichen strategischen Innovationsmanagements besteht im Stellen der richtigen Fragen. Die folgenden zehn Fragestellungen decken ein breites Spektrum an Möglichkeiten ab.
1. Was wäre wenn?
Peter Drucker, der als Pionier der modernen Managementlehre gilt, hinterfragte kritisch „Wenn wir die Dinge nicht bereits so tun würden, wie wir sie tun, wäre dies die Art und Weise, wenn wir unser Geschäft neu beginnen?“.
Gehen Sie bei Ihren Überlegungen häufiger vom „Grüne Wiese“ Ansatz aus. Auch wenn sich dieser nicht immer umsetzen lässt, hilft er doch häufig, neue Sichtweisen und damit neue Kreativitätspotentiale zu erschließen.
2. Was ist unser Geschäft?
Ted Levitt, deutscher Emigrant und Professor an der Harvard Business School prägte 1983 den wirtschaftswissenschaftlichen Begriff der Globalisierung. Auf ihn geht die strategische Fragestellung zurück: „In welchem Geschäft sind wir wirklich tätig?“.
Vor kurzem habe ich die Elemente der DNA einer Bank vorgestellt, die sich aus folgenden Grundfunktionen zusammensetzt:
- Die Aufbewahrung von Werten.
- Die Vorfinanzierung von Werten.
- Der Transport von Werten.
- Die Vermehrung von Werten.
Dies sollten Banken bei ihrer Strategie berücksichtigen und das daraus resultierende Geschäftsmodell konsequent auf den Kunden ausrichten.
3. Was sollte der CEO tun?
Andy Grove, der Mitbegründer und Chef von Intel, stellte einst die Frage „Wenn der Aufsichtsrat einen neuen Vorstandsvorsitzenden beruft, was denken Sie, sollte dieser tun?“.
Damit wollte er nicht nur andere zum Denken anregen sondern auch deutlich machen, dass er selbst offen für neue und ungewöhnliche Ideen und Vorschläge ist.
4. Welches Problem wollen unsere Kunden lösen?
Von Steve Jobs stammt der Satz „Es ist nicht die Aufgabe des Kunden, zu wissen, was er braucht“. Und Henry Ford sagte einst, „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde“.
Auch Banken sollten sich bei der Entwicklung neuer Produkte zunächst fragen, welche Bedürfnisse ihre Kunden haben und wie diese gelöst werden können und erst danach, wie der dahinter liegende Business Case den Ertrag für die Bank mehren kann.
5. Wie viele Menschen sind nicht unser Kunde, weil sie unser Angebot nicht verstehen, es sich nicht leisten können oder sie keinen bequemen Zugang dazu haben?
Die Schweizer Nettobank war 2010 als eine der ersten in Europa mit der Idee gestartet, via Robo Advice die herkömmlich exklusive Leistung Vermögensverwaltung einer breiteren Kundenschicht, auf einem einfachen Weg und zu geringen Kosten anzubieten. Bis heute verstehe ich nicht, warum die schweizerische Raiffeisengruppe dieses Konzept nicht weitergeführt hat. Inzwischen hat sich Robo Advice zwar noch nicht vollständig am Markt durchgesetzt, ist jedoch verbreiteter als erwartet.
Immer wieder belegen Studien und Befragungen, dass vielen Kunden das Bankgeschäft zu kompliziert oder zu teuer erscheint. Einfaches Banking nah am Menschen sollte das Ziel sein.
6. Was würden wir tun, wenn wir unsere Bank auf den Kopf stellen müssten?
Die digitale Revolution verändert Produkte und Geschäftssysteme in nie dagewesener Art und Weise. Das Stichwort dazu lautet „disruptive Innovation“, Trends, die Unternehmen und sogar ganze Branchen tiefgreifend verändern.
Ein Beispiel ist die mobile Herausforderung, der sich die etablierten Banken und Sparkassen stellen müssen. Beim mobilen Banking und beim Bezahlen mit dem Smartphone wurden und werden sie mit Wettbewerbern konfrontiert, die mit neuen Geschäftsmodellen versuchen, ihnen die Kundenbeziehung streitig machen. Erst seit kurzem ist eine Gegenbewegung erkennbar.
Ein weiteres Beispiel ist PayPal. Erst sehr spät, nicht wenige sagen zu spät, haben die Institute mit paydirekt auf diese Bedrohung im Zahlungsverkehr reagiert.
7. Wo gibt es gute Beispiele für die Bewältigung unserer Herausforderungen?
Gutes Innovationsmanagement besticht durch schnelles Time-to-Market, also die schnelle Umsetzung einer Idee in ein erfolgreiches, Ertrag bringendes Produkt. Der Volksmund sagt, man müsse das Rad nicht neu erfinden. Dennoch tun viele Unternehmen genau das und Banken und Sparkassen sind meist vorne mit dabei. Vor allem, da sie sich oft schwer damit tun, gute und umsetzungsfähige Konzepte einzukaufen. Partnerschaften mit FinTechs sieht man zwar in letzter häufiger, doch werden noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
Picasso hat es einst so formuliert: „Gute Künstler kopieren, große Künstler stehlen“. Auch Apple brilliert nicht nur durch geniale Erfindungen sondern vor allem durch die geniale Zusammenführung von guten Erfindungen und Ideen. Solche Ideen und Lösungen können aus anderen Branchen, Ländern oder von anderen Unternehmen kommen. Man muss sie nur suchen und finden.
8. Was können wir besser als andere?
Geschwindigkeit alleine genügt nicht. Innovationen sollten auf bewährten Stärken aufbauen. Dazu ist es notwendig, diese zu identifizieren und weiterzuentwickeln.
Solche Stärken können u.a. in der Marke (z.B. Sparkasse), einem bestimmten Vertriebskanal (z.B. Direktbanken) oder im Zugang zu einer bestimmten Technologie liegen.
9. Welches sind unsere kritischen Erfolgsfaktoren?
Nicht jede Innovation ist ein Erfolg. Es kommt darauf an, rechtzeitig die Spreu vom Weizen zu trennen. Das wäre einfach, gäbe es immer ein absolutes Richtig oder Falsch. In der Realität muss man Annahmen treffen und die Unsicherheiten bei einer Innovation frühzeitig am Markt testen. Oft sind nur kleine Anpassungen erforderlich, um den Erfolg zu sichern. Entscheidend ist das Tun.
10. Wie können wir besser und effizienter lernen?
Zu einem erfolgreichen Innovationsmanagement gehört das richtige Lernen und Antizipieren untrennbar dazu. Dabei kommt es u.a. auf Effizienz und vertretbare Kosten an. Dabei gibt es einfache Wege, wie z.B. Tests am Konsumenten oder ein überschaubarer Expertenpool, auf den man bei Fragen schnell und unkompliziert zugreifen kann.
Fazit: Innovationsmanagement muss gelebt werden
Niemand behauptet, dass erfolgreiche Innovation oder ein erfolgreiches Innovationsmanagement einfach seien. Aber man muss die Dinge auch nicht unnötig komplizieren. Es kommt wie so oft im Leben nicht nur darauf an, dass man Dinge richtig tut, sondern auch darauf, dass man die richtigen Dinge tut.
Ach ja, und bevor Sie fragen, wer diese Fragen stellen sollte: Am besten der CEO, der sollte es vorleben. Noch besser ist aber eine Innovationskultur in der alle Beteiligten diese Fragen offen und unvoreingenommen miteinander diskutieren.