Öffnet Open Banking die Tür zu den Finanz-Plattformen der Zukunft?

Zunehmender Innovationsdruck in der Bankbranche

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Den meisten Deutschen sagt der Begriff Open Banking nichts. Dabei hätte die neue Technologie das Zeug zum gefragten „Game Changer“. Banken sollten sich dringend mit dem Thema beschäftigen.

Innovation durch Open Banking

Erhöht Open Banking den Innovationsdruck in der Bankbranche?

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Der Aufstieg des Themas Open Banking ist derzeit hauptsächlich getrieben durch Regulierungen wie die Open Banking Verordnung in Großbritannien und die PSD2 in Europa. Dabei war die Öffnung der Banken durch APIs (Application Programming Interfaces) nur der erste Schritt in Richtung eines neuen Finanzservice-Angebots – während zugleich festzuhalten ist, dass viele Banken das Potential für sich und ihre Kunden noch nicht erkannt haben bzw. es kaum ausschöpfen.

Ein anderes Bild ergibt sich bei einer Analyse der FinTechs, die das Thema deutlich konsequenter angehen und auch technologisch eine deutlich modernere Infrastruktur ohne Altlasten aufbieten – allerdings starten sie auf der Kundenseite bei Null.

Plattformökonomie verändert die gesamte Landschaft

Entscheidend ist die Frage, wie Banken das meiste aus der neuen Marktsituation, die durch die Herausbildung der Plattformökonomie entstanden ist, für sich herausholen. Schließlich ist eines der Kennzeichen der Plattformökonomie, dass ein Anbieter versucht, über seine Plattform eine dominierende Rolle auf einem Markt einzunehmen. Im Klartext: Eine Marktkonsolidierung könnte ein Effekt des Open Banking sein.

Einer der wesentlichen Treiber für die Motivation des Regulators, Open Banking zum Durchbruch zu verhelfen, ist der Wunsch nach mehr Innovation und einer stärkeren Öffnung des Marktes für kleinere und wachsende Marktteilnehmer. Der Regulator zielt also auf mehr Konkurrenz und eine verbesserte Marktsituation für den Endkunden ab.

Die FinTechs wiederum setzen auf Open Banking als zentrales Element ihres Geschäftsmodells, um mehr Service und bessere Kundenleistungen zu ermöglichen. Deutlich defensiver wiederum ist die Situation bei den Banken: Sie erfüllen in erster Linie regulatorische Anforderungen ohne entschieden neue innovative Services für ihre Kunden zu entwickeln. Dabei stellt die Öffnung der zumeist veralteten Kernbanken-Legacy-Systeme schon eine große Herausforderung dar. Dennoch beginnen einige Frontrunner wie ING oder BBVA, die die Vorteile von Open Banking sehen, in einzelnen Bereichen mit FinTechs zusammenzuarbeiten bzw. deren Services anzubieten. Ein Blick auf die unterschiedlichen Länder zeigt, dass im internationalen Bereich die USA und UK Vorreiter sind – andere Länder wie Deutschland ziehen hier erst nach.

Open Banking Ökosysteme als Game Changer

Vorweg: Die Ökosysteme, von denen hier die Rede sein wird, sind nicht gleichzusetzen mit Vergleichsportalen, in denen lediglich Angebots-Daten hinterlegt sind. Ein Ökosystem beschreibt vielmehr eine Umgebung, in der verschiedene Partner – und teilweise Konkurrenten – gemeinsam Services anbieten, die sich für den Kunden komplementieren. Je nach Geschäftsmodell wird dabei die Wertschöpfungskette geteilt oder ausgebaut.

Eines ihrer wesentlichen Elemente ist zunächst ihr B2B Charakter, der im erweiterten Sinne B2B2C-Beziehungen ermöglicht – also ein Zusammenschluss von Branchenprofis, der im Endeffekt den Kunden dient. Und – ganz wichtig – in einem solchen Ökosystem bietet sich allen Teilnehmern die Möglichkeit, Leistungen zu monetarisieren. Beispielweise kann eine Bank eine Dienstleistung eines Robo Advisor FinTech ihren Kunden (B2B2C) zugänglich machen – im Gegenzug könnte sie jedoch auch ihre über Jahre gewachsenen Kreditscoring-Modelle einem P2P Kredit FinTech (B2B) zur Verfügung stellen. Dieser Trend findet sich bereits in der hiesigen Bankenlandschaft: So basieren die ersten Ansätze von Ökosystemen in Deutschland (z.B. N26 mit Auxmoney oder ING mit Scalable Capital) auf stark bilateralen Beziehungen; es bedeutet aber auch einen hohen organisatorischen und technischen Aufwand für alle Seiten.

Bankbranche technologisch noch am Anfang

Unzweifelhaft stehen wir noch am Anfang der Entwicklung – das Potenzial ist noch lange nicht voll ausgeschöpft, nicht zuletzt durch schwierige technische Grundvoraussetzungen. So fehlen standardisierte APIs, powerful API Gateways oder moderne und einfach anbindbare Core Banking Systeme für eine bessere Flexibilität sowie einheitliche Plattformen zur Monetarisierung von Service Modellen. Eine Grundlage, um dorthin zu gelangen, wäre daher, die IT Architekturen in einzelne Komponenten aufzubrechen. Des Weiteren sollten Cloud Technologien und die sogenannte Containerization (das Verkapseln von einzelnen Applikationen) konsequent umgesetzt werden, sowie moderne technologische Integrationsmechanismen, wie API Gateways und schlanke Microservices Verwendung finden. Die Branche steht also noch vor jeder Menge Arbeit.

Die technischen Grundlagen sind jedoch nur die eine Seite. Insbesondere die Banken als Organisationen selbst müssen ein neues Mindset in ihren Strategien wie auch den Köpfen ihrer Mitarbeiter erwirken. Die Zeit der monolithischen Institute ist vorbei, heute können auch Konkurrenten zu starken Partnern werden. Dies muss jedoch geplant und gezielt gesteuert werden – es muss also ein „kuratiertes“ Marktplatz-Angebot geschaffen werden, in dem sich die Banken und das FinTech positionieren können. Was derzeit fehlt und dringend geschaffen werden muss, ist ein „Spirit der Innovation“ – zusammen mit einer möglichst flexiblen und agilen IT Organisation.

Vision: One-Stop-Shopping

Am Ende einer solchen Entwicklung entstünde ein Ökosystem, in dem Banken und FinTechs interagieren und sich wie auch ihren Kunden Zugang zu Dienstleistungen zu verschaffen. Dies wäre der One-Stop-Shop für Financial Services, der aus der Sicht des Kunden eine umfassende und ganzheitliche Betreuung erlauben würde.

Doch Open Banking und die damit verbundene Öffnung bringt nicht nur für Kunden Vorteile. Wie gesagt, erhalten die Kunden besseren Zugang zu Services und insgesamt ein besseres Produktangebot, sowie alles aus einer Hand.

Den Banken wiederum bieten sich durch Open Banking in Form ganzer Ökosysteme verschiedene Vorteile. Sie können:

  • die Kundenbindung stärken,
  • neue Geschäftsmodelle entwickeln,
  • sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und den Rest über Partner abwickeln,
  • Kosten und Risiken minimieren, insbesondere bezogen auf neue Aktivitäten,
  • mehr Daten und damit ein kompletteres Bild ihrer Kunden erhalten.

Ausblick Open Banking

Noch ist das Rennen nicht auf der Zielgerade, doch die nächsten Jahre werden darüber entscheiden, wer vom Open Banking profitiert und wer nicht. Mit Sicherheit werden sich einige führende Ökosysteme herausbilden. So sind gerade in der Anfangsphase verschiedenen Ökosysteme für unterschiedliche Banktypen wahrscheinlich. Vermutlich wird es z.B. auf der einen Seite Retail-orientierte Plattformen geben und auf der anderen Seite Angebote mit einem Fokus auf das Commercial-Banking.

Über den Autor

Boris Strucken

Boris Strucken verantwortet bei der Fidelity Information Services den Bereich Strategie, EAM und Innovationen für Banking Europe. Zuvor war er Leiter IT für Kapitalmarkt und Controlling, sowie stellv. / temp. CIO bei einer regionalen mittelständischen Hypothekenbank im genossenschaftlichen Finanzverbund. Außerdem hatte er in den letzten 20 Jahren Stationen bei der HypoVereinsbank, Accenture und BMW Group / BMW Bank als Software-Entwickler, Chef-Architekt, Technologie-Berater und Projektleiter für Financial Services.

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