Die Open Finance-Evolution im Alpenstaat hat längst begonnen. Unter anderem schreitet eine Öffnung von Schnittstellen für Drittanbieter weiter voran. Mehr noch, der Schweizer Staat priorisiert die Open Finance-Themen erneut klar.
Open Finance ermöglicht eine neue Ära der Finanzdienstleistungen. Mit ihren offenen Schnittstellen, sogenannten APIs (Application Programming Interfaces), hat Open Finance die Finanzbranche vor allem durch die Möglichkeit Partnerschaften & Kollaborationen neu anzugehen, verändert.
Befeuert durch die API-Technologie entstehen, in Zusammenarbeit zwischen Banken und FinTechs, vermehrt personalisierte Finanzprodukte. Stein des Anstoßes für offene Finanzplattformen in Europa war eine Regulierung, die neue Zahlungsdienstleistungsrichtlinie PSD2 (Payment Services Directive 2). Diese soll wiederum mit der geplanten „Financial Data Access“-Verordnung (FiDA) anhand von Use-Cases weiter ausgebaut werden. An welcher Stelle und mit welchem Ansatz steht die Schweiz bei dieser Diskussion um offene Finanzplattformen?
Fortschritte im Open Finance-Bereich beim Finanzplatz Schweiz
Da die Schweiz kein EU-Mitglied und damit nicht direkt von Regulierungen wie PSD2 oder FiDA betroffen ist, orientierte sich die Branche des Alpenlandes an einem marktorientierten Ansatz, entwickelte und bestimmte daraus eigene Use-Cases, anhand dieser sie das Potenzial von Open Finance erkannte. Die daraus erfolgreich entstandenen verschiedenen Zusammenarbeits-Formen zwischen Banken, Plattformen und FinTech, die zum Ziel haben gemeinsam sowohl Produkte wie Kundenschnittstellen zu gestalten, zeigt sich am Wachstum der Teilnehmenden an der zentralen Schweizer API-Plattform „bLink“. Plattformbetreiberin ist die SIX BBS, die ein zentraler ‚Motor‘ für die Open-Finance-Bewegung in der Schweiz ist.
Staatliche Unterstützung und Brancheninitiativen
Ein weiterer großer Schritt waren die Ende 2022 vom Bundesrat lancierten Ziele für Open Finance Schweiz. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) wurde beauftragt, klare Maßnahmen zu formulieren und diese regelmäßig mit den Branchenverbänden zu prüfen. Die Bekanntgabe von „Multibanking für Privatpersonen“ durch die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) war im Mai 2023 Antwort auf die gesetzten Ziele. Das Projekt soll eine drohende staatliche Regulierung abwenden und den Mitgliedern die Chance zu einer konkreten Umsetzung bieten.
Multibanking: Ein Mehrwert für Privatpersonen
Multibanking bezeichnet die Möglichkeit, dass Kundinnen und Kunden ihre Bankkonten bei unterschiedlichen Bankbeziehungen zentral über eine einzige Plattform oder App verwalten können. Durch einen einheitlichen Zugriff auf ihre verschiedenen Konten erhalten Kundinnen und Kunden einen umfassenden Überblick über ihre Finanzen, können Zahlungen tätigen, Überweisungen durchführen und ihre Transaktionen in einem gemeinsamen Interface einsehen. Multibanking-Apps (eigenständig oder als Teil einer Super-App) bieten mehr Komfort, Transparenz und Kontrolle über die eigenen Finanzen, da sie den Zugang zu verschiedenen Bankdienstleistungen unterschiedlicher Anbieter an einem Ort bündeln.
Mit Multibanking-Lösungen können Kundinnen und Kunden mehrere Bankkonten von unterschiedlichen Finanzinstituten zentral verwalten. Während solche Lösungen im Cash- und Liquiditätsmanagement für Firmenkunden bereits etabliert sind, stehen bei der Schweizer Multibanking-Initiative Privatkunden im Fokus. Diese erhalten eine Übersicht über ihre Finanzdaten und können von Super-App-Funktionen profitieren.
Die Zukunft von Open Finance in der Schweiz
Ich bin überzeugt, dass die Branchenverbände gute Voraussetzungen für Open Finance Use-Cases am Schweizer Finanzplatz geschaffen haben, so dass der marktorientierte Ansatz auch in Zukunft funktionieren kann.
Wichtige, bereits gelegte Grundlagen für einen marktorientierten Ansatz der Open Finance Schweiz sind:
Klare Ziele und Vorgaben der Regulierungsbehörden:
Diese fordern die Branchenverbände zum Handeln auf (Vorgaben und Ziele vom Bundesrat).
API-Standards für Interoperabilität
Einheitliche technische Standards für APIs erleichtern die Integration zwischen Finanzdienstleistern und Drittanbietern (Third-Party-Providers, SFTI Common API).
Kundenfokus
Die Entwicklung von Open-Finance-Angeboten soll sich an den Bedürfnissen der Kundschaft orientieren und über Risiken im Umgang mit Daten aufklären (beispielsweise: Memorandum of Understanding, SBVg). Angebote sollen anhand Kunden-Tests vor deren Umsetzung validiert werden.
Vertragsfreiheit
Die Zusammenarbeit, Partnerschaften sowie Kooperation zwischen den jeweiligen Akteuren soll auf freiwilliger Basis erfolgen. Gegenseitige Absichtserklärungen fördern diese (beispielsweise: SFTI Collaboration Models).
Business-Netzwerke
Kollaborations-Plattformen fördern den Austausch von Wissen und Erfahrungen (s. OpenWealth Association).
Technologische Infrastruktur
Eine zentrale API-Infrastruktur hilft bei der Skalierung von Use-Cases, der Prozess-Vereinheitlichung sowie der Validierung von Sicherheitsvorgaben (s. SIX bLink-Plattform).
Ein vielversprechender Weg
Obwohl Open Finance Schweiz sich noch im Anfangsstadium befindet, wurde das Potenzial erkannt und strategische Projekte lanciert. Mit der Einführung von Multibanking für Privatpersonen ab 2025 wird ein neues Kundenangebot geschaffen, das die Digitalisierung an der Kunden-Produkt-Schnittstelle vorantreibt. Es wird erwartet, dass beispielsweise aus der Embedded-Finance-Studie 2024 über die Elektronische Identität des Bundes (E-ID), weiterer Use-Cases aus der Branche hinzukommen. Es bleibt spannend, wie sich die Branche und der Staat in den kommenden Jahren weiterentwickeln werden.