Immer mehr Unternehmen setzen auf die Zusammenarbeit mit Start-ups zur Steigerung der Innovationskraft. Die daraus resultierenden Vorteile sind für die Etablierten jedoch deutlich höher als für die Jungen.
Angesichts steigender Kundenanforderungen und immer kürzerer Innovationszyklen suchen immer mehr etablierte Unternehmen die Zusammenarbeit mit Start-ups. Eine Studie der Boston Consulting Group bietet die erste umfassende Analyse zur Zusammenarbeit von Großunternehmen und Start-ups im deutschsprachigen Raum. Sie zeigt, dass die Kooperationen zwischen großen Konzernen und neu gegründeten Unternehmen derzeit in eine neue Reifephase eintreten. Die Euphorie der vergangenen Jahre geht zu Ende, zugleich steigen die Anforderungen an Professionalisierung.
Für die Studie wurden 90 Start-ups in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach ihren Erfahrungen mit Kooperationen miteinander befragt. Zudem wurden mehr als 30 Interviews mit Experten aus der Venture-Capital-Szene geführt und 570 große Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hinsichtlich des Einsatzes externer Innovationsvehikel untersucht (Digital- und Innovationslabore, Corporate-Venture-Capital, Inkubatoren, Beschleuniger oder Kooperationseinheiten).
Deutsche Konzerne setzen auf Start-ups
Kooperationen erscheinen sowohl Großunternehmen als auch Gründern aus einer Reihe von Aspekten attraktiv:
- Unternehmen versprechen sich davon insbesondere, das eigene Geschäftsmodell schneller und besser zu digitalisieren.
- Start-ups erhoffen sich vor allem Zugang zu Märkten und Kunden.
Vor allem große Unternehmen haben das Potenzial mittlerweile erkannt. Sie verfügen über große Ressourcen und können mehrere Projekte in diesem Bereich parallel vorantreiben. Von den 30 DAX-Unternehmen arbeiten 29 mit mindestens einem Start-up zusammen.
Innovations- oder Digitallabore am beliebtesten
Am beliebtesten bei einer Zusammenarbeit sind Innovations- oder Digitallabore. Im Durchschnitt verfügen die Firmen über drei der externen Vehikel, ein Fünftel der Dax-Konzerne setzt sogar auf alle fünf Formen.
Anders sieht es bei Familienunternehmen aus: Hier nutzt nur etwas mehr als die Hälfte ein Innovationsvehikel, und nur 2 Prozent greifen auf die gesamte Palette zurück.
Vor allem die Finanzindustrie, die Automobilbranche sowie der Chemie- und Pharmasektor sind Vorreiter auf dem Gebiet und gehen die meisten Partnerschaften mit Start-ups ein.
Kooperationen zwischen Unternehmen und Start-ups nicht zufriedenstellend
Kooperationen zwischen großen Unternehmen und Start-ups kennzeichnet, dass die Erwartungen in der Regel sehr hoch sind. Dementsprechend ist das Risiko der Enttäuschung ebenfalls hoch. Die Bilanz der bisherigen Kooperationen fällt indes durchwachsen aus:
- Gerade einmal die Hälfte (55 Prozent der Konzerne sowie 45 Prozent der Start-ups) sind zufrieden mit der Zusammenarbeit.
- 40 Prozent der großen Unternehmen kritisieren, dass während der Kooperation zu wenige Pilotprojekte gestartet und keine neuen Geschäftsmodelle entwickelt wurden.
- Über 40 Prozent der Gründer sind – trotz Anfangseuphorie – enttäuscht, dass ihre Ziele nicht erfüllt werden, sie also keinen sichtbaren Umsatzzuwachs durch besseren Marktzugang oder neue Vertriebskanäle erzielen konnten.
Das Frustpotenzial ist zudem auf beiden Seiten hoch, wenn Entscheidungen zu langsam und intransparent getroffen werden oder ganz generell das Gefühl einer ungleichen Partnerschaft besteht. Viele Kooperationen scheitern auch an unterschiedlichen Vorstellungen der Partner.
Weiterhin hohes Potenzial für Kooperationen
Beide Seiten müssten aus ihren Erfahrungen lernen und ihre Partnerschaften mit klareren, realistischeren Erwartungen gestalten:
- Große Unternehmen, so die Empfehlung, müssten lernen, wie ein Investor zu denken, und für die Partnerschaft eine klare Investmentstrategie entwickeln. Dies beinhaltet die Umsetzung einer aktiven Governance, Herstellung des Zugangs zu wertschaffenden Ressourcen und das gemeinsame Definieren von Pilotprojekten mit dem Start-up.
- Auf der anderen Seite müssten Start-ups deutlich machen, welchen konkreten Mehrwert sie in eine Kooperation einbringen und zeigen, wie ihre Beiträge dem Partner helfen, seine Ziele zu erreichen.
Das Potential für Kooperationen sei unverändert hoch. Partnerschaften würden einen wesentlichen Beitrag leisten, Innovationen zu beschleunigen und seien im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland unverzichtbar
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