Der Markt für Zahlungsverkehr befindet sich im Umbruch. Viele FinTechs sehen hier gute Chancen. Über die Herausforderungen und Perspektiven habe ich mich mit Marco Abele und Fatih Bektas, Co-CEOs von OneFor unterhalten.
Der Markt für Zahlungsleistungen ist nicht nur einer der größten sondern auch einer der am stärksten umkämpften Teilmärkte im Bereich Finanzdienstleistung. Neben Banken und etablierten Zahlungsdienstleistern sind in den letzten Jahren immer mehr FinTechs in diesem Bereich aktiv geworden. In der aktuellen Liste der weltweiten FinTech-Einhörner stellen Startups aus dem Bereich Zahlungsdienstleistungen den größten Anteil.
Mit OneFor ist nun ein neues europaweit tätiges FinTech angetreten, den Markt für Zahlungsleistungen zu verändern. Geringe Transaktionszeiten und niedrigere Transaktionspreise sollen als USP den Erfolg des Startups sichern. Zielgruppe sind vor allem Arbeitsmigranten und deren Familien in der Heimat, die auf das grenzübergreifende Senden und Empfangen von Geld angewiesen sind. Das Ganze funktioniert über eine App und die dazugehörige digitale Wallet. Weitere innovative Zahlungsformen sollen in Arbeit sein.
Interview mit Marco Abele und Fatih Bektas
Über die Hintergründe und Perspektiven habe ich mich mit Marco Abele und Fatih Bektas unterhalten.
Marco Abele, Co-CEO von OneFor, ist ein digitaler Innovator und FinTech-Unternehmer. Durch seine Tätigkeit als COO und CDO bei der Credit Suisse sammelte er über zwei Jahrzehnte Erfahrung im Bankwesen. Der Jurist und MBA war zuvor unter anderem für Credit Suisse und die Deutsche Bank tätig.
Fatih Bektas, Co-CEO von OneFor, ist Jurist und Gründer und verfügt über zehn Jahre Expertise im Zahlungsverkehr im regulierten Umfeld, die er durch C-Level-Positionen in verschiedenen FinTechs erwarb.
Zahlungsverkehr ist ein spannender FinTech-Bereich
Der Bank Blog: Was macht den Bereich Zahlungsverkehr so reizvoll für FinTechs?
Marco Abele: Der Zahlungsverkehr betrifft wirklich jeden – für FinTechs bedeutet das eine riesige Menge potenzieller Kunden. Durch die Skalierbarkeit in die Breite werden auch tiefgreifende Veränderungen möglich, wie zum Beispiel deutlich tiefere Preise. Insgesamt bietet der Zahlungsverkehr weiterhin enorme Verbesserungsmöglichkeiten, weshalb sich so viele FinTechs auf diesen Bereich fokussieren.
Der Bank Blog: Woher stammt die Idee zu Onefor?
Fatih Bektas: Die Idee stammt aus einer Vielzahl von Ereignissen in den letzten zwei Jahren. Besonders hat uns umgetrieben, dass Finanzdienstleistungen bislang so kalt und unpersönlich sind – selbst, wenn sie von FinTechs kommen. Wir haben die Möglichkeit gesehen, Technologie menschlicher zu gestalten, Personen miteinander zu verbinden und dadurch ein neues Kundenerlebnis zu schaffen.
Und dies ist entscheidend, gerade weil der Zahlungsverkehr für Arbeitsmigranten, Expats und alle international Arbeitenden mehr als nur Geldtransfer ist, nämlich Teil einer familiären Beziehung. Zudem ist der Nachholbedarf an besseren Dienstleistungen in vielen aufstrebenden Ländern besonders groß. Auch Mitarbeiter von OneFor haben selbst Erfahrungen im Rücküberweisungsbereich gesammelt und wollen mit der App nun ein Zeichen gegen überzogene Preise und defekte Prozesse setzen.
Der Bank Blog: Wer sind Ihre Investoren?
Marco Abele: Als Erstinvestor konnten wir die ND Group gewinnen, welche uns die letzten zwei Jahre unterstützt und begleitet hat. Für die nächsten Wachstumsschritte bereiten wir zeitnah eine weitere Finanzierungsrunde vor, die über Europa hinaus ein noch breiteres Spektrum an Investoren überzeugen soll.
Wir vernetzen Menschen auf der ganzen Welt
Der Bank Blog: Wie lautet Ihre Vision? Welches Kundenproblem wollen Sie lösen?
Fatih Bektas: Wir haben die persönlichste Finanz-App gestaltet. Sie vernetzt Menschen auf der ganzen Welt und ist für jeden zugänglich. Zudem wollen wir unseren Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Weltbank leisten, weshalb unsere Überweisungsgebühren fast 70 Prozent unter dem Marktdurchschnitt und bei fast der Hälfte des SDG-Ziels der Weltbank (Sustainable Development Goal) liegen.
Derzeit umfasst der globale Rücküberweisungsmarkt eine Milliarde Menschen – davon rund 200 Millionen ausländische und migrierte Arbeiter als Absender sowie rund 800 Millionen Familienmitglieder und Verwandten auf der Empfängerseite in der Heimat. OneFor wirkt somit weit über die Branche hinaus und setzt sich das Ziel, Lebensgrundlagen nachhaltig zu verbessern. Am stärksten profitieren Millionen von Zahlungsempfängern, die aus Infrastrukturgründen bisher keinen oder nur einen sehr teuren Zugang zu Bankleistungen haben.
Unsere Lösung ist schneller, günstiger und bequemer
Der Bank Blog: Welchen Mehrwert bietet Ihre Zahlungslösung gegenüber anderen bereits verbreiteten Lösungen?
Marco Abele: Unsere Lösung ist schneller, günstiger und bequemer. Die Transaktionszeit beträgt weniger als eine Sekunde und wir bieten bis zu 70 Prozent niedrigere Gebühren als der Marktdurchschnitt – beides macht OneFor zum Pionier. Zudem ist die Registrierung für die App äußerst bequem und dauert nur wenige Minuten.
Die Zahlungssender und -empfänger erhalten im Anschluss ortsunabhängig ein E-Wallet sowie eine Mastercard-Debitkarte. Nach Erhalt ihrer Karte können sie das Geld online nutzen, über POS-Terminals ausgeben oder Bargeld an lokalen Geldautomaten abheben. Das Angebot von OneFor erleichtert somit beiden Überweisungsbeteiligten den Alltag. Gleichzeitig ermöglicht es vielen, erstmals digitale Zahlungsinstrumente für die moderne Welt des E-Commerce zu nutzen.
Der Bank Blog: Wer sind Ihre Hauptwettbewerber?
Fatih Bektas: Unsere Hauptwettbewerber sind traditionelle Überweisungsanbieter wie Western Union. Sie setzen vor allem auf physische Geldannahme- und Ausgabestellen. Daneben transportieren viele ihr Geld noch immer persönlich via Bus, Bahn oder Flugzeug. Zudem sind FinTechs in Nordafrika und Südosteuropa selten zu finden, weshalb wir dort als sogenannter First Mover gelten.
Innovation ist wichtigste Voraussetzung für eine USP
Der Bank Blog: Eines Ihrer USPs ist ja der niedrige Preis. Wie schaffen sie es die Marco Abele: Überweisungsgebühren fast 70 Prozent unter dem Marktdurchschnitt zu halten?
Diese Preise ermöglicht unsere Innovation einer proprietären Plattform, die sich über Ländergrenzen hinaus erstreckt. Durch sie haben wir volle Kostenkontrolle auf beiden Seiten des Zahlungsstroms und sind nicht auf Drittabwickler und deren Kostenstrukturen angewiesen.
Der Bank Blog: Wie wird sich der Zahlungsmarkt Ihrer Ansicht nach weiterentwickeln?
Marco Abele: Unserer Meinung nach wird es in den nächsten Jahren vor allem in den verschiedenen Kundensegmenten des Zahlungsmarkts noch viele Innovationen und Neuerungen geben. Eine stärkere Konsolidierung auf wenige Player wird erst in ferner Zukunft stattfinden.
Der Bank Blog: Was bedeutet dies für OneFor? Welche Weiterentwicklungen planen Sie?
Fatih Bektas: Wir werden in den kommenden Monaten noch weitere Innovationen lancieren, um unsere App als Must-have zu etablieren. Daneben werden wir weitere Korridore von Europa heraus angehen, um für unsere Zielgruppe die europäische Nummer eins zu werden. Einer der wichtigsten Faktoren wird es sein, die verbleibenden Bedürfnisse unserer Kunden so genau zu verstehen, dass wir diese noch besser abdecken als unsere Konkurrenz.
Der Bank Blog: Wo sehen Sie dabei die größten Herausforderungen?
Marco Abele: Wie für jedes neue Produkt ist die Kundengewinnung die größte Herausforderung – insbesondere, wenn diese ihre Verhaltensmuster ändern sollen. Bei Finanzdienstleistungen ist die Wechselbereitschaft besonders niedrig und langjährige Gewohnheiten können nur langsam überkommen werden. Daher haben wir ein besonderes Augenmerk auf einfache, intuitive Kontoeröffnungsprozesse gelegt.