Preiserhöhungen beim Girokonto zahlen sich aus

Fallstudie Hamburger Sparkasse

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Preiserhöhungen im Girokontobereich sind in Mode. Das Beispiel der Hamburger Sparkasse zeigt, dass sich dies für Banken auszahlen kann. Dazu ist allerdings eine differenzierte Produktstrategie notwendig.

Strategische Preispolitik beim Girokonto

Eine strategische Preis- und Produktpolitik beim Girokonto zahlt sich für Banken und Sparkassen aus.

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Immer mehr Banken und Sparkassen haben sich in den letzten Jahren nicht nur vom Angebot eines kostenlosen Girokontos verabschiedet, die meisten haben sogar die Preise mehr oder weniger deutlich angehoben. So auch die Hamburger Sparkasse, die vor kurzem eine massive Preiserhöhung zum Jahreswechsel angekündigt hat.

Bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass dahinter mehr steckt als plumpe Abzocke. Denn die Haspa hat im Girokontobereich eine differenzierte Produktstrategie, die sich für die Bank auszahlt, ohne den Kunden das Gefühl zu geben, sie würden verprellt.

Vielfältiges Girokontoangebot der Hamburger Sparkasse

Der Marktanteil bei Girokonten der Hamburger Sparkasse beträgt bemerkenswerte 50 Prozent. Mit anderen Worten: Jeder zweite Hamburger hat ein Konto bei der Haspa. Seit 1999 bietet das Institut zwei Preismodelle für ihre Girokonten an:

  • Klassisch: Grundgebühr plus Preis je Buchungsposten und
  • Pauschal: Ein Preis für alle Leistungen.

Bei den Pauschalmodellen handelt es sich zudem um sogenannte Mehrwertkonten, die sogenannten Haspa-Joker-Konten. Neben den Basis-Bankleistungen enthalten diese zusätzliche banknahe und bankfremde Leistungselemente.

Aktuell haben sich 78 Prozent der Kunden für das Joker-Konto und 22 Prozent für das klassische Preismodell entschieden.

Stark differenzierte Preismodelle

Die Preise der Joker Modelle differieren extrem:

  • In der Basisausstattung kostet ein Joker-Konto monatlich 7,90 Euro,
  • in der mittleren Variante 10,90 Euro und
  • in der Premium-Variante 16,90 Euro.

Man mag es kaum glauben, aber selbst in Zeiten kostenloser Girokonten gibt es Kunden, denen ihr Konto mehr als 200 Euro im Jahr wert ist. Auf Wunsch erhalten sie dafür unter anderem ihre Kontoauszüge per Post, eine Guthabenverzinsung und einen speziellen VIP-Service.

Hinzu kommen zwei Pakete für Schüler und Studenten. Diese sind ebenfalls mit einem Preis versehen:

  • 2,50 Euro für Schüler und Auszubildende und
  • 3,50 Euro für Studenten.

Enthalten sind darin u.a. ein Notfall-Türöffner-Service und eine Handy-Versicherung.

Die Haspa will sich mit ihren Angebot zu einen bewusst von der Gratiskultur der meisten anderen Institute in diesem Segment abhaben. Außerdem will man so dem Beziehungsbruch am Ende des Studiums oder der Ausbildung ein Schnäppchen schlagen. Wenn bei anderen Banken das Gratiskonto ausläuft und der Kunde für eine gewohnte Leistung plötzlich bezahlen soll, ist oft ein Wechsel vorprogrammiert. Bei der Haspa weiß der Kunde um die Leistung, die er für seinen Preis erhalten hat.

Differenzierte Preiserhöhungen verhindern Kundenabfluss

Vor kurzem kündigte die Hamburger Sparkasse zum Jahreswechsel eine Preiserhöhung für ihre 195.000 klassischen Girokonten an. Der Grundpreis wird von derzeit 3,95 Euro um einen Euro auf 4,95 Euro oder umgerechnet 25 Prozent ansteigen. Zudem steigt der Preis für jede Buchung von 0,40 auf 0,50 Euro.

Für die Haspa bedeutet dies einen deutlichen Mehrertrag, solange ein Kunde nicht mit einem kompletten Abzug seines Girokontos reagiert. Unterstellt man, dass alle Kunden bei ihrem Girokontomodell bleiben und legt den vom Verbraucherportal Finanztip für Girokontenvergleiche kreierten Musterkunden zugrunde, so resultiert aus der Preiserhöhung ein jährlicher  Mehrertrag in Höhe von 36 Euro pro Girokonto oder umgerechnet rund sieben Millionen Euro.

Gemessen an den Gesamterträgen der Haspa im Jahr 2017 sind dies zwar „nur“ 2,2 Prozent des Provisionsertrags und gerade mal 0,7 Prozent der Netto-Gesamterträge, aber  beachtliche neun Prozent des ausgewiesenen Jahresergebnisses. Mit anderen Worten: Es lohnt sich!

Unterstellt man einen Wechsel zur Basisvariante des Joker-Kontos ist auch damit ein Vorteil für die Haspa verbunden. Der jährliche Brutto-Mehrertrag pro Konto läge bei 32,40 Euro und damit nur geringfügig niedriger. Da es vermutlich Kunden geben wird, die sich davon überzeugen lassen, dass eine höherwertige Joker-Variante die richtige Wahl ist, fällt der Mehrertrag in der Gesamtrechnung wohl mindestens genauso hoch aus, als wenn alle Kunden ihrem bisherigen Modell treu blieben. Allerdings sind für eine Nettobetrachtung die zusätzlich anfallenden variablen Kosten für ein Joker-Konto zu berücksichtigen.

Es kommt auf die Angebotsstrategie an

Was die Haspa bei ihrem Girokontoangebot von den meisten anderen Kreditinstituten unterscheidet, ist die Auswahl, die sie ihren Kunden überlässt. Das begann mit der Einführung des Joker-Kontos. Kein Kunde wurde gezwungen, zu dem pauschal bepreisten Modell zu wechseln, da das alte Girokontomodell weiter angeboten wurde. Der Kunde konnte und kann sich nach dem individuell von ihm wahrgenommenen Nutzen frei entscheiden.

Diese Strategie zahlt sich nun aus, denn Kunden haben auch weiterhin eine Wahl, wie sie auf Preiserhöhung reagieren wollen, ohne die Bankverbindung wechseln zu müssen.

Schon in der Vergangenheit hat die Haspa mehr oder weniger regelmäßig Preiserhöhungsrunden für ihre Girokonten durchgeführt. Allerdings immer für die zwei Kontomodelltypen deutlich zeitlich voneinander getrennt. Und bereits in diesen Preiserhöhungsrunden haben die meisten Kunden ihrer Bank die Treue gehalten.

Sollte die Haspa – sagen wir in zwei Jahren – auf die Idee kommen, die Preise für das Joker-Konto anzupassen, würde jeder Euro Preiserhöhung einen jährlichen Mehrertrag von rund 8,2 Mio. Euro bedeuten. Und alternativ können auch Änderungen im Leistungspaket Netto-Ertragseffekte auslösen.

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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