Der „Kobra-Effekt“ ist ein Musterbeispiel für misslungene Anreizstrukturen. Gute Governance in Banken und Sparkassen hingegen muss Stabilität und Flexibilität zugleich dienen. Die Einhaltung von vier Prinzipien ist dafür unabdingbar.

Der Kobra-Effekt als Musterbeispiel für schlechte Governance

Der Kobra-Effekt ist ein Musterbeispiel für misslungene Anreizstrukturen und schlechte Governance.

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Gut gemeint ist bekanntlich noch lange nicht gut gemacht. Die Wissenschaft nennt das den Kobra-Effekt. Er geht zurück auf ein Ereignis, als Indien noch britische Kolonie war. Um einer Kobra-Plage Herr zu werden, setzte ein britischer Gouverneur ein Kopfgeld auf jede erlegte Schlange aus. Mit der Folge, dass geschäftstüchtige Inder begannen Kobras zu züchten, um das Kopfgeld zu kassieren. Als der Gouverneur von dieser Praxis erfuhr, ließ er das Programm einstellen und die Züchter ließen die Schlangen frei. Ergebnis: Das Problem hatte sich vervielfacht.

Der Kobra-Effekt gilt als Paradebeispiel für verfehlte Anreizstrukturen – und mithin eine misslungene Governance. Dieses Wort, abgeleitet vom französischen „Gouvernance“ für Regierung, wird heute häufig benutzt, und mit seiner nahezu inflationären Erwähnung wächst auch die Unschärfe, die es umgibt.

Besinnen wir uns also: Governance bezeichnet die Strukturen und Lenkungsform, die sich eine Gesellschaft gibt. Gemeint ist das Zusammenspiel aus Staat, Privatwirtschaft und Interessensgruppen. Ziel ist es, das Management einer Organisation bzw. einer politischen oder gesellschaftlichen Einheit im Sinne einer besseren Zielerreichung zu verbessern.

Stabilität als Ziel der Governance

Es hat sich jedoch eingebürgert, Governance vor allem dann zu verwenden, wenn es sich gerade nicht um staatliche Strukturen handelt. So spielt der Begriff in praktisch allen Wirtschaftsunternehmen, die mit der Öffentlichkeit in Form von Kunden oder Stakeholdern zu tun haben, eine tragende Rolle. Resultierend aus der unscharfen Verwendung werden heutzutage gerne aus der Politik stammende Fallbeispiele herangezogen, um wirtschaftliche Gerüste zu erklären.

Zweifellos bestehen durchaus etliche Parallelen in der Governance von Staaten und der Governance von privatwirtschaftlichen Unternehmen, in deren Aufbau und Abläufen und somit auch in deren Lenkungsform. Entscheidend ist für beide in erster Linie der Faktor Stabilität und damit die Fähigkeit, auch große Krisen zu verkraften. Den Kern der Stabilität stellt bei Staaten die Verfassung dar, die eine Leitung während der Krise ermöglicht und gleichzeitig als Basis für einen Weg aus der Krise dient. Als aktuelles Beispiel hierfür dient die Staatskrise in Österreich. Die Regierung ist gescheitert, bis zu den nächsten Wahlen führt eine Übergangsregierung aus Experten das Land und garantiert somit Stabilität. Um diesen Kern herum muss aber auch ein staatliches Gebilde eine gewisse Flexibilität besitzen, um auf Entwicklungen reagieren zu können.

Stabilität plus Flexibilität

Und hier beginnen die Unterschiede zur Privatwirtschaft. Staaten befinden sich nicht in einer privatwirtschaftlichen Konkurrenzsituation und bestehen im Allgemeinen auch nach Krisen fort, selbst wenn sich im Extremfall das politische System und seine grundlegende Lenkungsform ändern mögen. Bei Unternehmen ist das anders. Natürlich benötigen auch sie einen stabilen Kern. Darum herum aber müssen sie äußerst beweglich sein und sich Marktsituationen anpassen, um langfristig zu bestehen. Ihre Stabilität basiert geradezu auf der Flexibilität der Ablauforganisation. In Sachen Flexibilität sind kleinere Unternehmen gegenüber großen, schwer manövrierbaren Konzernen oft im Vorteil. Wir sehen dies in der Finanzdienstleistungsbranche am Beispiel der FinTechs und InsurTechs. Bei einer Konsolidierung fehlt diesen relativ kleinen Unternehmen dann jedoch oft die nötige Stabilität, um zu überleben.

Machen wir es konkret am Beispiel der Bankenbranche: Sie sieht sich klaren Herausforderungen gegenüber – der Digitalisierung, neuen konkurrierenden Geschäftsmodellen, exponentiellen Technologiensprüngen und immer kürzer werden Produktzyklen mit niedrigeren Margen bei gleichzeitig steigender Regulierung. Nachhaltige Antworten und sich daraus ergebende Strategien werden nur jene Häuser finden, die einerseits in sich stabil sind und andererseits aber auch fähig sind zu einem Maß an Flexibilität, wie es ihnen in der Geschichte noch nie abverlangt wurde.

Vier Prinzipien guter Governance

Doch wie verschafft sich ein Unternehmen die nötige Stabilität? Für gute, sprich erfolgreiche Governance gibt es vier Prinzipien, die stets gegeben sein müssen:

  1. Rechenschaftspflicht: Es muss eine Organisation bestehen, die kontrollierbar ist und kontrolliert wird.
  2. Verantwortlichkeit: Das Unternehmen als Ganzes und jeder einzelne Mitarbeiter steht für das Handeln gerade und übernimmt Verantwortung.
  3. Offenheit: Erst wenn Mitarbeiter, Kunden und Stakeholder verstehen, was passiert, ist Transparenz tatsächlich gelebt.
  4. Fairness: Ethisches Handeln ist eine der Grundlagen für langfristige Wertschöpfung.

Governance muss gelebt werden

Um zu einer befriedigenden Situation für beide Seiten zu gelangen, sind die vier Prinzipien der Governance unabdingbar. Allerdings genügt es nicht, sie in Statuten festzulegen, sie müssen von jedem Einzelnen auch gelebt werden.

Darüber hinaus sollten die aktuellen großen Transformationsthemen, die nicht nur die Banken, sondern die gesamte Wirtschaft ergriffen haben als Chance für Unternehmen mit gefestigter Governance-Struktur gesehen werden und uns an einen Ausspruch des römischen Philosophen Seneca erinnern, der sagte: „Fest und stark ist nur der Baum, der unablässig Windstößen ausgesetzt war, denn im Kampf festigen und stärken sich seine Wurzeln“