Warum Banken sich mit Quantencomputern befassen sollten

Neue Technologien für die Finanzbranche

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Banken haben bereits reichlich zu tun, nützliche Anwendungen für künstliche Intelligenz und Blockchain zu entwickeln. Doch schon steht mit Quantencomputern die nächste aussichtsreiche Technologie bereit, die in einigen Jahren deutlich an Relevanz gewinnen wird.

Quantencomputer für Banken und Sparkassen

Quantencomputer bieten zahlreiche Einsatzpotentiale für Banken und Sparkassen.

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„Die Zukunft heißt Quantencomputer“, verkündete eine Pressemitteilung des Bundestages im vergangenen Jahr. Länder wie die USA und China, allen voran deren Nachrichtendienste, haben Milliardenprogramme aufgesetzt, um beim Thema Verschlüsselung durch Quantenkryptografie vorn zu sein, sobald die Technologie einen gewissen Reifegrad erreicht hat. In der EU, auch in Deutschland, gibt es ebenfalls Förderprogramme. Die Wirtschaft will als künftiger Profiteur quantenverschränkter Kommunikation und immenser Rechenpower nicht hintenanstehen. Vor allem die IT-Branche und die Industrie verbünden sich mit verschiedenen Forschungseinrichtungen, um schneller als ihre Konkurrenten Erfolge zu erzielen.

Viele Banken finden sich in den Konsortien nicht. International arbeitet Barclays als eines von wenigen Instituten an seiner „Quantum Readiness“. Andere Institute wie Morgan Stanley beobachten eher den Markt, um Investoren Informationen über mögliche Beteiligungen zu bieten. Über eigene Anwendungsszenarien oder Impact-Studien zu den Auswirkungen auf die Branche liest man in den Reports der Researchabteilungen noch nichts. Dabei gibt es durchaus einige geschäftliche Berührungspunkte zwischen Banken und Quantentechnologie: als Abnehmer der enorm schnellen Quantenrechner sowie als Betroffener, weil die Technologie wahrscheinlich den harten Wettbewerb um die besten Algorithmen weiter anheizen wird.

Quantencomputer als Code-Knacker der Zukunft

Quantencomputertechnologie ist allein aus sicherheitstechnischen Erwägungen relevant für Banken. Viele kryptografische Verfahren und auch die Blockchain-Technologie basieren auf Public-Key-Verschlüsselungsverfahren, die bald von Quantencomputern geknackt werden könnten.

Physiker gehen davon aus, dass ein Quantencomputer in zehn Jahren die derzeit eingesetzten Verschlüsselungsverfahren für die digitalen Signaturen der Blockchain innerhalb von 30 Minuten knacken kann. Speziell Banken, für die der Schutz sensibler Kundendaten und des Zahlungsverkehrs geschäftskritisch ist, wird daran gelegen sein, Hackern mit Quantenrechnern zuvorzukommen. Investitionen in Quantenkryptographie sind somit durchaus angebracht.

Simulationsgenauigkeit hoch x

Quantencomputer können das Finanzwesen zudem bei ihrer Kernkompetenz – der Unterstützung von Entscheidungen – auf ein neues Level heben. Banken leben davon, dass sie ihren Kunden die Zukunft vorhersagen. Sie prognostizieren, wie sich Aktien, Märkte und ganze Volkswirtschaften entwickeln. Sie schätzen Risiken ein, beispielsweise mit welcher Wahrscheinlichkeit Kredite ausfallen oder an welchen Börsen die größte Gefahr eines Crashs droht. Zudem bewerten sie kleinste Entwicklungen in Märkten, identifizieren in einer Fülle an Daten neue Geschäftsmöglichkeiten und suchen aus einer unzähligen Masse möglicher Portfolios das für ihre Kunden passende heraus.

Diese Empfehlungen und Entscheidungen stützen sich auf Rechenmodelle und Simulationsmethoden, die die Banken über die Jahre verfeinert und optimiert haben. Dazu zählen Portfoliomodelle, Monte-Carlo-Simulationen für das Risikomanagement sowie maschinelles Lernen in Form neuronaler Netze und Deep Learning für weitere Vorhersagen. Mittels künstlicher Intelligenz (KI) lässt sich beispielsweise die Risikosteuerung feinjustieren und erweitern. Banken können mit KI und großen Datenmengen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen besser erkennen und Frühwarnindikatoren für das Auftreten von Klumpenrisiken in Kreditbeständen bestimmen.

Quantencomputer ermöglichen mehr Künstliche Intelligenz

Die KI-Verfahren schöpfen die theoretisch verfügbaren Daten allerdings noch nicht aus. Die Rechenverfahren und -kapazitäten reichen nicht. Quantencomputer werden das ändern und die Modelle und Prognosen noch näher an die Realität heranbringen, weil sie mehr Daten in kürzerer Zeit verarbeiten können. Damit wird es für Banken realistisch, sich dieses Niveau an Genauigkeit in den Vorhersagen zu leisten.

Sogenannte Quantum-Amplitude-Estimation-Algorithmen für Quantencomputer könnten in einiger Zeit die heute übliche Monte-Carlo-Simulation in den Schatten stellen. Sie laufen quadratisch schneller als die aktuell verwendeten Algorithmen auf gewöhnlichen Computern, was letztendlich zu präziseren Ergebnissen führt. Chefvolkswirten in den Banken stünde mit dieser Rechenkapazität ein Prognoseinstrument zur Verfügung, das ihnen irgendwann hilft, sich anbahnende Finanzkrisen verlässlich vorherzusagen oder sogar zu vermeiden. Erste Berechnungen gibt es, sie müssen sich allerdings noch in der Praxis bewähren.

Quantencomputer als Profiler

Die Rechenpower des Quantencomputers verbessert nicht nur die Erkenntnislage über Märkte und damit die Leistung der Banken für ihre Kunden. Darüber hinaus erhalten Institute ein schärferes Bild über die Kontoinhaber selbst. Je mehr Daten in derselben Zeit verarbeitet werden können, desto besser die Information, so die Theorie. Banken erhalten damit Kundenprofile in Ultra-HD-Qualität, verglichen mit heute. Dieser Fortschritt lässt sich in zweifacher Hinsicht nutzen.

Banken können Quantenrechner in der Betrugserkennung einsetzen. Optimierte Algorithmen helfen der Bank von morgen, Muster genauer zu erkennen und damit Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wirksamer vorzubeugen. Zum einen entdecken Banken mehr Fälle, die ihnen heute entgehen würden. Zum anderen steigern sie die Treffsicherheit. Das bedeutet, weniger unbedenkliche Transaktionen werden als verdächtig eingestuft und überprüft.

Ein exakteres Profiling können Banken zudem nutzen, um Anleger und ihre Präferenzen und Ziele noch besser einstufen zu können. Die Rechner der Zukunft werden damit in der Lage sein, ein noch individuelleres und sich selbst optimierendes Investmentportfolio durch einen Robo Advisor zu erstellen.

Turbotaste für den Wertpapierhandel

Durch die zahlreichen Zwischenzustände wird der Quantenrechner viele Prozesse deutlich schneller und genauer durchführen als klassische Computer. Der Hochfrequenzhandel von Wertpapieren lässt sich damit noch einmal deutlich beschleunigen. Finanzmarktakteure mit Quantencomputern hätten somit einen Vorteil gegenüber Akteuren mit klassischen Rechnern. Die Kopplung von KI und Quantenrechnern wird darüber hinaus noch genauere Ergebnisse zur Entscheidungsunterstützung im Trading liefern.

Schneller, genauer, sicherer – aber nicht überflüssig

Viele Branchenvertreter befürchten, die Bank als Personengeschäft könnte durch neue Technologien, nicht nur Quantencomputer, in den Hintergrund geraten. 67 Prozent der Entscheider der Finanzdienstleister gehen beispielsweise davon aus, dass durch Digitalisierung langfristig Arbeitsplätze in der Branche wegfallen werden. Das zeigt die Studie Potenzialanalyse Transformation erfolgreich managen von Sopra Steria Consulting.

Dennoch werden Quantenrechner nicht das Kommando oder die Aufgabe der Banken übernehmen. Die beschriebenen Anwendungsszenarien erfinden die Bank nicht neu. Sie zielen auf die Maximierung der Produktivität mit den Mitteln der neusten verfügbaren Technologien. Es werden mit Sicherheit mehr Tätigkeiten automatisiert werden. Quantencomputer könnten beispielsweise im Clearing riesengroße Stapel an Transaktionen effizienter abarbeiten als heutige Computer und der Mensch.

Deshalb ist es wichtig, dass Banken die Entwicklungen vorhersehen, Technologien wie Quantenrechner auf dem Radar haben und sich mit praktischen Anwendungen beschäftigen – damit sie die Organisation frühzeitig anpassen und die Mitarbeiter für Aufgaben befähigen, die in einem möglichen Zeitalter der Quantencomputer immer noch nur vom Menschen übernommen werden können und sollten.

Über den Autor

Matthias Frerichs

Matthias Frerichs ist Leiter der Unit Digital Banking bei Sopra Steria. Seine Beratungsschwerpunkte sind die Themen Digitalisierung und IT-Architekturen. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker besitzt mehr als 15 Jahre Berufserfahrung im IT- und Finanzumfeld. Im Blog Digitale Exzellenz schreibt er unter anderem über den Umgang von Banken mit Fintechs.

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