Quo vadis Digitalisierung?

Arbeitswelt 4.0 im Private Banking

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Die Digitalisierung trifft auch die Finanzbranche und die darin tätigen Mitarbeiter. Für den Bereich Private Banking stellt sich u.a. die Frage, ob der Kundenberater bereits in naher Zukunft vom Robo-Advisor abgelöst wird.

Zunehmende Digitalisierung der Arbeit

Die Digitalisierung der Arbeit macht auch vor Banken und Sparkassen nicht halt
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Der Trend der Digitalisierung verändert branchenübergreifend zunehmend sowohl den Arbeitsplatz des Einzelnen als auch seine Interaktion als Teilelement des digitalen Ökosystems „Unternehmen“. Mit Blick auf die Finanzbranche ergeben sich in diesem Zusammenhang unzählige Fragen u. a. dazu, ob der Kundenberater bereits in naher Zukunft vom Robo-Advisor abgelöst wird.

Der digitale Wandel wirkt revolutionär

Ob in der allgemeinen Presse oder in Fachzeitschriften – kein Thema wird heute branchenübergreifend so stark diskutiert wie die voranschreitende Digitalisierung. Denn die Arbeitswelt von heute ist geprägt von immer leistungsfähigeren Technologien, sinkenden Produktionskosten, einer stetig steigenden Internetnutzung „anytime, anywhere“, einer sich immer weiter entwickelnden Robotik, einhergehend mit künstlicher Intelligenz, und nicht zuletzt von Big Data. Nahezu alle Branchen sind zunehmend mit sich infolge des rasanten technologischen Fortschritts verändernden Kundenbedürfnissen konfrontiert.

Der digitale Wandel wirkt revolutionär: Klassische Geschäftsmodelle verlieren teilweise an Bedeutung, neue Produkte und Dienstleistungen entstehen. Dass dabei Effizienzsteigerungen möglich werden und die Transparenz im Internet ständig wächst, ist auch das Ergebnis davon, dass der Konsument als „Prosument“ inzwischen aktiv am Produktionsprozess teilnehmen kann.

Mensch als Akteur im digitalen Ökosystem eines Unternehmens

Was sich für ihn als Kunden in Produktivitätssteigerung und Kostentransparenz auswirkt, hat für denselben Menschen als Akteur im zunehmend digitalisierten Ökosystem eines Unternehmens weitaus mehr Facetten. Denn selbst jene, die privat für eine digitale Diät plädieren, können sich dieser Entwicklung im beruflichen Alltag nicht entziehen. So schreibt der Deutsche im Durchschnitt 6.570 E-Mails pro Jahr, d. h. mindestens 18 E-Mails am Tag. Die digitale Kommunikation, aber auch die Arbeit mit digitalen Plattformen und Geräten nimmt in Unternehmen unterschiedlichster Branchen zunehmend Raum ein. Führungskräfte und Mitarbeiter sind daher gleichermaßen gefordert, die Vielzahl an digitalen Kanälen und die daraus resultierende Fülle an Möglichkeiten maßvoll und zielgerichtet einzusetzen.

Digitale Kompetenz als wichtige Qualifikation

Wenngleich digitale Lösungen in einigen Bereichen bei erfolgreicher Einführung bzw. Nutzung eine hohe Ressourceneinsparung ermöglichen, gibt es auch Bereiche, bei denen der technische Aufwand auch langfristig nicht in Relation zum Ertrag steht. So stellt sich zum Beispiel die Frage, ob die mittlerweile überhandnehmende E-Mail-Flut, die jeder Mitarbeiter am Tag schreibt und empfängt, wirklich zielführend ist. Digitale Kompetenz, also die Fähigkeit, aktuelle technologische Entwicklungen für den persönlichen Arbeitsbereich sowie für das gesamte Unternehmen richtig einzuordnen, ist daher mittlerweile branchenübergreifend zu einer der wichtigsten Qualifikationen jedes Mitarbeiters geworden.

Finanzdienstleister sind bei der Digitalisierung ins Hintertreffen geraten

Während die Auswirkungen des digitalen Wandels im Einzelhandel, in der Reise- oder in der Medienbranche bereits seit einigen Jahren eindrucksvoll zu beobachten sind, sind Finanzdienstleister in puncto moderner Kommunikationstechnologie und digitaler Infrastrukturen ins Hintertreffen geraten. Das hier vorhandene hohe Digitalisierungspotenzial ist nicht lange unentdeckt geblieben: Banken erhalten zunehmend Konkurrenz von neuen Marktteilnehmern, die mit innovativen Konzepten und Geschäftsmodellen gezielt auf die veränderten Erwartungen der Konsumenten eingehen – maximale Flexibilität, schnelle Reaktionen, individuelle Angebote und eine hohe Benutzerfreundlichkeit bei niedrigen Kosten. Schnell haben sich digitale Lösungen zunächst für leicht zu standardisierende Prozesse wie z. B. Zahlungsverkehrsdienstleistungen etabliert. Und FinTechs gewinnen zunehmend Marktanteile: Inzwischen werden weitere Teile der Wertschöpfungskette aufgebrochen und immer komplexere Angebote entwickelt, etwa im Bereich der digitalen Anlageberatung und Vermögensverwaltung – sogenannte Robo-Advisors.

Ist der klassische Bankberater ein Auslaufmodell?

Schnell wurde prophezeit, dass der klassische Bankberater ein Auslaufmodell sei und die Zukunft dem Robo-Advisor, der beratungsbezogene Arbeitsplätze überflüssig machen würde, gehöre. Gleichzeitig wurden kritische Stimmen laut, die warnten, dass es sich nur um einen vorübergehenden Trend oder gar eine Investitionsblase handele. Zwischen diesen Extremen liegen gemäßigte Positionen, die einen pragmatischen Ansatz vertreten. Längst sind erste Kooperationen zwischen Banken und Robo-Advisors entstanden. Einige Banken sind dabei, eigene digitale Plattformen zu entwickeln. Doch auch sie werden in Zukunft nicht auf die menschliche Kompetenz hinter der technisierten Fassade verzichten können. Denn ob selbst gebaut oder zugekauft – der neue, digitale Vertriebskanal muss überwacht, gepflegt und vermarktet werden. An diesen Stellen können sogar neue Arbeitsplätze entstehen. Und der Bankberater? Seine Rolle wird sich mehr oder weniger stark verändern, abhängig vor allem vom jeweiligen Geschäftsbereich, in dem er sich bewegt. Zwischen dem Retail-Banking und dem Private Banking/Wealth Mangagement muss dabei klar unterschieden werden.

Vom Berater zum Begleiter des Kunden

Denn ein klassischer Retail-Kunde, der über ein Tagesgeldkonto und ein kleines bis durchschnittliches Anlagevolumen verfügt, hat meist ganz andere Bedürfnisse als ein wohlhabender Privatkunde oder ein erfolgreicher Unternehmer, der Teile seiner Erträge gewinnbringend einsetzten möchte. Erstere profitieren in hohem Maße von den digitalen Angeboten der Direktbanken, die ihnen einen schnellen und flexiblen Umgang mit ihren finanziellen Mitteln ermöglichen. Der Kundenberater übernimmt dabei immer weniger persönlich beratende Tätigkeiten und fungiert stattdessen zunehmend als Begleiter für den Kunden, der z. B. via Video-Chat bei Bedarf schnell und einfach erreichbar sein muss. Im Private Banking hingegen bleibt die Rolle des Beraters durch das Entstehen zusätzlicher digitaler Vertriebskanäle weitgehend unberührt. Im Umgang mit hohen Anlagenvolumina legen die Kunden weiterhin größten Wert auf individuelle Beratung und persönliche Betreuung. Digitale Angebote wie z. B. Reporting-Tools stellen für diese Kundengruppe allerdings einen zusätzlichen Mehrwert dar. Im Zuge der Digitalisierung wächst also das Aufgaben- und Kompetenzspektrum in der Beratung, die Rolle des Kundenberaters wird somit eher auf- als abgewertet.

Digitalisierung betrifft jeden Einzelnen

Abschließend lässt sich festhalten, dass das Thema Digitalisierung immer facettenreicher wird. Aufgrund des anhaltenden technologischen Fortschritts gewinnt die Entwicklung von digitaler Kompetenz dabei zunehmend an Bedeutung. Denn Digitalisierung betrifft nicht nur die technische Weiterentwicklung am einzelnen Arbeitsplatz, sondern vielmehr die Rolle jedes Einzelnen als Teilelement eines größeren, heute digitalen Ökosystems einer Organisation.


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Der Beitrag ist Teil einer Serie über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeit und Führung in Banken und Sparkassen. Abonnenten von Der Bank Blog Premium können das 38-seitige E-Book „Arbeit 4.0 in der Finanzdienstleistung“ direkt herunterladen.

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Über den Autor

Stephan Rupprecht

Stephan Rupprecht (Jg. 1962) absolvierte die Ausbildung zum Bankkaufmann und Zusatzausbildung zum Bankfachwirt. Er arbeitete von 1981 bis 1987 bei der Bayerischen Vereinsbank AG, von 1987 bis 2001 in leitenden Positionen bei der Commerzbank AG und wechselte 2001 zur UBS Deutschland AG. Dort übernahm er die Regionalleitung Bayern und wurde Mitglied des Executive Boards. Seit Juli 2012 ist Stephan Rupprecht Partner bei Hauck & Aufhäuser. Im Konzern ist er im KGF Vermögensmanagement für die folgenden Bereiche verantwortlich: • Institutionelle Kunden/Asset Management • Privat- und Unternehmerkunden • Investmentmanagement • Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG • Business Management & Middle Office • Corporate Communications & Marketing • Vertriebs- und Produktmanagement

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