Radikaler Strategiewechsel bei der Fiducia & GAD

Genossenschaftlicher IT-Provider wird Digitalisierungscoach

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Um den Herausforderungen des Marktes gerecht zu werden, positionieren sich Volks- und Raiffeisenbanken derzeit für den Wettbewerb an der digitalen Kundenschnittstelle. Um bestmöglich zu begleiten, hat die Fiducia & GAD ihre Rolle im Verbund neu definiert.

Strategische Neuorientierung bei der Fiducia & GAD

Der IT-Dienstleister der Genossenschaftsbanken steht vor einer strategische Neuorientierung.

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Können die Genossenschaftsbanken ihre traditionellen Stärken wie Regionalität und langjährig gewachsenes Kundenvertrauen auch im Zeitalter der Digitalisierung in einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil ummünzen? Ja, aber nur durch eine umfassende Transformation auf vielen Ebenen ihrer Geschäftstätigkeit. Diese Veränderung und diese Transformation dürfen aber nicht bei der Bank vor Ort aufhören. Es bedarf eines IT-Dienstleisters, der in der IT-Technologie, den Lösungen und seiner Rolle im Markt, aber auch seiner internen Aufstellung diesen Veränderungsprozess antizipiert und somit bereit ist, die Primärbanken wirkungsvoll zu unterstützen.

Die Bedingungen dafür sind nach dem Abschluss der Serienmigration auf agree21 im vorigen Jahr geradezu ideal. Denn die verbundweite Vereinheitlichung des Bankverfahrens schuf die Voraussetzung dafür, dass der Weg frei ist für die genossenschaftliche Finanzgruppe, proaktiv auf die disruptiven Marktveränderungen reagieren zu können.

Mehrwert auch jenseits klassischer Bankdienstleistungen

Aber was genau sind momentan die wesentlichen Digitalisierungsziele? Geht es vorrangig um Effizienz und Kostenreduktion? Zweifellos werden solche Aspekte auch in allen künftigen Kapiteln der genossenschaftlichen Transformationsgeschichte eine wichtige Rolle spielen. Doch es braucht auch einen klaren Fokus auf neuartige Servicemodelle und somit auf die Kundenschnittstelle, eine erweiterte Art der digitalen Kundenbeziehung. Im Kern geht es hier um einen Mehrwert, der über klassische Bankdienstleistungen hinausgeht und der somit hilft, die Kundenbindung langfristig zu stärken.

Über ein regional vernetztes digitales Ökosystem können die Volks- und Raiffeisenbanken ihre Kunden künftig in ganz verschiedenen Lebensbereichen mit einem maßgeschneiderten Serviceangebot begleiten. Beispielsweise könnten sie passend zu einer Baufinanzierung über das Ökosystem auch gleich die notwendigen Handwerkerleistungen – vorzugweise ebenfalls ein Kunde einer VR-Bank – vermitteln. Sie bringen Angebot und Nachfrage in ihrem Einzugsgebiet zusammen und kurbeln so die regionale Wertschöpfung an.

Solche Verzahnungen von digitalen Services auf einem digitalen Marktplatz und basierend auf Regionalität, kombiniert mit der Kundenbeziehung und Mitgliedschaft bei einer Volks- und Raiffeisenbank, lassen sich beliebig erweitern und sollten die unternehmerische Kreativität herausfordern. In regionalen Ökosystemen erlebt die Genossenschaftsidee des Miteinander-Füreinander ihre Wiedergeburt im digitalen Zeitalter. Für die Volks- und Raiffeisenbanken bedeutet dies, dass sich ihr Vertrauensbonus dank Regionalität und Nähe auch im Wettbewerb der Zukunft als klares Differenzierungsmerkmal gegenüber anderen Geldhäusern auszahlen kann.

Strategische Neuorientierung bereits in vollem Gang

Es liegt auf der Hand, dass kein Institut die Transformation zum Lebensbegleiter seiner Kunden auf sich allein gestellt vollziehen kann. Dafür brauchen die Genossenschaftsbanken vielmehr einen gemeinsamen Transformations-Guide, der sie zielsicher durch die digitale Banking-Welt begleitet. Genau darin sieht die Fiducia & GAD ihre zukünftige Rolle. Und sie ist sich gleichzeitig bewusst, dass der angestrebte Wandel vom Dienstleister zum Coach und Business Enabler auch im eigenen Unternehmen eine tiefgreifende Transformation und andere Skillprofile erfordert. Die Weichen dafür stellte der Aufsichtsrat schon im August letzten Jahres – und zwar mit der Neuaufstellung des Vorstands, der die strategische Neuausrichtung der Fiducia & GAD noch vor dem Abschluss der vierjährigen Serienmigration umgehend in Angriff nahm.

Den ersten Schritt hierzu bildete eine schonungslose Stärken-Schwächen-Analyse – unterlegt mit einer detaillierten Markt- und Wettbewerbsanalyse. Auf dem Prüfstand standen dabei sowohl das Technologie- und Serviceportfolio als auch alle internen Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse. Genauso wie jedes andere im Verbund verwurzelte Unternehmen zieht auch die Fiducia & GAD ihre Kraft zur Erneuerung aus dem genossenschaftlichen Prinzip des Miteinander-Füreinander. Kein Wunder also, dass sie sich bei der eigenen strategischen Profilentwicklung stets an dem vom Bundesverband BVR moderierten Strategieprozess für die gesamte genossenschaftliche FinanzGruppe orientiert.

Klares Bekenntnis zu kooperativer Plattformarchitektur

Einen radikalen Kurswechsel läutete das strategische Ziel der agilen und digitalen Transformation insbesondere auf der Ebene der Technologie- und Portfolioentwicklung ein. Einfach deshalb, weil das gemeinsame Bankverfahren als historisch gewachsenes System von Natur aus zu komplex und technologisch in die Jahre gekommen ist, um neue digitale Angebote und Lösungen schnell und kostengünstig – gegeben falls auch unter Einbindung von existierenden Partnerlösungen – zu integrieren. Die Ursache dafür liegt in der – in den heutigen Bankverfahren nicht unüblichen – monolithischen und daher unflexiblen Softwarearchitektur. Die strategische Antwort lautet daher: Neue digitale Services werden in Zukunft ausschließlich über eine offene modulare Plattform entwickelt und ausgebracht.

Diese Architekturentscheidung verbessert nicht zuletzt auch die Möglichkeiten zur Kooperation und zum Aufbau eines breiten Partnernetzwerks. Denn die offene Softwarearchitektur erleichtert die Integration nicht nur bei eigenentwickelten Anwendungen, sondern auch bei mehrwertstiftenden Drittanbieterlösungen.

Natürlich steht bei alldem die Frage im Raum, ob diese Weichenstellung die ungeheuren Konsolidierungsanstrengungen mit der Migration mehrerer hundert Mitgliedsinstitute auf ein verbundweit einheitliches Bankverfahren nicht rückwirkend in Frage stellt. Das ist nicht der Fall, da der transaktionale Kern des bestehenden Verfahrens mit sämtlichen Funktionen zu Konten, Buchungen und Kundendaten Bestand hat und kontinuierlich weiterentwickelt wird. Die Konsolidierung war also keineswegs umsonst, sondern hat letztlich erst den nötigen Freiraum für die strategische Neuorientierung auch wirtschaftlicher Art geschaffen.

Agiles Paradigma gilt für die ganze Organisation

Die interne Transformation der Fiducia & GAD lässt sich knapp mit zwei Begriffen beschreiben: Agilität und unternehmerisches Handeln. Damit ist sowohl das Ziel als auch das Mittel klar umrissen: Schon heute werden sämtliche Lösungen für die neue Vertriebsplattform der Genossenschaftsbanken mit agilen Methoden von cross-funktionalen Teams entwickelt. Dabei gewährleistet die interdisziplinäre Zusammensetzung der Teams, dass von Beginn an die Perspektive der späteren Anwender berücksichtigt wird. Hohe Geschwindigkeit der Entwicklung bei deutlich verbesserter Bedarfsorientierung sind Merkmale der agilen Vorgehensweise, die bislang bei ausgewählten Projekten, vor allem im Rahmen der verbundweiten Digitalisierungsoffensive „KundenFokus“ zur Anwendung kam. Künftig jedoch wird sich die gesamte Organisationsstruktur an der agilen Methodik orientieren, die einen Funktionsbereiche mehr, andere weniger, aber die Wurzeln sind für alle gleichartig gelegt.

Es handelt sich hierbei um einen tiefgreifenden Kulturwandel im Unternehmen, der siloartiges Abteilungsdenken überwinden soll und daher allen Beteiligten eine hohe Veränderungsbereitschaft abverlangt. Auf der anderen Seite aber schafft der Wandel hin zu einer agilen Organisation auch neue Entfaltungschancen quer durch die fast 4.500-köpfige Belegschaft. Dies steigert insbesondere für junge Talente die Attraktivität der Fiducia & GAD.

Fazit: Fiducia & GAD mit neuem Selbstverständnis

In der Vergangenheit agierte die Fiducia & GAD als zentraler IT-Provider der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Mit ihrer neuen Strategie verändert sich dieses Selbstverständnis um 180 Grad. Die Hauptaufgabe besteht im Zielbild darin, die Volks- und Raiffeisenbanken bei der Transformation ihrer Geschäftsmodelle als Digitalisierungsexperte aktiv zu unterstützen.

Dank ihrer neuen agilen Organisationsstruktur kann die Fiducia & GAD digitale Lösungen in völlig neuer Qualität über eine offene Softwareplattform zeitnah und kosteneffizient bereitstellen. Auf qualitativer Ebene fallen dabei vor allem verbesserte Bedarfsorientierung und die zeitgemäße Usability ins Gewicht. Beides zusammen sorgt für ein unverwechselbares Nutzungs- und Markenerlebnis der Kunden.


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Über den Autor

Martin Beyer

Martin Beyer ist Vorstandssprecher der Fiducia & GAD IT AG und verantwortet das Ressort „Finanzen und Kundenservice“. Vor der Fusion zur Fiducia & GAD IT AG war er seit Januar 2014 Vorstandsmitglied der GAD eG. Der Diplom-Betriebswirt kam nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und nach Abschluss eines betriebswirtschaftlichen Studiums zur GAD.

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