Wie stellt man einen Antrag für Prozesskostenhilfe und welche Kosten werden übernommen. Ist es auch möglich diesen Antrag nachträglich zu stellen, wie geht man dabei vor und welche Schritte müssen dabei alles beachtet werden?
Muss eine rechtliche Auseinandersetzung vor Gericht ausgetragen werden, ist das mit Kosten verbunden. Nicht jeder kann diese Kosten tragen, da ihm die Mittel dafür fehlen. Damit auch Menschen, die sich einen Prozess nicht leisten können, Zugang zum Gericht haben, kann der Staat unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe gewähren.
Die Prozesskostenhilfe ist eine finanzielle Unterstützung für mittellose Menschen, die ihre Interessen vor Gericht durchsetzen müssen. Menschen, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügen oder durch andere Stellen finanzielle Unterstützung erhalten, haben keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Was ist Prozesskostenhilfe?
Die Prozesskostenhilfe gewährt mittellosen Bürgern die Möglichkeit, für ihr Recht einzugestehen. Sie wurde früher als Armenrecht bezeichnet. Der Staat ist verpflichtet, hilfsbedürftige Bürger in existenziellen Notlagen zu unterstützen. Die Prozesskostenhilfe soll soziale Gerechtigkeit gewährleisten und finanziell benachteiligten Menschen den Zugang zu Gerichten ermöglichen.
Die Prozesskostenhilfe sorgt dafür, dass Menschen ohne oder mit einem geringen Einkommen keine finanzielle Diskriminierung vor Gericht erleiden. Sie unterstützt einkommensschwache Personen bei der Durchführung von Gerichtsverfahren.
Welche Kosten deckt die Prozesskostenhilfe ab?
In welcher Höhe die Prozesskostenhilfe gewährt wird, hängt vom Einkommen der betroffenen Person ab. Die Prozesskostenhilfe kann die Gerichtskosten für die betroffene Person vollständig oder teilweise tragen. Zusätzlich kann sie die Kosten für die anwaltliche Vertretung übernehmen. Das Gericht muss dazu einen Anwalt beiordnen.
Nicht immer wird eine Prozesskostenhilfe gewährt. Abhängig von den finanziellen Verhältnissen kann die betroffene Person auch verpflichtet werden, die Kosten in Raten zu zahlen.
Tipp: Unterliegt der Betroffene vor Gericht, werden seine Auslagen und Anwaltskosten von der Staatskasse beglichen. Er muss jedoch die Kosten des gegnerischen Anwalts trotz Prozesskostenhilfe tragen.
Wer hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe?
Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben Menschen, die nicht in der Lage sind, die Kosten für ein Gerichtsverfahren selbst zu tragen. Um Prozesskostenhilfe zu erhalten, müssen die Betroffenen bestimmte Voraussetzungen erfüllen:
- der Betroffene kann die Gerichtskosten gar nicht, nur teilweise oder nur in Raten aufbringen
- der Betroffene hat mit der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ausreichende Aussichten auf Erfolg
- die Person würde auch dann nicht von einem Prozess absehen, wenn sie die Kosten selbst tragen müsste
- eine andere Person oder Organisation kann nicht verpflichtet werden, die Gerichtskosten zu tragen
- der Betroffene verfügt nicht über eine Rechtsschutzversicherung
Ist der Betroffene verheiratet oder lebt er in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, muss der Ehegatte oder Lebenspartner für die Prozesskosten aufkommen. Der Betroffene hat nur dann Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn auch der Ehe- oder Lebenspartner nicht für die Prozesskosten aufkommen kann. Auch dann, wenn eine Organisation wie ein Sozialverband, eine Gewerkschaft oder ein Mieterbund die Prozesskosten übernehmen kann, besteht kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Antrag auf Prozesskostenhilfe
Um Prozesskostenhilfe zu erhalten, muss die betroffene Person beim zuständigen Gericht einen Antrag stellen. Der Antrag kann auch vom Anwalt des Betroffenen gestellt werden.
Der Betroffene oder dessen Anwalt kann einen schriftlichen Antrag beim zuständigen Gericht einreichen. Im Antrag muss er den Sachverhalt ausführlich und vollständig darlegen. Er muss auch über die zur Verfügung stehenden Beweismittel informieren. Weiterhin muss er zusammen mit dem Antrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgeben. Dazu zählen:
- Familienverhältnisse,
- Vermögen,
- Einkommen,
- Beruf,
- finanzielle Belastungen.
Er muss die entsprechenden Belege beifügen, zu denen Einkommensnachweise, Nachweise über monatliche Zahlungsverpflichtungen und Kontoauszüge der letzten drei Monate gehören. Weiterhin muss er seinen Personalausweis oder Reisepass sowie die Unterlagen zur Klageschrift vorlegen.
Alternativ kann der Betroffene auch bei der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts seinen Antrag zu Protokoll geben.
Tipp: Für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gibt es ein bundesweit einheitliches Formular. Es ist online zum Download verfügbar.
Einkommensgrenze zur Gewährung der Prozesskostenhilfe
Damit die Prozesskostenhilfe gewährt werden kann, darf das monatliche Einkommen des Betroffenen nicht höher als 396 Euro sein. Ist der Betroffene verheiratet oder lebt er in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, darf das gemeinsame Einkommen 494 Euro im Monat nicht überschreiten.
Die Einkommensgrenze wird in vier Schritten ermittelt:
- Ermittlung der monatlichen Einkünfte mit Arbeitslohn, Sozialleistungen, Einnahmen aus selbstständiger Arbeit, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, Kindergeld, Wohngeld, Rente, Pension und Unterhaltszahlungen.
- Abzug der laufenden Kosten mit Miete, Kosten für Fahrten zur Arbeit, Nebenkosten und Kosten für Versicherungen.
- Anrechnung von Freibeträgen.
- Ermittlung von verwertbarem Vermögen, von dem eine selbst bewohnte Immobilie, ein Geldvermögen bis 2.000 Euro, Vermögenswerte für Altersvorsorge und notwendige Vermögenswerte für die Berufsausübung ausgenommen sind.
Zeitpunkt für die Beantragung der Prozesskostenhilfe
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe kann zu drei verschiedenen Zeitpunkten gestellt werden:
- vor der Erhebung der Klage,
- zeitgleich mit der Erhebung der Klage,
- nachträglich, nach der Erhebung der Klage.
Der Betroffene kann einen Antrag auf Prozesskostenhilfe auch nachträglich stellen, wenn die Klage bereits erhoben wurde. Es ist jedoch wichtig, dass das Verfahren noch nicht beendet wurde. Beantragt der Betroffene die Prozesskostenhilfe nachträglich, wenn das Verfahren noch nicht beendet ist, werden die Kosten, die dem Betroffenen schon vor der Antragstellung entstanden sind, nicht erstattet.
Ist das Verfahren bereits beendet, kann kein Antrag auf Prozesskostenhilfe mehr gestellt werden. Der Betroffene hat dann keinen Anspruch mehr.
Fazit und weiterführende Informationen zur Prozesskostenhilfe
Wer seine Ansprüche vor Gericht durchsetzen muss oder angeklagt wird, aber die Prozesskosten nicht tragen kann, hat unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Der Antrag wird beim zuständigen Gericht gestellt. Der Antrag kann auch dann noch gestellt werden, wenn die Klage erhoben wurde und das Verfahren noch nicht beendet ist.
Weiterführende Informationen zum Thema „Prozesskostenhilfe“ finden Sie auf prozesskostenfinanzierung.de auf bmj.de und justizportal.niedersachsen.de