Dank Blockchain-Technologie gewinnt die Tokenisierung der Wirtschaft zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Unternehmen nutzen sie, um durch sogenannte Initial Coin Offerings Kapital zu erhalten.

Initial Coin Offerings (ICOs) als neue Finanzierungform

Initial Coin Offerings (ICOs) gewinnen immer mehr Bedeutung als neue Finanzierungform.

Initial Coin Offerings – kurz ICO genannt – bieten vielfältig neue Finanzierungschancen. Auch wenn sich davon vor allen Dingen Start-ups der Kryptoszene angesprochen fühlen, ist dieses Finanzierungsmodell mitnichten auf die Schöpfer neuer digitaler Währungen beschränkt. Vielmehr ist es dazu angetan, über die ausgegebenen Token die finanzielle Basis für die Umsetzung technischer Projekte zu schaffen.

Damit hat ein Existenzgründer für sein Start-up, dem die klassische Finanzierung über Venture Capital und Initial Public Offering (IPO) verwehrt bleibt, die realistische Chance, auf alternativem Weg seinen Traum zu verwirklichen. Zahlen lügen nicht. Die 474 ICOs dieses Jahres haben bis dato 10.591.116.903 US-Dollar in die Kassen der Gründer gespült.


Ende des ICO-Booms ist nicht in Sicht

Angeführt wird die Liste der Top Ten selbstredend von besagtem Messenger-Dienst Telegram, dahinter folgen auf den Plätzen 2 und 3 Petro und Dragon. Während Dragon mit der neuen Währung die Gamerszene aufmischt, hat die Emission der ersten staatlichen Cyber-Devise Petro dem finanziell schwer angeschlagenen Venezuela wie das Handelsblatt berichtete bereits am ersten Vorverkaufstag 735 Millionen Dollar beschert.

Das bisher größte Initial Coin Offering (ICO) aller Zeiten bedurfte nicht einmal der Öffentlichkeit, um 1,7 Milliarden Dollar einzuspielen. Weniger als 200 handverlesene, vermögende Privatpersonen hatten das Privileg, jenes Kapital aufzubringen, das der Messenger-Dienst Telegram für die Entwicklung und den Aufbau des Open Networks benötigt.

Ungeachtet solcher beeindruckender Auftritte steckt die sogenannte Tokenisierung der Industrie zur Stunde noch in den Kinderschuhen. Dass sich eine Machtablöse ankündigt und IPOs durch ICOs in Bälde zur Fußnote verkommen, steht indes außer Frage.

Kooperation von Token und Aktie denkbar

Dass Anlegern, die sich für ein ICO interessieren, das Studium des jeweiligen Geschäftsmodells nicht erspart bleibt, versteht sich von selbst. Auch können sie nicht umhin, sich über die Wallets und Börsen ein Bild zu machen, was mit Anbietern wie bitcoinMag weiter kein Problem ist. Insofern unterscheidet den Token nicht viel von der Aktie.

Wer sich auf Risikokapital einlässt, will informiert sein. Token und Aktie verbindet allerdings weit mehr. Zumindest ist Hendrik Hey davon überzeugt, dass die Aktie Raum für den Token hat und sich nicht unglücklich fühlen würde, ihn an ihrer Seite zu haben. Hey, der einst mit dem Wissensformat „Welt der Wunder“ bei ProSieben für Furore gesorgt hat, will nun mittels der Blockchain-Technologie und des MILC-Tokens Transparenz in die schwer zugänglichen Sendelizenzen bringen. Für das ICO schwärmt er, weil im Unterschied zur Aktie, die lediglich einen Unternehmensanteil und bei entsprechender Stückzahl eine Einflussnahme auf die Firmenpolitik verbürgt, der Utility-Token etwa den Geldumtausch oder den Produktkauf in Aussicht stellt.

Statt bloß dem biederen Shareholder Value hinterherzujagen, bekundet der Anleger bei ICOs mithin das Interesse am Produkt des Unternehmens. So ist es nicht auszuschließen, dass Apple beispielsweise hergeht und die Entwicklung des iPhones 12 über Token finanziert. Anzunehmen, dass sich Apple-Fans um die Token reißen würden, sie sich vor allen Dingen aber auch durch verbindliche Vorbestellungen das Handy sichern dürften. Und was im Großen möglich ist, sollte im Kleinen kein Tabu sein. Vielmehr sind KMUs aufgerufen, sich wenigstens einmal einen Kopf um die Möglichkeit der ICO-Alternative zu machen.

Gesinnungswandel der Mittelständler gefragt

Selbstredend geht es nicht an, einfach über jedes Projekt das ICO zu stülpen und zu glauben, damit unter Garantie Erfolg zu haben. Immerhin prüfen Krypto-Investoren neuerdings ihre Investitionen genau, nachdem der Hype rund um Bitcoin & Co. fürs Erste einmal vorbei ist.

Namentlich die einschlägige Rechtsberatung darf nicht länger fehlen, zumal der Aufwand für ein ICO mittlerweile durchaus dem des IPOs gleicht. Das Absurde ist, dass diese Hürden ausgerechnet die unbedarften Start-ups nicht abschrecken, während sich die Mittelständler noch in weitgehender Zurückhaltung üben. Das ist jammerschade, da ihnen dadurch möglicherweise eine grandiose Chance leichtfertig durch die Lappen geht und gleichzeitig das Vertrauen der Anleger in ICOs auf der Strecke bleibt. Schenkt man den Experten jedenfalls Glauben, ist schon in 20 Jahren ein ICO so selbstverständlich wie ein IPO.

Verkaufsprospekt für den Erfolg maßgeblich

Ungeachtet der Tatsache, dass das Potenzial von Token als Verbriefungsmittel weit über die Finanzierung von Blockchain-Projekten hinausgeht und Token als intelligentere Aktien den Kapitalmarkt nachhaltig verändern werden, ist ICO nicht gleich ICO. Für den Launch bietet sich jenes Land an, das mit der Funktion des Tokens die geringsten Probleme hat. So empfiehlt sich bei Finanzinstrumenten etwa die Koketterie mit Gibraltar, Estland oder Liechtenstein, um mit Europa zu sprechen.

Entscheidend für den Erfolg eines ICOs ist allerdings das Whitepaper. Neben dem Geschäftsmodell sollte der Verkaufsprospekt auch Aufschluss über die Struktur des ICOs sowie den technischen und rechtlichen Ablauf geben. Es ist mit Kosten zwischen 30.000 und 200.000 Euro zu rechnen. Das Marketing in Form von Airdrops und Presales ist in diesen Preisen freilich nicht inbegriffen.