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Besonderheiten der Immobilienfinanzierung bei hohem Zinsniveau

Jetzt die Immobilie kaufen oder doch lieber warten, bis die Bauzinsen wieder fallen? Wider Erwarten könnten die hohen Zinsen eine Chance für eine bestimmte Käufergruppe darstellen, sich jetzt den Traum vom Eigenheim zu erfüllen.

Baufinanzierung in Zeiten steigender Zinsen

Worauf in Zeiten steigender Zinsen bei Abschluss einer Baufinanzierung geachtet werden sollte.

Während der Niedrigzinsphase schien die Entscheidung für Bauherren leicht zu fallen. Geld war günstig zu haben und so wurden großzügig Kredite verliehen. Selbst Vollfinanzierungen, welche auch die Baunebenkosten beinhalteten, waren keine Seltenheit. So konnte eine Baufinanzierung selbst ohne Eigenkapital abgeschlossen werden.

Mittlerweile haben sich die Vorzeichen bei der Immobilienfinanzierung enorm geändert. Die Kreditzinsen liegen nicht mehr bei weniger als einem Prozent, sondern liegen bei einer zehnjährigen Zinsfestschreibung im Allgemeinen auf einem Niveau von mehr als vier Prozent.

Der Zinsanstieg geht bei der Baufinanzierung mit einem deutlich höheren Finanzierungsaufwand einher. Waren die Zinsen vernachlässigbar, finden sie jetzt wieder eine größere Berücksichtigung. Lohnt sich die Aufnahme der Immobilienkredite auch in dieser Zinsumgebung und was müssen Interessenten bei der Kreditaufnahme beachten?

Weshalb steigen die Kreditzinsen?

Die Kreditzinsen sind stark an den europäischen Leitzins gebunden. Dieser gibt vor, zu welchem Preis sich die Banken bei der Zentralbank Geld beschaffen oder anlegen können. Sind die Leitzinsen niedrig, können Banken günstig Geld aufnehmen und dieses zu einem niedrigen Zins an die Kreditnehmer weiter verleihen.

Steigt der Leitzins, geht dies für die Banken mit höheren Kosten bei der Geldbeschaffung einher. Damit sie mit der Kreditvergabe einen Gewinn erwirtschaften, müssen die Kreditzinsen über dem Leitzins liegen. Andernfalls wäre es vorteilhafter, das Geld einfach günstig bei der Zentralbank zu lagern und dort die sichere Rendite zu erwirtschaften.

Die Kreditzinsen folgen also der allgemeinen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Deren oberste Aufgabe besteht darin, das Preisniveau möglichst stabil zu halten. Hierzu besteht das Ziel, dass sich die Inflation auf einem Niveau von etwa zwei Prozent bewegt.

Im Zuge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten während der Corona-Krise hat die Europäische Zentralbank eine lockere Geldpolitik betrieben. Sie wollte damit die Wirtschaft stärken und eine Rezession verhindern.

Die Zunahme der Geldmenge blieb jedoch nicht folgenlos. Durch Probleme bei den Lieferketten, politischen Konflikten sowie der lockeren Finanzspritze, stieg die Inflation auf ein selten erreichtes Niveau. Die Europäische Zentralbank musste reagieren und erhöhte stetig den Leitzins, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Die gestiegenen Kreditzinsen sind demnach maßgeblich eine Folge der hohen Inflation und der dadurch notwendigen restriktiveren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Erst, wenn sich die Inflation wieder dem Zielwert von zwei Prozent nähert, ist eine Senkung der Leitzinsen sowie der Bauzinsen zu erwarten.

Ist der Immobilienkauf zwangsläufig teurer?

Auf den ersten Blick scheint klar – höhere Zinsen gehen mit einer teureren Baufinanzierung einher. Bei Betrachtung der monatlichen Annuität fällt der Zinsaufwand stärker ins Gewicht, während der Tilgungsanteil abnimmt. Immobilienkredite müssten also über eine längere Laufzeit abgeschlossen werden oder die monatliche Rate zunehmen. Für potenzielle Kreditnehmer sind dies keine schöne Aussichten, wenn es um die Realisierung des Eigenheims geht.

Die steigenden Zinsen sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Denn das Ziel der höheren Leitzinsen besteht darin, dass sich die Märkte abkühlen und die Nachfrage sinkt. Diese Wirkung ist auch auf dem Immobilienmarkt zu beobachten.

Denn die zunächst teureren Immobilienkredite bedeuten, dass einige Menschen lieber vom Kauf absehen und auf eine günstigere Zinsumgebung warten. Die sinkende Nachfrage wiederum bedeutet für Verkäufer, dass Sie die Immobilienpreise senken müssen.

Immobilienpreise sinken

In der Praxis zeigt sich tatsächlich, dass die Immobilienpreise seit dem Beginn 2023 sinken. Da die Kreditzinsen weiterhin auf einem hohen Niveau liegen, ist ein Ende dieser Entwicklung nicht absehbar.

Für Kaufinteressenten bedeutet dies, dass den höheren Zinsen jetzt niedrigere Immobilienpreise gegenüberstehen. Pauschal lässt sich daher nicht die Aussage treffen, dass der Hauskauf in einer höheren Zinsumgebung zwingend teurer sei. Denn fallen die Kaufpreise, gleicht dies womöglich den Zinsanstieg aus.

Demnach ist immer im Einzelfall zu betrachten, ob der Hauskauf bei hohen Kreditzinsen lohnenswert ist. Da so mancher Eigentümer den gestiegenen Zinssatz im Rahmen der Anschlussfinanzierung kaum bedienen kann, sehen Sie sich vermehrt zum Verkauf gezwungen. So könnten sich regelrecht neue Schnäppchen auf dem Immobilienmarkt finden lassen.

„Die große Kauflaune am Immobilienmarkt scheint vorüber. Doch für geduldige Sparer ergeben sich derzeit einige Chancen, besonders günstig zum Eigenheim zu kommen.“ Schätzt Sebastian Jacobitz vom Immobilienportal Wohnora, die aktuelle Lage ein.

Optionen für die Baufinanzierung bei hohen Kreditzinsen

Wie sollten Interessenten beim Immobilienkauf vorgehen, wenn die Zinsen auf einem ungewöhnlich hohen Niveau liegen?

Höherer Eigenkapitalanteil

Während der Niedrigzinsphase war die Vollfinanzierung keine Seltenheit. Ganz ohne Eigenkapital konnten Käufer die Immobilie erwerben.

Sind die Zinsen höher, ist dies jedoch keine gute finanzielle Entscheidung. Hier lohnt es sich eher, möglichst viel Eigenkapital einzubringen. Dies sorgt für eine höhere Sicherheit und reduziert den Zinsaufwand.

Als allgemeine Empfehlung gilt ein Anteil von 20 bis 30 Prozent als maßgeblich. Dieses Kapital sollten Käufer mindestens selbst einbringen. Steigen die Zinsen, ist ein höherer Eigenkapitalanteil sinnvoll. Allerdings bedeutet dies auch eine längere Ansparphase, um das entsprechende Geld zurückzulegen.

Kurze Sollzinsbindung

Die Sollzinsbindung garantiert einen konstanten Zinssatz über den festgelegten Zeitraum. Während der Niedrigzinsphase haben sich einige Kreditnehmer für längere Laufzeiten von über 10 Jahren entschieden.

Da der Zinssatz derzeit außergewöhnlich hoch erscheint, könnte eine kürzere Sollzinsbindung sinnvoll sein. Eine Laufzeit von 5 Jahren gilt jetzt eher angemessen. Sinken die Kreditzinsen, ist eine günstigere Anschlussfinanzierung möglich.

Geduldig auf fallende Immobilienpreise warten

Weiterhin gilt der Grundsatz, nicht überhastet zu handeln. Es dauert einige Zeit, bis die Immobilienpreise die gestiegenen Zinsen widerspiegeln. Dementsprechend ist 2023 sowie den Folgejahren zu erwarten, dass bei gleichbleibendem Zinssatz die Preise weiter sinken.

Ein Abwarten gewährt nicht nur Zeit, um das Eigenkapital auszubauen, sondern der Immobilienmarkt wandelt sich zunehmend in Richtung der Käufer. So zahlt sich die Geduld aus und selbst die hohen Kreditzinsen stellen kein Hindernis dar.

Dementsprechend zeigt sich, dass steigende Zinsen kein KO-Kriterium für den Hauskauf darstellen. Insofern genügend Eigenkapital vorhanden ist, könnte die Investition dank fallender Immobilienpreise sogar günstiger sein.

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Über den Autor

Max Meier

Max Meier ist gelernter Bankkaufmann und schreibt regelmäßig für den Bank Blog Ratgeber über Themen für Kunden von Banken und Sparkassen.

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