Seit rund drei Jahren ist die MiFID-II-Richtlinie der EU nun in Kraft – und sorgt bei Kleinunternehmen weiterhin für viel Verwirrung. Die Auswirkungen des 20.000 Seiten starken Regelwerks bekommen sie nicht nur aufgrund der LEI-Pflicht zu spüren.
Mit MiFID II wollte die EU die Transparenz auf den Finanzmärkten sowie den Anlegerschutz verbessern. Das sind Ziele, die eigentlich nur zu begrüßen sind. Denn im Zuge der Finanzkrise 2007-2008 war klar geworden, dass in dieser Hinsicht erhebliche Defizite bestehen. Allerdings musste die Europäische Kommission viel Kritik für die Umsetzung dieses Vorhabens einstecken. Finanzinstitute beschweren sich lautstark über einen unverhältnismäßigen Aufwand zu Dokumentation von Transaktionen. Insbesondere, dass für professionelle Anleger ähnliche Anforderungen an die Beratung gelten wie für Privatanleger, ist für viele unverständlich. Wie die Europäische Kommission erst im Juli 2020 mitteilte, ist daher bereits eine Überarbeitung der Richtlinie im Gange. Was sich dadurch für Kleinunternehmen ändern wird, ist allerdings noch unklar. Aktuell sind sie in mehrerlei Hinsicht durch die Auswirkungen von MiFID II betroffen.
Keine Transaktion ohne LEI
Die Abkürzung LEI steht für Legal Entity Identifier und bezeichnet eine eindeutige Identifizierungsnummer für Unternehmen, die auf dem Finanzmarkt tätig sind. Das betrifft allerdings nicht nur Fondsgesellschaften und andere Firmen, deren Kerngeschäft die Geldanlage ist. Auch Unternehmen, die Rücklagen bilden oder aus anderen Gründen Wertpapiere halten, sind betroffen. Eine Ausnahme gibt es nur für Einzelunternehmer. Seit der Einführung von MiFID II kommen juristische Personen um die Beantragung eines LEI nicht mehr herum, wenn sie Finanzprodukte in Anspruch nehmen wollen. Denn Banken und Broker dürfen für sie ohne eine gültige Nummer keine Wertpapiertransaktionen mehr durchführen. Der LEI muss jährlich verlängert werden, was eine zusätzliche bürokratische Belastung darstellt. Immerhin bieten Webseiten wie www.leicertificate.org einen Dienst zur automatischen Verlängerung für mehrere Jahre an. Dennoch ist die LEI-Pflicht aus Sicht vieler Kleinunternehmer, die nur im geringen Umfang Wertpapiergeschäfte betreiben, unverständlich.
Höhere Transaktionskosten
Für Finanzdienstleister ist die Umsetzung der neuen Regelung mit hohen Kosten verbunden. Gerade der erhöhte Dokumentationsaufwand, der auch im Geschäft mit Unternehmenskunden anfällt, ist hier anzuführen. Die Erstellung von Beratungsprotokollen, die Aufbewahrung von Mitschnitten bei telefonischer Beratung sowie eine centgenaue Kostenaufstellung für jede einzelne Wertpapiertransaktion benötigen zusätzliche Arbeitszeit. Die Deutsche Kreditwirtschaft rechnet auf die-dk.de vor, dass allein im ersten Jahr nach der Einführung von MiFID II im Schnitt Kosten von 3,7 Millionen Euro pro Institut entstanden sind. Es ist anzunehmen, dass sich diese zusätzlichen Kosten auch auf die Gebührenordnung der Finanzdienstleister auswirken.
Ärger um Researchkosten
Besonders umstritten ist auch die Pflicht, die seit MiFID II für die Ausweitung von Researchkosten gilt. Bis zum Inkrafttreten der Regelung war es üblich, dass Research im Verhältnis zwischen vielen Assetmanagern und Investmentbanken nicht gesondert berechnet wurde. Das ist mittlerweile nicht mehr zulässig.
Während einige Assetmanager die Kosten explizit an Kunden weitergeben und damit insbesondere auch Kleinunternehmen belasten, haben andere Finanzdienstleister angekündigt, die Kosten zu absorbieren. Über kurz oder lang ist dennoch damit zu rechnen, dass diese Zusatzkosten im Beratungshonorar mit eingepreist werden. Allerdings besteht in dieser Hinsicht Hoffnung: Die Researchkosten sollen eines der Themen sein, die bei der Überarbeitung von MiFID II im Fokus stehen.